Fehleinschätzung
Weil es mir kürzlich leider selbst passiert ist, dass ein Interessent das Unternehmen Onlineshop vollkommen falsch eingeschätzt hat, kann ich es nicht oft genug betonen: ein Onlineshop ist nichts, was man mal schnell so macht. Und weil viele zukünftigen Shopbetreibern einfach gerne Denkfehlern und Irrtümern unterliegen, ist es unser Job, hier bestmöglichst zu beraten. Ob die guten Ratschläge wirklich ankommen, ist natürlich wieder eine andere Sache…
Wo liegen denn nun die typischen Fehler schon ganz am Anfang. Ein weist unter anderem auch auf die 10 häufigsten Tücken hin. Jede davon habe ich bereits erlebt, jede davon kann ich unterschreiben und leider findet nicht jeder Hinweis wirklich die Beachtung, die man sich wünschen würde. Hm… dabei habe ich mehr davon, wenn ein Kunde einen wirklich erfolgsversprechenden Shop eröffnet.
Aus diesem Paper, noch einmal zusammengefasst:
- der Aufwand wird komplett unterschätzt
- falsches Warensortiment und falsche Verkaufsstrategien
- falsche Budgetplanung
- fehlende Marketingstrategie
- Festhalten an falschen Strategien und Plänen
- falsche Auswahl des Shopsystems
- Mängel in Design und Shopstruktur
- ungeeignete Bezahlmethoden
- Vernachlässigung der Logistik
- juristische Mängel
Einige der Punkte für den Webentwickler auf den ersten Blick weniger relevant? Nein. Denn jeder dieser Punkte für sich missachtet, vor allem aber in Kombination, stellt ein Projekt auf eine harte Probe.
Im Detail aus Webentwicklers Sicht
Der Aufwand für den Websitebetreiber ist gerade bei Shops sehr hoch. Der Webdesigner kann beraten, er kümmert sich um die technische Umsetzung und er unterstützt natürlich, so gut er kann. Die Kontakte zu den Lieferanten aber hat der Shopbetreiber, die Informationen zu den Produkten ebenso. Gerade der Onlineshop ist ein Projekt, das ohne Kommunikation und Zusammenarbeit überhaupt nicht funktioniert. Dass der Webshop erstmal leersteht, wenn der Kunde keine Produktauswahl trifft - das ist vielen Shopbetreibern oft nicht klar. Und dass die Daten in irgendeiner Form erfasst, dass Bilder erstellt und ausgewählt werden müssen, gehört ebenso dazu. Übrigens gibt es weitere Aufgaben die anstehen, beispielsweise die Organisation von Päckchen packen, Päckchen verschicken und natürlich Preis und Personalaufwand genau dafür…
Leider - und das ist dann wieder das Leid des Webentwicklers, geht die Aufwandsproblematik gerne einher mit falscher Budgetplanung und anderen technischen Fehlentscheidungen. Je günstiger, desto besser heißt da gerne mal die Devise. Dabei weiß unsereins aus Erfahrung, dass es sich einerseits lohnt, keine technischen Kompromisse einzugehen, solange es dafür keine guten Gründe gibt und dass zweitens die Entwicklung eines Shops einfach kostet - Start im deutlich vierstelligen Bereich. Wenn es da schon um Lizensierungskosten eines Open Source Shopsystems geht, wird das schwierig…
Und da sind wir schon beim nächsten Punkt. Der Frage, was eigentlich verkauft werden soll, wo die Alleinstellungsmerkmale sind, wie man den Shop logisch und bedienfreundlich gestaltet und so weiter. Nein, es macht eben nicht die Masse. Und es macht nicht die fünfte oder sechste Hierarchieebene (außer es gibt dafür wirklich gute Gründe). Es macht auch nicht ein weiterer Lieferant, der kurz vor “Vollständigkeit” die Produkteliste um weitere 300 Artikel erweitert und das bisherige Shopsystem ans Limit bringt und dazu führt, dass plötzlich dieser unerfreuliche Satz fällt: “An der Stelle haben sich Änderungen in den Anforderungen ergeben, über die wir zeitlich und preislich reden müssen!”
Schließlich und letztendlich geht es dann auch noch um die Punkte, die den Webentwickler erst im letzten Schritt betreffen und das auch nur indirekt: der Shop steht zwar, technisch ist soweit alles einwandfrei. Nur leider gibt es keine Marketingstrategien, so dass das schöne Warensortiment in der Welt der vielen kleinen und großen Konkurrenzshops einfach sang- und klanglos untergeht. Und findet dann doch einmal ein Kunde den Weg, wird er womöglich abgeschreckt, weil es da plötzlich beim Checkout heißt: Sorry, wir versenden nur nach Vorauskasse…
Lessons to learn?
Was der Webentwickler daraus lernen kann, ist wahrscheinlich, erstmal eine Art “Kompetenztest” durchzuführen, genau jene Fragenkomplexe im Kundenkontakt abzuklopfen und vielleicht auch den Mut zu haben, einen Auftrag abzulehnen oder dem Shopinteressenten vom Shop abzuraten. Mangelnde Kompetenz, vielleicht resultierend aus mangelnder Erfahrung sind der Killer, schon bei der ganz normalen Website. Für den Shop gilt das erstrecht. Was für mich auch bedeutet, die Erfahrungen und Motive des angehenden Shopbetreibers nicht nur anzuhören sondern auch zu hinterfragen. “Ja, schon klar…”, das reicht einfach überhaupt nicht aus und führt nur zu Frust auf allen Seiten.
Es gibt übrigens ein paar wirklich informative Websites und Blogs zum Thema Onlineshop, beispielsweise den . Einerseits ist es ja wichtig, selbst auf dem Laufenden zu sein, wenn man eine fundierte Beratung anbieten möchte, andererseits kann man auch den Interessenten auf diese Seiten lotsen - denn manchmal ist es recht hilfreich, es dann nochmal schwarz auf weiß zu lesen und zweitens zeigt es, wie wichtig es ist, immer Up-To-Date zu sein…
Für mich ist jedenfalls nichts frustrierender als mit guten Argumenten und bekannten Studienergebnissen bewaffnet, in voller Überzeugungsarbeit doch gegen eine Wand zu rennen. Es macht keinen Spaß, einen Shop zu bauen, von dem klar ist, dass er so keinen Erfolg haben wird…
Und wiedermal ist es also nichts anderes der Dialog.
Noch ein paar kleine Erfahrungswerte aus dem Bereich Total-NoGo
Kürzlich war meine Familie mal wieder auf internettiger Shoppingtour und irgendwer stolperte über einen Shop, der wohl inhaltlich ganz interessant war für ein Nischenprodukt - hätte man dort nicht noch Rubriken mit D-Mark Preisen gehabt, was zu allgemeiner Belustigung führte. Bei mir weniger. Wegklicken. Vergessen. Denn eines ist vollkommen klar: dieser Shop wird nicht gepflegt. Und damit ist selbst schuld, wer dort bestellt.
Es gibt übrigens auch noch Shops, in denen man zu einer gesetzlichen Mehrwertsteuer von 16% einkaufen kann. Toll, oder?
Alles vermutlich Projekte, bei denen mindestens drei der oben genannten Fehler gemacht wurden, Shops resignierter Shopbetreiber, die inzwischen einfach verdrängt haben, dass sie da ja auch noch einen Shop haben - der sich damit wahrscheinlich auch rechtlich an den äußersten Grenzen befindet… Wahnsinn, wenn man es recht bedenkt!