Zur Usability von Content Management Systemen

Wenn wir im Kontext Web an Usability denken, denken wir wahrscheinlich meist an die Usability unseres Internetauftritts. Es ist gemeinhin das, was als Web-Usability bezeichnet wird. Aspekte, die jedem von uns sofort dazu einfallen sind Navigationsstrukturen, Menüs, Findability, lesbare und verständliche Texte, ansprechende Farbgestaltung, gelungener Einsatz aller möglichen Internet-Technologien und so weiter.

Umso interessanter ist das Thema Usability von Content Management Systemen, einem Werkzeug, das sich so gesehen ein bisschen zwischen Software und Website bewegt.  Ein verkaufträchtiges Schlagwort oder nicht? Aber was verbirgt sich eigentlich hinter der Usability eines CMS? Und ist es ein Entscheidungskriterium?

Ich stelle mir im Folgenden das Szenario vor, es gäbe einen Internetauftritt, der über ein beliebiges Content Management organisiert wird. In diesem Szenario gibt es mindestens zwei Beteiligte: einen Administrator, der sich um alles Technische und vielleicht einiges mehr kümmert und einen Redakteur, der nach einer Schulung natürlich die grundsätzlichen Konzepte kennt, aber sonst nicht sonderlich technik-affin ist. Wieder einmal die Frage:

Was ist eigentlich Usability?

Bleibt man zunächst bei einer recht allgemeinen Definition, so bedeutet Usability als Gebrauchstauglichkeit definiert die Größe, mit der festgelegt wird, ob und wie gut ein Produkt (das kann ja auch eine Software sein) durch den Anwender genutzt werden kann, um Aufgaben

  • effizient
  • effektiv
  • und zur eigenen Zufriedenheit (seht Ihr die User Experience Komponente?)

zu erledigen.

Wenn es um Benutzerfreundlichkeit geht, dann liegt der Fokus einen Tick anders.  Dann geht es unter anderem um

  • leichte Bedienbarkeit und
  • Ergonomie

Weit auseinander ist das natürlich alles nicht. Mir geht es im Wesentlichen um ein paar wesentliche Begrifflichkeiten.

Was bedeutet Usability eines CMS für die Beteiligten?

Der Administrator … wird meist ein CMS einsetzen, das er kennt und von dem er überzeugt ist. Er wird sich wahrscheinlich, ohne es gemerkt zu haben, mit einigen Usability Krücken sogar angefreundet haben, weil die Technik passt oder andere harte Argumente für den Einsatz genau dieses CMS gesprochen haben. Und selbst wenn es mit der Usability des CMS zunächst nicht so weit her ist, wird er alle Bedenken in dieser Richtung vielleicht sogar in den Wind schlagen.

Schwerer hat es da der Redakteur… Der hat bisher wahrscheinlich keine Vorstellung, was ein CMS macht, wie das alles überhaupt funktioniert, was an Zeit und Arbeit in der Pflege einer Website steckt und auch was da sonst noch dranhängt (Bildbearbeitung, Dateidownloads, Aktuelles auf der Website, Präsenz im Internet).

Aufgaben?

Die Aufgaben für den Redakteur sind weitestgehend zunächst klar: Pflege von Inhalten. Das bedeutet vor allem Schreiben und (ein bisschen) Konfigurationsarbeit. Das Problem ist: die Aufgaben reichen weiter. Es geht nicht nur darum, einen Artikel mit Bild zu illustrieren, sondern dieses Bild überhaupt erstmal zu haben, es zu bearbeiten, es auf den Server zu laden und es dann in den Artikel einzubinden.  Vier grob definierte Schritte für nur ein Bild. Wir können das beliebig weiterspielen. Und weil das alles natürlich so einfach für den technischen Laien ist… Die Aufgaben des Administrators? Alles, was so anfällt…

Usability - wie viel kann vom System kommen?

Die Frage, die ich mir in erster Linie stelle, ist die, wie viel dieser “Komponente Usability” vom System selbst kommen muss und wie viel “Konfigurationsfaktor” mit hineinspielt. Um was kann es gehen?

  • Übersichtlichkeit der Administrationsoberfläche (Aufbau, Navigation, Anzahl der Klicks, “direkte Wege”)
  • Selbstbeschreibungsfähigkeit des Systems (beispielsweise “vollkommen klar, wo man klicken muss” und “dieser Icon bedeutet…”-Faktoren, Hilfetexte)
  • Optische Gestaltung (Icons, Texte, Lesbarkeit)

Wahrscheinlich würden einem noch einige andere Aspekte einfallen, diese allgemeinen jedoch lassen sich sicherlich aufdröseln.

Usability eines CMS - eine ganz allgemeine Größe?

Eine rhethorische Frage. Natürlich ist sie das nicht. Die vom System mitgebrachten Faktoren, die zu mehr Usability beitragen können, sind Voraussetzung und solide Basis. Sie decken eher die ergomonische Ebene ab. Da jedoch mit einem CMS verschiedene Nutzer mit vollkommen unterschiedlichen Aufgaben und Grundvoraussetzungen arbeiten, kann das nicht alles sein.

Um die Faktoren wie Effektivität und Effizient als auch (nicht zu vergessen) den recht schwammigen Faktor Zufriedenheit in den Griff zu bekommen, muss ein Content Management System an dieser Stelle  wesentliche, andere Eigenschaften mitbringen: Anpassungsfähigkeit und Skalierbarkeit.

Für mich bedeutet das im Wesentlichen:

  • individuelle Rechtevergabe an einzelnen Backend-Modulen für Benutzergruppen und einzelne Benutzer
  • Konfigurationsmöglichkeiten einzelner Eingabemasken und Menüs
  • Unterstützung von Themes
  • Individualisierbarkeit von Hilfetexten

und das alles ohne Umwege, vor allem aber ohne Core-Änderungen. Usability lässt sich damit, wenn man es genau nimmt, nicht auf den ersten Blick festmachen. Auch ist ein CMS nicht per benutzerfreundlich. Es ist höchstens ergonomisch, optisch ansprechend, gut organisiert …. und bietet im Idealfall einige Voraussetzungen für eine benutzerfreundliche Konfiguration.

Entscheidungskriterien?

Ich glaube, die Antwort muss ich nicht mehr geben, ich denke aber trotzdem, man muss etwas hinterherschicken: die Auswahl eines CMS ist eine Entscheidung auf mehreren Ebenen: Technik, Funktion, Nachhaltigkeit, Community (sic!) …. und auch Usability. Ich glaube übrigens, dass der persönliche Wohlfühlfaktor deshalb ein entscheidender ist, weil es (auch) etwas mit der eigenen Firmenphilosophie zu tun hat.

Was meint Ihr? Ist das alles überhaupt wichtig? Ist Usability bei der Entscheidung Pro/Contra CMS-XY vielleicht ein bisschen mehr User Experience und entsprechend Bauchgefühl-geprägt? Und welche Rolle spielt im Hinblick auf alle Beteiligten die Lernkurve?

 

3 Antworten zum Beitrag “Zur Usability von Content Management Systemen”

  1. am 28 Mrz 10 um 17:55 meint

    Wolfgang

    Und wo berücksichtigst Du den “normalen” CMS-Benutzer? Während sich Admin und Redakteur doch meist in in relativ klaren Strukturen bewegen und als Intensiv-Nutzer auch diverse Klippen durch Erfahrung umschiffen können … schlägt dem normalen Nutzer das CMS in voller Breite entgegen.

    Nimm doch mal . Auch dahinter steckt ein CMS. Versuch dort doch mal “Abfahrtstafel” zu finden. Versuch einfach mal IRGENDWIE etwas zu finden, was Dir als Bahnfahrerin so einfällt.

    Ich denke, ist einen eigenen Blog-BeItrag “CMS-Usability für Site-Besucher” wert. Und so ganz nebenbei würde mich da auch Deine Einschätzung interessieren. Immerhin ist ein Top 10 Portal in Deutschland.

  2. am 01 Apr 10 um 19:44 meint

    Anne-Kathrin

    Vielleicht ist damit die Frage geklärt, warum ich lieber Auto fahre? ;-)
    Nein, im Ernst.
    Du hast recht!
    Der Artikel übrigens war ganz bewusst auf die User gemünzt, die sich im Backend bewegen.

  3. am 04 Aug 10 um 01:13 meint

    Ja, das ist alles überhaupt *sehr* wichtig. Wenn Menschen durch Arbeit mit dem CMS den Content erzeugen, kann die Website doch höchstens so gut werden, wie Logik/UI des CMS-Backends es zulassen. Oder anders gesagt: Auf einer kaputten Schreibmaschine kann selten ein guter Roman entstehen.

    Leider machen die wenigsten Web-CMS das, was sie dem Namen nach erwarten lassen. Sie verwalten nicht, sondern sie sammeln nur. Und auch das nicht auf Content im Sinne von beliebigen Web-Inhalten bezogen, sondern auf Content, wie ihn sich das CMS vorstellt. So kommt es dann, dass die Frage nach der Wahl des CMS immer vom Einsatzzweck abhängt und oft eine Gratwanderung zwischen Benutzbarkeit und Erweiterbarkeit erfordert. Niemand will das.

    Ich wünsche mir ein CMS, das den Redakteur allein durch Ausprobieren in kürzester Zeit zum gewünschten Erfolg führen kann und gleichzeitig alle technischen/konzeptionellen Freiheiten bietet, die man sich als Entwickler nur vorstellen mag. Die Suche danach hat mich eben auf Deine Seite gebracht :-)

Auch was dazu sagen?