Wie erklär ich es meinem Kunden?

Ich musste wieder an die Wireframes denken. Dieser Tage habe ich seit langem mal wieder ein Redesign für einen Internetauftritt begonnen.

Mein Fokus lag dabei neben der visuellen Seite vor allem darin, eine (hoffentlich) gelungene, verbesserte Benutzerführung zu entwickeln wie auch Navigation und Interaktionsmöglichkeiten einzelner Seiten so informativ wie möglich zu gestalten. Mein eigener Ehrgeiz war ziemlich schnell geweckt.

Nur: wie erkläre ich meine Konzepte und Ideen dem Kunden? Und das erstmal auf Papier (oder digital), vor dem nächsten Meeting?  Wie erkläre ich überhaupt die zwischendurch in allen Nuancen ausgefeilt einzusehenden Feinheiten eines CMS? Ist es möglich, für diese Stufe allgemeine Best Practices zu entwickeln?

Ein Konzept nimmt Form an

Alles war fertig: mein Konzept zur Seitenarchitektur, Fragen der Navigation und Benutzerführung (ich merke gerade selbst, wie schwer es mir fällt, das was ich meine voneinander abzugrenzen) und auch mein Designvorschlag in einigen Varianten, demonstriert an Beispielen aus meinem “Seitenarchitektur Konzept”. Es ging also nun darum, mein Konzept (bisher ein paar Dateien und eine Menge Papier) versandt-tauglich zu machen und dabei ein paar Ideen vorzustellen.

Und schnell war -wieder einmal, denn ich mach das ja schließlich nicht zum ersten Mal- klar: das ist die größte Herausforderung. Eigentlich - dachte ich mir, geht das gar nicht. Am liebsten hätte ich, ebenso wiedereinmal, eine Mail geschrieben, mit nur einem Satz: “Lassen Sie uns bitte einen Termin vereinbaren, damit ich Ihnen das alles vorstellen kann” - und nach wie vor bin ich der Meinung, anders geht es kaum. Hier musste es gehen. Und es ist ja dann auch die Herausforderung, sich als Profi zu zeigen.

Mein ganz persönlicher Anspruch an der Stelle: ich möchte gerne meinem Gegenüber gerecht werden. Ich möchte nicht nur so rüberkommen, wie man “halt rüberkommt”, weil der Rest der Welt das auch so macht. Ich möchte nicht nur um des Nutzens Willen irgendwelche tollen Tools und Methoden einsetzen, die für unsereins vielleicht wie der Stein der Weisen anmuten.

Wireframes?

Das wäre schön gewesen und schnell gegangen. In Kombination mit dem oder den Designvorschlägen hätte ich so sehr schnell und unkompliziert die einzelnen Seiten darstellen können.

Eine Herausforderung galt es insbesondere zu bewältigen: die Differenzierung von “klassischer Navigation”, “Modul” (ja auch ein Navigations- oder allgemeiner ein Interaktionselement, beispielsweise “latest news”) und Inhalt.

Problematisch dennoch: trotz optischer Hilfestellung durch die parallel vorliegenden Designvorschläge bleibt  ein Wireframegebilde (händisch gemalt, mit Blöcken visualisiert) irgendwie ein ein graues oder buntes Etwas aus beschrifteten Blöcken, ohne irgendeine Form von “Leben”. Schwer zu erfassen für den Laien.  Ich fühlte mich an einen Designvorschlag vor Jahren erinnert, als das Gegenüber meinte: “den Text [gemeint war ein Blindtext] müssen wir halt noch ersetzen…” - das soll mir nach Möglichkeit nicht mehr passieren. Ich erinnere mich auch an meine Zeit vor medanova, als ich verschiedene Skizzen präsentierte und damit eigentlich nur in komisch dreischauende Gesichter blickte. Den Sinn hinter den Skizzen hatte wohl niemand so recht verstanden.

Was ein Wireframe nicht kann, ist zudem die Darstellung eines Mappings zwischen logischer Seitenstrukturierung und späterer Frontend Darstellung. Wie beispielsweise visualisiert man, dass genau dieser Teasertext der passende zu jender Seite ist? Und das am Besten noch mit Hilfe von “Lorem Ipsum” oder Alternativ-Blödeleien? Und wie visualisiert man die Wiederverwendbarkeit von Textbausteinen? Aber erstmal zum Thema Interaktion.

Wireframes: nicht für jeden das Richtige denn…

  • es ist ein gewisses Abstraktionsverständnis nötig
  • Wissen über das System (CMS) erweist sich als durchaus hilfreich
  • Nutzen ist vor allem im frühen Entwicklungsstadium hoch
  • sind weniger als Ergänzung sondern eher als Vorstufe zum Design anzusehen

Wireframes: für mich ein Konzept, das sich eher in Entwicklerkreisen durchsetzen wird, dauerhaft aber weniger als Tool in der Kundenkommunikation. Höchstens wir nennen es wieder Skizze und das Ganze darf auf Papier stattfinden…

Interaktion! - eine Sache für Mindmaps?

Ich fasse darunter alle “bedienbaren” Elemente zusammen. Menüs oder Navigation, Links und so weiter (Formulare sind ein eigenes Thema), kurz und gut dann auch die Frage “Was passiert, wenn der Besucher hier klickt?”. Das alles ist noch relativ einfach, so lange es um das klassische Menü geht. Es ist auch noch einfach, solange es um “Latest News” geht. Es wird komplizierter, wenn es um Teasertexte geht (um in der Joomla Sprache zu sprechen um Kategorie Blog Seiten beispielsweise).

Die Interaktion hat mehrere Ebenen: einmal der Klick an sich mit seinem Ziel. Dann aber eben auch die Zielseite. Welche Informationen sollen dort dargestellt werden? Welche Zusatzinformationen? Welche “Module” (ja, schon wieder Module…) werden überall, welche nur im Kontext angezeigt?

Vor allem aber: wie automatisiert kann der Aufbau der Seite erfolgen, aufgrund

  • der Überlegungen zum Seitenaufbau im Backend
  • der Seitenlayouts bzw. anders der Templates
  • der Module und sonstigen Funktionen

Das alles - auf Papier darzustellen, eine echte Herausforderung, auch wenn es im Kopf, aus technischer Sicht, längst fertig gestellt ist.

Da wäre sie dann wieder: die Mindmap

Gerade Seitenstrukturen und Zusammenhänge der einfachen Art (wie beispielsweise ein Link) sind klassische Einsatzszenarien für Mindmaps.

Das Problem an der Mindmap zeigt sich insbesondere bei großen “Karten” aufgrund umfangreicher Seitenstrukturen. Druckt man die nämlich aus oder reduziert sie auf eine Seite, dann wird es schnell unübersichtlich und nichtssagend. Verteilt man hingegen die Information zusätzlich auf mehrere Mindmaps fehlt der globale Zusammenhang und das Mindmap Konzept ist in gewisser Weise hinfällig. Das wird übrigens noch verstärkt durch Kommentare. Mindmaps sind nur dann wirklich hilfreich, wenn auch das Gegenüber ein Mindmap Tool hat.

Gut, könnte man sagen, es gäbe ja eine Reihe von Online Tools für sie so genannte “Teamarbeit”. Da halte ich dagegen: Vielleicht erweise ich mich als versierter Web 2.0 Kenner, aber das ist meinem Kunden im Zweifel egal. Der will keinen Online Zugang und er will auch kein Tool, das er nicht kennt. Er will eine Lösung. Punkt.

Letztendlich

Letztendlich erweisen sich bekannte, vetraute Methoden dann doch als gelungen, gerade wenn man den Kunden erstmal “alleinlassen” muss (bis zum nächsten Meeting eben). Excel Tabellen, Word Dokumente, Photoshop oder Fireworks Entwürfe, viel Text, viel Erläuterung. Passende Analogien aus bekannten Welten. Nicht zu wenig, aber bloß nicht zu viel.

Ich denke, man kann damit nicht nur dem Kenntnisstand des Gegenübers besser gerecht werden als mit ausgetüftelten, aber vielleicht wenig alltagstauglichen Mitteln. Man überfordert auch nicht durch zu viel Neues. In einer Phase des “Reinwachsens”, des “den Kunden dort abholen, wo er steht” (auch wenn dieser Satz so schulmeisterlich belegt ist) bringt es nichts, sich auf Biegen und Brechen professionell wie man es vielleicht selbst gerne hätte, zu geben. Wir müssen uns nicht verkünsteln. An der Stelle zumindest nicht. Wir müssen erst eine gemeinsame Ebene mit dem Kunden finden. Die liegt dort, wo der Kunde steht.

Best Practice an der Stelle? Lass dich auf deinen Kunden ein!

 

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