Kritik (?) an TYPOlight aus Joomla Sicht

Manchmal unterhalte ich mich mit alten Joomla Kollegen über TYPOlight und manch einer probiert TYPOlight dann auch mal aus. Meist entspinnt sich daraus natürlich eine Diskussion übers Pro und Contra des ein oder anderen Systems oder aber auch eine Diskussion allgemeiner Art, die weniger emotional abläuft.

Oder vielleicht dann nicht? Ich stelle in diesen Gesprächen interessiert fest, wie schwer es ist, an die Tests eines CMS objektiv ranzugehen und sich freizumachen von gewohnten Konzepten. Die Kritik am ein oder anderen System interpretiere ich eher als Kritik am Konzept selbst, sie zeigt, dass überall etwas fehlt und vielleicht auch, dass wir ganz anders denken müssen.

Ein erster Test, eher ein subjektiv allererster Eindruck (der ja bekanntlich viel ausmacht) und dann schon die ersten Kritikpunkte, die genau diesen Aspekt deutlich machen. Es geht hier eigentlich weniger um jene einzelnen Punkte, trotzdem werde ich ein bisschen dazu schreiben.

Das Konzept Anreißer

Ein erster Kritikpunkt war beispielsweise das Konzept der Teasertexte. Bei Joomla gibt es hierfür bekanntlich zwei Eingabefenster plus den Menüitem Typ “Category Blog” (bzw. “Section Blog” - wahrscheinlich weniger genutzt). Das obere Eingabefenster muss ausgefüllt werden und dient entweder (ohne Teaserkonzept) dem kompletten Text oder aber eben dem Anreißer.

In TYPOlight wird der Artikelteaser zur Definition der Artikelangaben hinzugefügt und nicht direkt zum Artikelinhalt. Die Abläufe “Artikelteasertext anlegen” und “Text schreiben” passieren also in zwei Arbeitsschritten. Genau betrachtet, ist genau dies bei TYPOlight auch sinnvoll, denn TYPOlight fährt hier ein anderes Konzept. Dort nämlich bestehen Artikel aus beliebig vielen Inhaltselementen. Wie will man hier, unter Berücksichtigung der Logik des Programms, noch den Teaser unterbringen? Und dann gehört der Teaser auch zum Artikel und nicht in die Liste der Inhaltselemente. Ein eher marginaler Kritikpunkt, wie ich finde.

Es ist nicht mehr als Gewöhnung, sich hier umzudenken. Es funktioniert nicht besser, nur anders. Joomla ist an dieser Stelle mit den Konzepten “Section Blog” und “Category Blog” intuitiver, jedoch nicht unbedingt flexibler. Hier kann man Teasertexte mit anderen Elementen wie beispielsweise einem Formular mischen.

Die Seitenstruktur

Die Seitenstruktur - so der erste Eindruck, entspräche ja dem Joomlaschen Menü.

Dies ist nur bedingt richtig. Man kann in TYPOlight Menüs integrieren, die 1:1 die Seitenstruktur abbilden und dann übrigens ohne Erweiterungen wie extendedMenu so arbeiten, dass auch das Highlighting von Elternmenüs funktioniert. Das Problem ist ja bekannt: Joomla 1.0 sah keine Möglichkeit vor, im Kontext eines Artikels  die Menüitems einer übergeordneten Section oder Category zu highlighten. Es ist allerdings nicht zwingend nötig, die Seitenstruktur 1:1 abzubilden, wenn man das Modul “individuelle Navigation” nutzt. Ich muss an dieser Stelle einschränkend dazu sagen, dass dabei allerdings immer die Reihenfolge der Seiten in der Seitenstruktur mit übernommen wird. Hier würde ich mir etwas mehr Flexibilität wünschen.

Rechtemanagement

Der nächste Kritikpunkt war das Rechtemanagement, das zwar für gesamte Artikel, jedoch nicht für einzelne Inhaltselemente für einzelne Elemente funktioniert, jedoch nicht für Artikel (die Freigabe für Besucher schon, die für Autoren jedoch nicht). Beim Autor muss dies über die Seitenstruktur festgelegt werden. Erstaunlich, dass gerade das Rechtemanagement, das bei Joomla so rudimentär ausfällt, ein Kritikpunkt ist.

Es ist ein Trugschluss zu glauben, hier fehle etwas: die Unterscheidung zwischen einzelnen Inhaltselementen - bei Joomla und anderen CMS, auch hier bei Wordpress einfach mal zusammengepackt in einem Editorenfenster- bringt unheimlich viel Flexibilität bei der individuellen Gestaltung der Elemente. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Artikel einfach ein Artikel ist, der die Einheit bildet. Die Inhaltselemente wiederum sehe ich nur als Hilfsmittel an. Wer als Redakteur die Rechte zur Erstellung oder Überarbeitung von Artikeln hst, der sollte sie uneingeschränkt für den gesamten Artikel haben. Zudem ist es möglich, pro Benutzer die Rechte zur Erstellung bestimmter Inhaltselemente zu vergeben - ein wirklich sehr granulares Konzept, bei dem der Texter und der Layouter getrennt arbeiten können.

Rounded Edges und andere Layoutaspekte

Interessant der letzte Kritikpunkt (dann kamen wir vom ‘Hundertsten ins Tausendste’…): Template Snippets. ich meine hiermit jene kleinen, praktischen Vorlagen für den zugrundeliegenden HTML Code. Es war die Überlegung, welches System (und wir redeten übrigens über J 1.0.x) flexibler sei, sofern man Joomla mit JCE ausgestattet habe, beispielsweise um Elemente mit abgerundeten Ecken zu integrieren oder sonstige Layoutspäße zu betreiben.

Beide Systeme ermöglichen es, dem Anwender Vorlagen für den Editor zur Verfügung zu stellen - man muss schließlich in TYPOlight keine granularen Inhaltselemente verwenden, kann aber. Die Vorteile liegen auf der Hand: der Editor kann abgespeckt werden, die Vorlagen sind so gestaltet, dass sie nur noch befüllt werden müssen und damit ist das Look and Feel weitestgehend zumindest theoretisch garantiert. TYPOlight allerdings geht noch einen Schritt weiter, denn jedes Inhaltselement kann außerdem mit ID oder Klasse versehen werden - in Joomla geht das nur über einen Prefix für den einzelnen Artikel. Da ein Artikel in TYPOlight aus mehreren Inhaltselementen bestehen kann, in die natürlich jeweils beliebige Editorvorlagen geladen werden können, gewinnt man so an Gestaltungsfreiraum. Wer noch weiter gehen möchte, programmiert sich für TYPOlight seine eigenen Inhaltselemente.

Fazit?

Nun mag man sagen, das sei alles irgendwie so in den Raum gestellt. Man könnte auch sagen zu kurz gedacht, oder oberflächlich … Ich glaube aber, der erste Blick fällt im Allgemeinen genau so aus, wenn man sich, wie mein Kollege, der Sache eher aus der Designecke nähert.

Es zeigt aber vielmehr, wie eingefahren man bei der Beurteilung eines Content Management Systems mit den eigenen Konzepten behaftet herangeht. Es ist gut, sich selbst ein Bild vom System zu machen, mit dem man arbeitet und es ist wichtig und unumgänglich, sich selbst Workarounds zu schaffen - gerade wenn es um das Mapping Layout/Seitenstruktur geht.

Ich glaube und stelle das hier mal ganz provokant in den Raum: es ist der innere Schweinehund, der es so schwer macht, sich von der eigenen Denkweise und den eigenen Vorurteilen zu verabschieden. Da ist gerne mal alles kompliziert, was anders ist.

Auch jener Diskussionspartner arbeitet noch mit 1.0.x in einer von ihm inzwischen sehr angepassten Version - ein Joomla Hack sozusagen, der auf dem Framework aufbaut, aber technisch eine eigene Note hat. Ich habe dies inzwischen von mehreren Kollegen gehört: man setzt vielfach auf die 1.0.x und arbeitet hier mit Marke Eigenbau. Das ist legitim und auch effizient. Schließlich investiert man einfach Zeit in Entwicklung, die sich irgendwann auch rechnen soll.

Dies zeigt aber doch deutlich, dass das Konzept “Content Management” eigentlich in eine ganz andere Richtung gehen muss: ein modulares Framework, das individuell vom Webentwickler so zusammengesteckt und erweitert werden kann, dass es den Anforderungen ans eigene Business gerecht wird und bei Bedarf natürlich individuell angepasst werden kann.

Es kann nicht das Ziel sein, ein “fertiges Ding” wie Joomla zu verbiegen, um das zu bekommen, was man braucht, sich damit in eine technische Abhängigkeit zu begeben und aufgrund der doch sehr spezialisierten Programmierung bei Sonderwünschen den Purzelbaum machen zu müssen. Es wird immer irgendwas fehlen. Die Anforderungen werden individueller werden, weil das Internet anders genutzt werden wird. Vielleicht sollten und müssen wir uns verabschieden von diesem Hype ums ein oder andere CMS: Ich arbeite mit dem, du arbeitest mit dem, festgefahren und damit irgendwie… abhängig, ja fast schon ideologiebehaftet. Vielleicht sollte der Trend wirklich deutlich weggehen von dieser Spezialisierung auf ein CMS, das man sich womöglich noch auf seine Fähnchen schreibt (aus meiner Erfahrung keine gute Sache). Vielleicht ist es dann auch möglich, das eigene “Bild vom System” nach den eigenen Wünschen umzusetzen?

Das Verbiegen bestehender “Click and Install” CMS kann nicht die Antwort auf die Unzufriedenheit der Webentwickler sein, ebenso aber nicht eine Eigenentwicklung mit Wildwuchs - denn die ist dann dauerhaft auch nicht besser. Leider - und das gilt wohl für viele Webmacher mit Affinität zum Design- erfordert das eben  Programmierung und das schreckt wohl schlicht einige ab.

In dieser Hinsicht denke ich gerade wieder an das Konzept Silverstripe. Es muss nicht immer auf den ersten Blick alles glänzen und Hand anlegen muss erlaubt sein. Ich war (und bin es immer noch) begeistert, was TYPOlight im Vergleich zu Joomla schon alles “on Board” hat. Vielleicht ist es genau das gar nicht. Wahrscheinlich ist eine gelungene Integration (mit gelungenem Third Party Gedanken, bei dem sich alle an Standards und Schnittstellen halten) viel wertvoller.

Ich bin immer noch nicht ganz glücklich mit meiner nicht existenten CMS Quintessenz….

 

2 Antworten zum Beitrag “Kritik (?) an TYPOlight aus Joomla Sicht”

  1. am 18 Dez 08 um 17:52 meint

    der Joomlasche :)

    Interessant was aus unserem Gespräch geworden ist und ich gebe dir in einem Punkt schon mal uneingeschränkt recht: es ist der innere Schweinehund, den es zu überzeugen gilt.

    Ich habe im letzten Jahr vielfach versucht mich von Joomla zu lösen, denn zufrieden bin ich mit Joomla auch nicht, das ist aber denke ich klar. Der Hauptgrund weshalb ich noch mit einem “eigenen” Joomla arbeite ist denke ich das “man weiß wo man hinlangen muss” - mein wichtigster Aspekt. TypoLight hat mir schon sehr gut gefallen, keine Frage, allerdings stelle ich mir in vielen Punkten einfach die Frage: Wie machst du das mit TL ?

    Ich bin kein Fan des von TypoLight eingesetzten CSS Template Framework, oder wie auch immer die Kollegen das nennen, es ist mir schlichtweg zu komplex. Nicht etwa das ich mich darin nicht zurecht finden würde, nur muss ich hier eben oftmals mehrere Schritte gehen, die ich in Joomla nicht gehen muss.

    Bislang habe ich einfach noch kein System gefunden, das ein gutes Template-System hat, in dem man so ziemlich jede Ausgabe manipulieren kann ( wobei mir das bei Typo allein vom Code her schon extrem gefällt ), wo ich chunks mittels Tag überall in Artikel laden kann, wo ich für Inhaltsbereiche eigene Templates anlegen kann, etc.

    Gerade der letzte Punkt ist eins der größten Mankos, aus meiner Sicht. Es gibt bislang noch kein System, in dem ich vorgeben kann, was der Autor auszufüllen hat. Beispielsweise ein Feld der Überschrift, was anschließend in span h1 ausgegeben wird, dann vielleicht noch ein Feld mit einem Teaser - ebenfalls im Span - weitere Felder für den Text, Tags, etc.

    Bei Joomla muss hier der JCE ran und gibt diese Ausgaben mittels Inhaltstemplates vor. Bei TypoLight wäre dies auch möglich, könnte man vorgeben das ein Artikel beim erstellen immer die defenierten Felder beinhaltet. Das geht leider hier und dort nicht.

    Ich hatte ja auch den Quelltext angesprochen, eins meiner persönlichen Mankos an recht viele Systeme. Drupal gibt schönen Quelltext aus, Typolight gibt Ihn zumindest sauber aus, Joomla - da möchtest du gar nicht rein schauen. Meine Joomla Version gibt inzwischen mega-sauberen Quelltext aus, auch wenn ich noch immer an diese Contentintro divs gebunden bin.

    Es ist wahrscheinlich der Frust, der einen dazu treibt ein System für persönliche Vorstellungen anzupassen, anstatt sich in ein neues einzulernen, bei dem man nach geraumer Zeit erneut feststellt, das man an die Grenzen stößt.

    Ich werde 09 ein Projekt mit TypoLight umsetzen und auch ein wenig am Ball bleiben, vielleicht entdecke ich von mir unerkanntes Potential. Mal sehen :)

    Ben

  2. am 19 Dez 08 um 14:35 meint

    Anne-Kathrin

    Ich glaube, was du dir vorstellst, das geht… mal sehen!

Auch was dazu sagen?