Usability, Standards und andere Widrigkeiten

Ich bin wirklich ein Fan des Themas Usability. Im Allgemeinen und Speziellen. Seit ich während meines Studiums von Software Ergonomie gehört habe, hat es mich irgendwie gepackt. Aber irgendwie habe ich manchmal den Eindruck, ich wäre neben einer Gruppe an Idealisten und einer Gruppe derer, die das Marketingträchtige daran erkannt haben wollen, die einzige, die sich damit überhaupt beschäftigen möchte.

Frustration macht sich breit, wann immer ich daran denke… Die Frustration einer Freelancerin mit idealistischen Zielen?

Ich habe immer davon geträumt, das, was ich da mal gelernt habe, einzubringen. Das tue ich natürlich auch. Aber ich habe mir auch gewünscht, wirklich was besser zu machen. Und genau das hat irgendwie dann doch nicht funktioniert. Wo ist eigentlich das letztendliche Bewusstsein der Menschen dafür?

Und genau so geht es mir dann auch irgendwie mit dem Thema Webdesign, der Nutzung von Standards, der Trennung von Design und Layout und ähnlichen Grundsätzen.

Mal in Schubladen gepackt

Wenn ich mir das so überlege, kann man mehrere Gruppen unterscheiden, was die Usability betrifft. Auch wenn es ums Webdesign geht.
Es gibt die, die sich durchaus Gedanken machen und dabei nicht mal so falsch liegen. Sie sind empfänglich dafür und man kann das Thema angehen. Schade dann, wenn einfach das Budget fehlt, den nächsten Schritt zu machen.
Es gibt die, die sich noch nie Gedanken gemacht haben, durchaus empfänglich wirken, dann aber in letzter Instanz doch nicht weiter interessiert sind.
Es gibt aber auch noch die, die eine ganz eigene Vorstellung von Benutzerfreundlichkeit haben und über jegliche Kritik erhaben.

Da zeigt sich dann das Ergebnis jener Marketingdenke von einer ganz anderen Seite: jeder redet davon- daher muss es total einfach sein und damit versteht jeder so ein bisschen, was damit gemeint sein könne. Usability: eine Pseudowissenschaft?

Dazwischen bin ich und will die Sache eigentlich an den Mann oder die Frau und vor allem zum Endbenutzer bringen. Und das in Zeiten, in denen wir besser nicht übers Budget reden und Idealismus predigen sondern in Zeiten, in denen eher Pragmatismus gefragt ist.

Warum gibt es immer noch so viele, denen der Endbenutzer einer Software oder der Besucher einer Website vollkommen egal zu sein scheint? Wie kann man dem entgegenwirken? Warum ist das mit der Aufklärung so wichtig?

Es scheint…

ein bisschen so zu sein wie mit einer unfallträchtigen Straße. Es muss erst etwas passieren, um die Leute dazu zu bewegen, endlich eine Ampel hinzustellen. Passieren könnte beispielsweise folgendes, wenn es um Software geht: die Effizienz lässt deutlich nach, die Besucherzahlen gehen zurück, die Bestellungen eines Online Shops werden weniger, Supportanfragen gehen in die Höhe…

Ich habe es wiederholt aus technischer Sicht mitgemacht, dass aus einem mehr oder weniger durchdachten Konzept und einem von einem Designer vorgegebenen Layout eine Website werden sollte. Vieles wurde dabei vergessen, dann aber liebevoll nachgerüstet. So wäre es schön gewesen. Wäre dann nicht wieder verschlimmbessert nachgebessert worden.

Usability, sagte mir da vor schon einiger Zeit mal jemand, interessiere ihn nicht. Diese ganzen Umständlichkeiten, die sich daraus ergeben würden, dass man den ganz normalen Benutzer berücksichtigt, das sei zu viel des Guten. Wenn es um seine eigene Website ginge, dann hätte er es endlich gerne mal so wie er es sich immer gewünscht habe.

Tja, was will man da noch sagen?

Ich lese, informiere mich, bleibe dran…

Ich lese allerhand zum Thema Usability. Die Artikel der Usability Gurus, die Ergbnisse von Usability Forschern und das ganz normale Blog interessierter Kollegen. Einiges davon ist nicht neu, wenn man das Thema bereits etwas länger verfolgt. Aber vieles davon ist immer wieder interessant, immer wieder bemerkenswert - man gibt ja irgendwie nicht so leicht auf, oder?

Und wenn  man das schon etwas länger macht, so wie ich, und sensibilisiert ist auf die kleinen Fallen wie auch die Usability Basics, berücksichtigt man das Ganze möglichst unauffällig. Das Budget ist sowieso meist nicht da, groß angelegte Usability Tests sind spannend, aber leider meist etwas für die “Enterprise Websites” und der Auftraggeber - der mag oder mag nichts mit dem Thema anfangen können.

Und bin frustriert….

weil eben Theorie und Praxis unheimlich auseinander klaffen.

Ist es wirklich nicht wichtig, wie benutzerunfreundlich eine DropDown Liste wird, deren Einträge die Anzahl von 500 deutlich überschreitet? - Egal, der Entscheider muss es nicht bedienen, oder?

Ist es wirklich nicht wichtig, dass miniaturmäßig kleine Schriften nicht mehr lesbar sind? - Die, die müssen, kriegen das schon hin, oder?

Ist es wirklich egal, dass nach dem x-ten Beitrag der Code hinter der schönen Fassade ein unschönes Gefühl in der Magengegend verursacht? - Google sieht das nochmal anders…

Ist es wirklich nicht wichtig, dass sich Besucher einfach nicht mehr auskennen, wenn die Navigation einer Seite durch inkonsistenten Umgang mit Farbe und Form unübersichtlich wird? - Auch die werden es hinkriegen, wenn es sein muss. Der Support muss auch etwas zu tun haben, oder nicht?

Ist es egal, wenn der Benutzer nur noch eine vage Ahnung hat, was er überhaupt zu tun hat, weil er weder Begrifflichkeiten, noch Fehlermeldungen, noch Hilfetexte versteht? - Egal, weil Try and Error auch irgendwann zum Erfolg führt?

Warum ist so oft das Budget nicht da, bessere Lösungen zu entwickeln?

Und warum - eine wesentlich zentralere Frage- geraten ursprüngliche Überlegungen im ganz normalen Alltag so gerne mal in Vergessenheit, wenn die Website oder das Portal dann mal eine Weile genutzt wird? Warum glauben die anderen, das sei alles keine Kunst?

Seid Ihr zufrieden?

Bin ich die einzige, die sich irgendwie unbehaglich fühlt, wenn es um den “ganzen Idealismus” geht?

Am liebsten würde ich gelegentlich resigniert einfach schlicht Pragmatikerin werden. Egal, wie es hinter den Fassaden aussieht (auch jetzt mache ich ja schon genug Abstriche). Und die Benutzer sind mir dann auch egal. Schließlich suchen die glücklicherweise erstmal den Fehler bei sich und wen stört es denn schon, wenn sich der ein oder andere als der “dümmste anzunehmende User” fühlt? ( ich finde, dass dieser Begriff ein Unding ist und vor allem in der Öffentlichkeit nichts verloren hat)

Wie erreicht man die Massen? Wir sind uns doch alle einig, oder nicht? Nur wissen wir alle nicht, wie man erfolgreich dafür sensibilisiert… Versteht mich nicht falsch. Bei den “Großen” scheint es vielleicht angekommen.  Bei den ganz normalen Projekten halte ich es für fraglich. Überlegungen zur Usability in “schlechten Zeiten” tragen sicherlich nicht wesentlich dazu bei, diese Situation zu verbessern.

Und der Return of Investment? Wäre das nicht was? Gerade heute (wenn wir denn schon am Rumunken sind)?

Nein, das alles soll nicht im totalen Frust enden. Ich freue mich ehrlich, dass ich mich auch mit vielen Menschen unterhalte, die genau das alles erkannt haben. Leider sind das nicht immer die Entscheider… Allen anderen muss man die Konzepte wahrscheinlich auf andere Weise unterjubeln schmackhaft machen.

 

Auch was dazu sagen?