Es muss auf die Straße

Als eine wichtige Informationsquelle zum Thema Internetsperren (wie übrigens auch als positives Beispiel des Online Journalismus) empfinde ich die Artikel der . Hier geht es neben Fakten auch um die Frage, wie der Protest gegen die Sperrung von Internetseiten gesellschaftlich zu bewerten sein könnte. Insbesondere aber wird hier diskutiert. Und- so hoffe ich - auch nach außen getragen, in die ganz reale Welt. Glaubt es mir oder glaubt es mir nicht, es gibt sogar ZEIT Leser, die nichts von der umfangreichen ZEIT Internetpräsenz wissen…


Ich war skeptisch während der letzten Tage. Immer wieder stellte sich mir die Frage, ob man uns denn “da draußen” überhaupt hören und geschweige denn verstehen könne.
Ich habe versucht, ein Bild zu bekommen, von der Meinung zum Thema derer, die weniger internet-affin genannt werden könnten. Die Antworten waren meist ein wenig ernüchternd, dann aber doch wie aus dem ganz normalen Leben: von das sei eine Sache, die einen nicht beträfe, man fühle sich bei dieser Fragestellung nicht angesprochen bis hin zu völliger Fehleinschätzung, - vielfach wird nämlich die Sperre mit dem “vom Netz nehmen” verwechselt. Meistens  fand man die Idee prima, denn - und da gehen wir ja vollkommen d’accord - man müsse etwas gegen diese perversen Machenschaften unternehmen und daher könne man den Gesetzentwurf doch nur gutheißen - da gehen wir dann nicht mehr d’accord. Schwierig mich da mit einem Thema zu positionieren, das zum Teil noch nicht mal angekommen zu sein scheint. Schwierig, sich da zu positionieren als jemand, der das differenzierter sieht:

Zeigt nicht nur, dass Ihr gegen Kindermisshandlung und Kinderpornographie sowie die Verbreitung solcher Inhalte (egal in welcher Form) seid, sondern tut was!

Ergreift vernünftige Maßnahmen, statt Wege zu gehen, die einer Zensur gleichkommen!

Betreibt Opferschutz!

Schwierig auch, weil ich mir nicht sicher bin, ob mit den  Schreien nach “Zensursula” und den teils zynischen Artikeln, die da so durchs Netz schwirren, der richtige Ton angeschlagen wurde und wird. Es stimmt - wie es ein Kommentator in der schreibt. Das Internet:

“(…) Alltag, Mainstream, Durchschnitt.” Immerhin sei das Internet mittlerweile die “Hauptschlagader”, über die Welt mit Information versorgt werde. “Hier tummeln sich nicht mehr nur irgendwelche Gamer, Exoten und Nerds die Angst haben, dass man ihnen ihr Spielzeug wegnimmt. Das ist keine ‘Gemeinde’ das ist ein Großteil der mündigen Bürger. Und denen passt halt der Ausbau des Überwachungsstaates nicht, mit irgendwelchen ‘Lebensräumen im Netz’ hat das überhaupt nichts zu tun.”

Ich überlege mir nur: Wie will die “Internetwelt” mit “Zensursula” Rufen die “da draußen” erreichen? Geht der Schuss so nicht nach hinten los? Suggeriert genau das nicht doch dem, der sich hart tut, überhaupt zu verstehen, dass hier eben doch nur “Exoten” und “Nerds” ein bisschen einen auf Protest machen wollen? Wäre es nicht wichtiger, uns dafür einzusetzen, dass die Botschaft und das Anliegen auch wirklich überall ankommen? Bei den Politikern als auch denen, die bisher noch nicht verstanden haben, was Internetsperren sind und was sie nicht sind?

Das Internet ist ein wichtiges und konsequentes Medium, um gesellschaftlich zu bewegen. Aber es ist nur ein Medium, dem außerdem sicherlich viele, allein aus Nichtwissen, aus Skepsis und Angst heraus, kritisch gegenüber stehen. Es ist daher mehr als zu hoffen, dass sich die ZEIT nicht nur weiterhin online des Themas annimmt, sondern die Problematik zusätzlich in ihrer Printversion in der Öffentlichkeit darstellt. Denn das Thema muss in die Öffentlichkeit.

Ich würde mir eine offene, mit verifizierbaren Fakten belegte und fair geführte Diskussion von beiden Seiten wünschen. In aller Öffentlichkeit. Ich würde mir zielstrebige und ernstgemeinte Maßnahmen wünschen, um die Widerlichkeit Kinderpornographie in den Griff zu bekommen. Hinschauen und gemeinsam dagegen aktiv werden statt Mithilfe zum Wegschauen. Ich würde mir auch wünschen, dass wir gemeinsam an einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Medium Internet arbeiten. Aber bitte vernünftig und nicht halbherzig. Ehrlich und nicht scheinheilig. Und schon gar nicht, weil 2009 ein Superwahljahr ist, sondern aus der vollen Überzeugung, dass Kinder geschützt werden müssen.

Insbesondere wünsche ich mir aber zunächst den Dialog mit der Politik und allen, die das anders sehen als wir. Denn der ist die Voraussetzung. Dass ich wie viele andere als Mitzeichnerin der Online Petition, durch meine Ablehnung der in dieser Form geplanten Internetsperrungen und damit verbundenen Zensurmaßnahmen wie auch durch meine berufsbedingten Kenntnisse in einem Satz mit pädokriminellen Menschen werde , empört mich zutiefst.
Dass ich aufgrund meiner Unterschrift einer Petition, in der es klar und deutlich heißt

Das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern stellen wir dabei absolut nicht in Frage – im Gegenteil, es ist in unser aller Interesse.

zu denen werde, die sich angeblich nicht für die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten einsetzen, empört mich ebenso.
Hey Leute! Wir finden das alle widerlich! Nur wir empfinden die geplanten Maßnahmen der Regierung unzureichend und falsch und fordern andere, effizientere Maßnahmen.

Und aus diesem Grund steht mein Name dort und aus diesem Grund kann ich allen, die sich bisher nicht betroffen fühlen oder glauben, hier ginge schon alles in Ordnung, nur raten, sich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Bei der ZEIT kann, ja muss, man sich herzlich bedanken und hoffen, dass sie das Unterfangen einer “Minderheit” von derzeit über 70.000 Menschen weiter unterstützt, in der Hoffnung, dass die Botschaft weitere Menschen erreicht und aus den mehr als 70.000 noch deutlich mehr werden.

Mehr zu den Fakten und Nicht-Fakten ebenfalls bei der .

 

3 Antworten zum Beitrag “Es muss auf die Straße”

  1. am 13 Mai 09 um 23:04 meint

    Du sprichst mir aus der Seele. Insbesondere deiner Forderung nach einem öffentlichen Dialog stimme ich voll und ganz zu. Leider habe ich den starken Eindruck, dass es weit weniger die Internetgemeinde ist, an der dieser Dialog bislang scheitert, als vielmehr die beteiligten Parlamentarier.

    Auf meine Anfrage an die beiden MdB meines Wahlkreises habe ich nur eine Antwort bekommen und dort gab es nur völlig unkonkretes Blabla (müssen Kinder schützen … alles menschenmögliche tun … Grundrechte abwägen … nehme Kritik ernst … - nachzulesen in meinem Blog), auf konkrete Fragen, was etwa die Glaugwürdigkeit der Zahlen und Behauptungen angeht gab es keine Antworten. Eine weitere Anfrage blieb unbeantwortet.

    Auch wenn man sich ansieht, wie auf abgeordnetenwatch.de argumentiert wird, rollen sich einem die Zehennägel auf. Da werden Abgeordneten die Zahlen und Widersprüche unter die Nase gehalten und diese gehen gar nicht drauf ein. Ein Dialog ist so jedenfalls nicht möglich.

    Ich hoffe wie du, dass sich die Offline-Medien verstärkt diesem Thema widmen und kritisch nachhaken, was da gerade passiert und vor allem auf welch tönernen Füßen die ganze Argumentation der Sperr-Befürworter aufgebaut ist.

    Alle, die Interesse haben sich selbst einzubringen, möchte ich die Seite ans Herz legen. Dort finden sich viele Infos, ein Wiki und Links auf Mailinglisten, wo das Thema seriös und abseits von “Zensursula”-Schlachtrufen diskutiert wird.

  2. am 14 Mai 09 um 11:37 meint

    Anne-Kathrin

    Mein erster Blick heute früh galt der ZEIT Printausgabe - und ich konnte auf die Schnelle nichts finden - schade.
    Es wäre so wichtig, dass bekannt wird, dass es den Gesetzentwurf überhaupt gibt (ist noch nicht überall angekommen), dass bekannt wird, was er bedeutet, vor allem auch, was er nicht bedeutet.
    Und es ist wahrscheinlich ebenso wichtig, die richtige Sprache zu finden, um die Thematik zu kommunizieren.
    Solange das Thema den Weg aus dem Internet nicht findet und zwar über die Medien, sehe ich kaum eine Chance, überhaupt zu sensibilisieren.

    Zum Begriff “Sperr Befürworter”: ist das Problem nicht, dass es viele Befürworter gibt, die wider besseren Wissens dafür sind?

  3. am 14 Mai 09 um 14:59 meint

    Zum Begriff “Sperr-Befürworter”: Ich bin sicher, dass einige Befürworter wider besseren Wissens argumentieren. Das Problem ist, dass das Argumentieren für die Sperren wesentlich einfacher ist, als dagegen. Als Sperr-Kritiker musst du dir regelmäßig den Mund fusselig reden und höllisch aufpassen, dass du nicht ungewollt dokumentierten Kindesmissbrauch verharmlost oder (scheinbar) befürwortest. Mit der Pro-Argumentation bist du politisch auf der sichereren Seite.

Auch was dazu sagen?