Shop Software: die Qual der Wahl?

Gerade stellt sich mir wieder einmal die Frage, welche technische Basis ich für einen neuen Online Shop eines Kunden einsetzen soll.
Dies ist zum Teil natürlich eine Frage ganz persönlicher Präferenzen, trotzdem sollten vorab einige Fragen geklärt werden, deren Beantwortung zwar eventuell zum Ausschlusskriterium für die ein oder andere favorisierte Variante werden kann, gleichzeitig aber davor schützt, eines Tages eine böse Überraschung zu erleben.
Kurz: ein Anforderungsprofil an den späteren Shop ist der erste Schritt, insbesondere, wenn man keinen Shop mieten möchte.

Vielfach werden bei der Wahl des Shop Systems einige Fragen leider nicht gestellt. Da fällt zu schnell die Entscheidung für Open Source, weil die Software meist lizenzfrei im Internet zu beziehen ist oder weil keine Miete anfällt. Dass Open Source zum Teil mit erheblichen Anpassungen verbunden ist und dafür die Laienkenntnisse oft nicht ausreichen, wird gerne übersehen.

Ein Open Source Shop bietet alle Flexibilität, die man sich als Shopbetreiber nur wünschen kann, nur ist Shopsystem nicht Shopsystem und nicht jedes System eignet sich so ohne Weiteres für das geplante Szenario. Wer nebenbei sowieso eine CMS gesteuerte Website betreibt, wird vielleicht schnell auf eine in das Content Management integrierbare Lösung setzen, andere haben natürlich auch schon von den Großen auf dem Markt gehört und steuern blindlings darauf los…

Organisatorisches

Egal ob ein neuer Onlineshop die Ergänzung zum bisherigen Ladengeschäft werden soll oder man mit etwas ganz Neuem startet: ein Warenwirtschaftssystem bildet wohl immer die Basis interner Organisation, der Kundenverwaltung und des Produktbestands. Damit der neue Shop im Internet nicht zur Zeitfalle wird, passt er sich nahtlos in das bestehende System ein. Die Frage nach dem genutzten Warenwirtschaftssystem mag sehr naheliegend sein, trotzdem habe ich immer wieder Kunden erlebt, die angesichts dieser Frage sehr überrascht waren, - vielleicht weil sie angenommen haben, dies sei eine Selbstverständlichkeit? Ist es eben leider nicht.

Nicht jede Open Source Shop Software bietet eine Anbindung an Warenwirtschaftssysteme und weil die Auswahl an diesen nützlichen Helferlein sehr groß ist (egal ob kommerziell oder ebenfalls Open Source), unterstützt eine Shop Software natürlich nicht alles, sondern nur einen Bruchteil verfügbarer Warenwirtschaftssysteme. Es ist also unabdingbar, sich zu vorab zu informieren, wie einzelne Systeme zusammen spielen. Wer hier natürlich ganz bei Null anfängt, ist aus dem Schneider und kann sich die passende Lösung ganz unbefangen zusammenstellen.

Das führt übrigens zu einem weiteren Punkt, dem Im- und Export von Produkten, eng zusammenhängend natürlich mit der WaWi. Werden Produkte automatisiert eingepflegt? Gibt es Herstellerkataloge? In welchem Format liegen die Daten vor? Und in welchem Format ist ein Export nötig? Es mag sehr praktisch sein, vom Hersteller eine Excel Tabelle geliefert zu bekommen, in der alle Produktinformationen bis hin zur Produktabbildung bereits erfasst sind. Nur wäre es ein Wunder, wenn diese Herstellertabelle sich ohne individuelle Zusatzprogrammierung mit nur einem Klick in einen Online Shop importieren ließe.
Über derartige Hürden wird der Shopbetreiber zwar immer wieder stolpern, ein Vorabkonzept kann aber zumindest die Kosten an dieser Stelle kalkulierbar halten.

Organisatorisches beinhaltet natürlich auch die Frage nach der Logistik. Schließlich sollen die Waren ja auch mal beim Kunden ankommen. Sollte man die Frage des Versands daher nicht ausschließlich abends im heimischen Keller zwischen Unmengen an Kartons lösen wollen, sondern ein Logistik bzw. Versandunternehmen beauftragen, ist es dies zusätzlich eine Überlegung wert. Wie beispielsweise können weitere Unternehmen in dieser Kette darüber informiert werden, wann Waren bei Ihnen abgeholt und ausgeliefert werden müssen und in welcher Größenordnung?

Finanzielles

Wer nicht nur verkaufen möchte, sondern auch Wert darauf legt, sein Geld zu bekommen, der wird sich Gedanken machen müssen über die Bezahlmodi, die in den Shop integriert werden sollen. Die Angelegenheit ist zweischneidig, denn der Shopbetreiber möchte natürlich eine Garantie auf sein Geld, der Käufer bricht den Einkauf unter Umständen schlicht ab, wenn die Bezahlmethoden nicht gefallen. Da ist beispielsweise die Vorauskasse, sicherlich für Shopbetreiber die sicherste Variante, die allerdings bei Kunden nicht gut ankommt.
Näheres dazu übrigens auch in einer aktuellen Studie bei :

  • 56% der Teilnehmer haben schon einmal schlechte Erfahrungen beim Online-Shopping gemacht.
  • Wenn nur die Zahlung per Vorkasse angeboten wird, suchen 79% der Kunden nach einem anderen Anbieter.
  • Die Einführung der Lastschrift und der Kreditkarte senkt die Kaufabbruchquote durchschnittlich um etwa 60%.
  • Wenn der Anbieter über ein Gütesiegel verfügt, sinkt die Kaufabbruchquote im Schnitt um ein Drittel.
  • Ein Rabatt von 3% steigert den Anteil der Vorkasse-Zahlungen deutlich.
  • Mit der Kreditkarte zahlen vor allem 26- bis 45-jährige, gut verdienende Männer.

Sicher zum Geld? Eventuell auch mit einem Payment Gateway, beispielsweise Paypal. Wer also seinen Online Shop plant, für den lohnt es sich, den Markt derzeit verfügbarer Payment Gateways zu durchforsten und vielleicht auch hier bereits zu überprüfen, welches Shopsystem die entsprechende technische Unterstützung mitbringt.

Auch die Anbindung und damit Integration von Bezahlmodulen zum sicheren Bezahlverfahren, das beide Seiten glücklich macht, Käufer und Verkäufer, kann natürlich programmiert werden.

Inhaltliches

Die Produktpalette. Es ist so eine Standardfrage: “Kann denn Shopsystem XY….?” oder aber auch das enttäuschte “ich dachte, das ginge schon irgendwie”. Nein, hinter diesem Irgendwie steckt eine Menge Arbeit, die man sich mit etwas Konzeption sparen kann.

Das für mich komplexeste Produkt ist einerseits das frei konfigurierbare, zusammengesetzte Produkt. Das prototypische Beispiel ist hier sicherlich ein online bestellbarer und erweiterbarer Rechner. Andererseits das Produkt Bundle, beispielsweise Handy und Vertrag, Ski und Bindung, Drucker und Patrone und was es da noch alles so gibt. Das kann leider nicht jeder Shop. Ich erinnere mich an viele frustrierte Emailkorrespondenzen und Telefonaten. Daher also nicht nur die Überlegung zum aktuellen Produktkatalog sondern auch danach, was vielleicht in einigen Monaten noch hinzukommen könnte.

Hinter der Frage nach dem Produkt steckt aber noch einiges mehr: gibt es einzelne Produkte, gibt es Farb- oder Größenvarianten? Wie werden diese im Warenwirtsschaftssystem klassifiziert? Wie ist die definiert und gibt es dabei herstellerspezifische Ausnahmen? Und dann geht es natürlich auch darum, wie groß die Produkpalette werden soll. Tut es hier die kleine Lösung oder ist später doch mal eine Expansion geplant?

Warum ist die Auswahl der passenden Software schon von Beginn an so wichtig? Ein Umstieg auf ein neues System läuft meist nicht absolut reibungsfrei und ist vor allem eines: mit Kosten verbunden. Es ist dabei egal, ob die Basis eine (kostenfreie oder kostengünstige) Open Source Lösung oder eine kommerzielle Variante ist. Plötzlich wird der Online Shop zur Dauerbaustelle, die man ursprünglich mal gerne in Eigenregie aufgezogen hätte, plötzlich muss eine Agentur beauftragt werden und plötzlich ist doch alles nicht ganz so einfach, wie anfangs gedacht.

Wäre doch schade drum… In einem Online Shop steckt, richtig gemacht, eine Menge an Potenzial. Demnächst mehr hier zum Thema, unter anderem die Frage nach Mietshop oder dem eigenen Laden im Internet sowie der Frage nach Produktpräsentation, Layout und Usability.

Bildnachweis: dieses Foto (”dort ist das Ziel…” ?) findet man auf .

 

2 Antworten zum Beitrag “Shop Software: die Qual der Wahl?”

  1. am 08 Okt 08 um 12:28 meint

    [...] wie man sich gut auf die Suche vorbereiten kann und was zu beachten ist. Ein weiterer Beitrag, den man vor einer aktiven Suche auf jeden Fall lesen [...]

  2. am 03 Nov 08 um 14:56 meint

    [...] wie man sich gut auf die Suche vorbereiten kann und was zu beachten ist. Ein weiterer Beitrag, den man vor einer aktiven Suche auf jeden Fall lesen [...]

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