Auch schon mal gezippt?
Die Geschichte ist mehr als alltäglich.
Ich hatte ein paar Foto gemacht, gezippt und einer Bekannten den Dowloadlink geschickt. Nichtsahnend, was das an Fragen aufwerfen könnte. Ich glaube, die Sache ist kein Einzelfall und sollte nachdenklich stimmen. Vielleicht denke ich schon viel zu technisch? Oder erwarten wir einfach zu viel vom ganz normalen Computer Benutzer?
Nein, meine Bekannte hat keinen Mac, dann wäre das alles vielleicht kein Thema gewesen. Sicherlich fände sie meinen iMac ganz chic, aber vorschlagen oder demonstrieren werde ich ihr das trotzdem nicht, denn ich gehe davon aus, dass ein großer Prozentsatz der Leute den Apfel ausschließlich mit diversen iPods und iPhones assoziiert, aber nicht mit einem Rechner.
Ich schick sie dir…
Okay, ich hatte also diese Fotos. Und weil es mehr als drei Fotos waren und ich die gerne im Original lassen wollte (mit der vielleicht auch völlig abwegigen Idee, sie könne die Fotos ja weiterbearbeiten wollen), habe ich sie einfach gezippt und dann wegen der Größe auf meinen Server zum Download gepackt. Das Gezippe bringt natürlich bei JPGs relativ wenig, aber immerhin verschicke ich damit nur einen Link auf eine Datei als 10 Links auf 10 Dateien.
Den Link habe ich dann in die Mail geschrieben und weil die Datei natürlich nicht klein war, habe ich noch gefragt, was für eine Verbindung sie denn hätte und darauf hingewiesen, wie groß die Datei ist.
Was dann kam…, hat mich echt erstaunt.
Nein, die Verbindung, meinte sie in ihrer Antwortmail, sei kein Problem und damit auch nicht die Dateigröße. Aber sie wisse nicht, ob sie “das ZIP Programm akzeptieren” könne oder ob sie damit in eine Kostenfalle tappe. Mir war nicht klar, wie weit sie denn gekommen sei. Ich erklärte ihr sehr ausführlich, wie sich mit diesem Windows integrierten Tool ZIP Dateien öffnet, hangelte mich selbst durch den Extrahier Assistenten, überlegte noch, ob ich sicherheitshalber einen Screenshot machen solle. Und beruhigte sie natürlich, fragte mich aber gleichzeitig, an welcher Stelle sie gemutmaßt habe, jetzt einen kostenpflichtigen Service anzustoßen. Das Misstrauen in Computer und Internet scheint größer und vor allem anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Vom sourveränen Umgang mit sowas selbstverständlichem (?) wie einer ZIP Datei ganz zu schweigen…
Sollte ich ihr vielleicht noch den Link auf schicken? Lieber dann doch nicht. Meine Email endete damit, dass ich sie lieber morgen dann doch anrufen würde und weil sie nicht so weit weg wohnt, habe ich beschlossen, lieber die Fotos auf CD zu brennen und vorbeizubringen.
Übrigens hatte ich ein ähnliches Problem schon mal mit einer anderen Bekannten. Ich hatte das inzwischen fast schon vergessen. Damals hatte ich das eher auf eine kaputte Datei zurückgeführt, aber vielleicht lag die Sache ja damals ähnlich?
Wie sind die beiden nur bisher mit ZIP Dateien umgegangen…, dachte ich mir. Oder ist ZIP wirklich ein Dateiformat, mit dem viele nichts anfangen können? Schließlich findet man vielleicht nicht umsonst auch heute noch oft genug diesen netten Link mit dem Hinweis auf den Acrobat Reader.
Habe ich noch nicht…
Mir fiel in diesem Zusammenhang jene Dame ein, für die ich im Zusammenhang eines Projekts eine Excel Vorlage erstellen sollte (bei der ich mir im Nachhinein viel zu viel gedacht hatte). Unser Telefonat endete mit meiner Frage nach ihrer Email Adresse, an die ich dann diese Datei schicken könne. Nein, eine Email Adresse habe sie “noch nicht”. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Datei auf CD zu brennen, einzutüten und für 90 Cent per Post zu verschicken.
Nein, ich erzähle nicht von Leuten jenseits der 65. Ich spreche auch nicht von Leuten, denen man das aufgrund ihres Bildungsstands nicht zutrauen könnte. Und auch nicht von welchen, die noch eine uralte Kiste daheim stehen haben.
Sondern von ganz normalen Menschen wie du und ich mit nagelneuem Vista gerüstetem 19” Hochglanz Laptop (den ich allerdings nicht habe) , die nur deutlich weniger Zeit vor dem Rechner verbringen und dabei wahrscheinlich mit ganz anderen Problemen und Fragen zu kämpfen haben als wir uns das vorstellen können.
Nein, ich erklär sowas immer wieder gerne und geduldig, stelle nur nebenher fest, dass es eben alles gar nicht so einfach ist…
Da passt der relativ aktuelle ganz gut, der über eine EU Studie zu den Computerkenntnissen der Deutschen berichtet:
Die frohe Botschaft liest man gerne: “Deutsche bei PC-Kenntnissen international weit vorne”, verkündete am Donnerstag der IT-Unternehmensverband Bitkom. Eine EU-Studie habe ergeben, dass 60 Prozent der Bundesbürger mittlere bis gute Computer-Kenntnisse haben
Dort übrigens auch was zum Thema ZIP:
Wer bereits ein Dokument oder einen Ordner bewegt hat und die Copy&Paste-Funktion kennt, hat laut EU “geringe Computerkenntnisse”. Die nächste Stufe erreicht, wer schon einmal eine Datei gezippt oder Programm wie Excel genutzt zu haben. Er darf jetzt tief durchatmen, er hat das Klassenziel “mittlere Computer-Kenntnisse” erreicht - wie 60 Prozent der Deutschen. Zum PC-Streber mit der Höchstnote “gute Kenntnisse” wird, wer ein Teufelsgerät wie einen Drucker installiert hat.
Ich überlege mir, wie oft ich schon erklärt habe, was es eigentlich auf sich hat mit Copy und Paste oder schlimmer noch Drag and Drop. Und das den Leuten, die inzwischen vielleicht nicht sonderlich effizient aber immerhin sowas wie alltäglich mit Word und anderem umgehen. Schade, mir fällt nur ein, dass ich das also Quatsch finde, eine Alternative habe ich auch nicht…
Übrigens hat mich die Hintergrundrecherche zum Thema auf die interessante Website geführt. Hier gibts Statistiken zu allem Möglichen- wirklich sehr interessant, wenn auch etwas umfangreich und daher nicht gerade übersichtlich.
