Die Angst vor Daten oder der Doku

Dieser Tage wurde ich ungewollt zum Spezialisiten für die UN/ECE Rec.20, der UNECE Recommendation N°20. Codes for Units of Measure Used in International Trade. Nein, ich wusste bisher auch nichts von deren Existenz, geschweige denn, was sich dahinter verbirgt. Kurz: dahinter verbirgt sich eine Klassifizierung für Einheiten und Packungen. Sie wird  der United Nations Economic Commission for Europe () bereitgestellt, um eine internationale Klassifizierung für Gebindegrößen und ähnliches zur Verfügung zu stellen.

Mehr noch aber war diese Geschichte ein  Beispiel für falsche Usability und voreingenommene Berührungsängste.

Es ging  um einen Datenaustausch von Produkten unter Berücksichtigung der UN/ECE REC. 20, natürlich im XML Format, der aber auch als CSV, Excel oder Access akzeptiert wurde. Für mich war die konkrete Aufgabe, ein Excel zu erstellen, das unter anderem dieser Klassifikation genügt, aber auch eine Menge anderer Anforderungen, die alle in einem dicken PDF zusammengefasst waren.

Der Auftrag war schon ein wenig “durchgereicht” worden, die Informationskette war lang und umständlich, offenbar hatte jeder Respekt vor den umfangreichen Anforderungen und den datenbankspezifischen Informationen. Die waren nicht das Problem, - ich bin ja eher der Daten-Typ und hab da weniger Berühungsängste.
Anders war es aber dann bei jener Anforderung, man müsse die Inhalte einzelner Spalten gemäß jener UN/ECE Klassifikation angeben. Denn hier mussten wieder die Spezialisten ran, die wussten, was da eigentlich verkauft wird. Für mich nur erkennbar, dass es sich um elektronische Kleinstteile handeln muss.

Während ich noch am Suchen und Experimentieren war, ob CT oder CG die richtige Verklausulierung für die Pakete und Gebindegrößen sei und mich bei Google durch die vielen PDF lastigen Treffer rund um die Rec.20 wühlte, stellte ich fest, dass es zusätzlich zur Datenaustauschspezifikation auch noch eine Beispieldatei geben müsse. Die musste irgendwo unterwegs verloren gegangen sein.

Es ging dann alles ganz schnell, denn die Beispieldatei erfüllte prima ihren Zweck als Vorlage (womit ich mir meine, die ich immer wieder überprüfen musste, hätte sparen können) und im Anhang fand sich außerdem eine vergleichsweise verständliche Ausflistung der U/ECE Rec.20 Codes. Nicht weiter wichtig, mäßig interessant.  Ich glaube nicht, dass dem Endverbraucher irgendwann einer dieser Codes unterkommt.

Warum die Angst vor Daten?

Offenbar hatte in der ganzen Kette an Beteiligten die Angst vor der Komplexität an Daten irgendwie überhand genommen. Der “Hilfe, ein Excel mit Datenformat” Effekt? Mit vorformatierter Beispieldatei alles überhaupt kein Problem und der, der die Daten kennt, weil er das Produkt kennt, hätte in kürzester Zeit problemlos alles erledigen können.

Stattdessen wurde aus einer einfachen Sache aufgrund einer komplizierten Dokumentation und ein paar “Unworten” wie Daten, Datenbank, XML, Format, Zeichenkette, Dezimal und so weiter ein Angstgegner.

Daten sind nichts, wovor man Angst haben müsste und auch eine Dokumentation entpuppt sich bei näherer Betrachtung oft als selbsterklärender als auf den ersten Blick vermutet.

Die Dokumentation war offenbar von einem “Techniker” verfasst und damit an einigen Stellen unglücklich formuliert. Statt darauf hinzuweisen, dass man zunächst jene Beispieldatei öffnen und sich damit auseinandersetzen sollte, wurde auf 50 Seiten umständlich auf Datentypen sowie die Länge von Zeichenketten hingewiesen- eine Information, die erst im nächsten Schritt relevant wird.

Ein typisches Beispiel eines Usability Problems aus dem täglichen Leben abseits des Internets. Hier hatte keiner daran gedacht, dass die Zulieferfirmen, die für ihre Produkte genau diese Tabellen erstellen müssen, keine Ahnung davon haben (und auch nicht haben müssen), was es mit Excel Zellenformaten oder mit Datenbankfeldern zu tun hat.

 

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