Wie viel Funktion braucht ein Shop? Produktpalette

Weil das Thema so viele Facetten hat, heute der Einstieg zum Thema Produktpalette.

Die Produktpalette wird naheliegenderweise für viele Entscheider ein wichtiges Kriterium bei der Wahl der geeigneten Software sein. Für den Entscheider stellt sich dabei die Frage, ob ein Produkt abbildbar ist. So selbstverständlich ist das leider nicht.

Für Entwickler interessant die Frage nach einer Abstraktion des realen Produkts, das wir normalerweise aus dem Regal nehmen und zur Kasse tragen. Ein ganz alltäglicher Vorgang, der aber ein gelungenes Abbild in der Online Welt braucht. Dort gibt es mehr zu bedenken.

Produkte über Produkte

Eine schwierige Sache, denn hier geht es um die Verallgemeinerung dessen, was heute über die Ladentische wandert und da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Es hilft jedoch nichts, ein Shop muss alle mehr oder weniger üblichen Produktsortimente abdecken und ebenso die damit verbundenen Preisvarianten und Staffelpreise.

Für mich lassen sich zunächst unterscheiden

  • das “ganz einfache” Produkt. Eine bei genauerer Betrachtung relativ seltene Spezies, denn das meiste, das wir heute kaufen können, gibt es in verschiedenen Formen, Farben und Größen
  • Varianten: Produkte mit mindestens einem Attribut. Das T-Shirt wäre ein ganz klassisches Beispiel dafür. Achtung bei Produkten mit verschiedenen Gebindegrößen oder Ausführungen mit verschiedenen Preisen, beispielsweise der Luxusausführung
  • konfigurierbare Produkte. Jeder der gerade Lust hat, sich einen neuen Mac zu kaufen, weiß, was ich meine.
  • Produktbundles. Hier gibt es ebenfalls einen Klassiker, nämlich das Handy mit Vertrag.
  • downloadbare Produkte. Diese sind besonders interessant in Kombination mit nicht-downloadbaren Produkten, da sie Einfluss auf Versandkosten und viele Aspekte der Benutzerführung haben.

Technisch betrachtet sehe ich darin verschiedene Produkt-Typen, die sich durch gemeinsame Eigenschaften auszeichnen, sich jedoch im Informationsgehalt wie auch beim Handling des späteren Einkaufs deutlich unterscheiden. Thema Template, User Interface:

  • wie erfolgt die Produktauswahl bei Produkten mit Varianten?
  • wie werden konfigurierbare Produte präsentiert?
  • wie gelingt die Übersicht bei Produktbundle?

Vor allem aber: wie konfigurierbar sind die Templates zur Produktpräsentation? Dies betrifft nicht nur die Anpassung an die Corporate Identity sondern auch die an spezielle Anforderungen der Benutzerführung.

Das Produkt als ein Konzept, zu dem sich nach strikt objektorientierter Denkweise eine Vererbungskette bauen lässt. Das einfache Produkt wäre dafür die Basis.

Produkte sind einzigartig: die SKU

Eine kurz und knackige Definition von :

Die SKU = Stock Keeping Unit ist die eindeutige Bezeichnung einer Variante eines Artikels, also auf deutsch die Artikelnummer.

Die SKU, so hatte ich das mal auf gemünzt auf Virtuemart geschrieben, ist ein Indikator dafür, wie die Artikel im Shop behandelt werden sollten. Denkbare Kontrukte zum Aufbau des Shopsortiments, die sich durch die SKU Kodierung ergeben, sollten von einem Shop unterstützt werden.

Aus technischer Sicht bedeutet das:

  • Beziehungen zwischen Produkten ermöglichen und identifizieren
  • eindeutige Identifikatoren für Produkte, virtuelle Produkte (= Elternprodukte)
  • variable Preisgefüge

Leider verlangt die Shoparchitektur dem Shopbetreiber und dem Entwickler hier einiges Abstraktionsvermögen ab. Folgende Fragen sind hilfreich, hatte ich damals geschrieben:

  • Sind Varianten wie Farbe oder Größe also Teil der SKU kodiert?
  • Sollen einzelne Varianten als Sonderposten angeboten werden?
  • Gibt es für Varianten Sonderrabatte oder Staffelpreise?

Dieses Thema ist komplex, so dass ich überlege, dem bei Gelegenheit einen eigenen, software-unabhängigen Artikel zu widmen. Interessant wird das Ganze vor allem in Kombination mit Produkt Bundles, konfigurierbaren Produkten und Kundengruppen.

Ins richtige Licht rücken

Welche Eigenschaften hat ein Produkt in der realen und virtuellen Welt? Was interessiert, wenn wir etwas kaufen? Ich kenne mich da schon als jemanden, der auch mal eine Verpackung dreimal dreht und wendet. Bilder dürfen nicht fehlen. Bilder und Text.

Klassischerweise gibt es Kurzbeschreibung für die Kategorieansicht und einen längeren, detaillierten Text für die eigentliche Produktseite. Rein intuitiv würde ich empfehlen, das auch voll auszunutzen.

Bilder werden oft etwas stiefmütterlich behandelt, wobei man sagen muss, dass Shopbetreiber es hier auch nicht einfach haben, denn professionelle Fotos sind das A und O, ein Lizensierungsproblem gilt es zu vermeiden. Der beste Fall ist da noch eine CD vom Hersteller. Ein echter Benefit sind Fotos auch von Varianten, besonders wenn die Auswahl auf eine separate, neue Seite leitet. Nicht ist doch eigentlich langweiliger, als immer das Foto vom roten T-Shirt zu sehen, obwohl man längst das blaue ausgewählt hat.

Der kleine Shop profitiert noch viel von der “liebevollen” und eingehend informativen Beschreibung der Produkte, noch mehr, würde ich fast sagen, fehlt diese, so ist das mit ein Killer. Service ist alles und das ist der erste Schritt.

Kategorien

Je mehr Produkte, desto wichtiger werden die Kategorien, vor allem aus Gründen der Usability. Ein Produkt kann unter Umständen in mehrere Kategorien passen. Die gelungene Platzierung von Produkten in verschiedenen Kategorien ist eine der Stärken der Virtualität. Der realen Shoppingwelt entspricht dies nicht. Dort ist dieses Konzept schlicht nicht durchführbar, ohne den aktuellen Warenbestand höher zu halten, als wahrscheinlich nötig. Ein Kostenfaktor. Daher liegen die Artikel im realen Geschäft in einem Regal, höchstens noch in einem Aktionskorb (aber das ist ein anderes Konzept).

Die Frage ist also: braucht es Mehrfachkategorien zwingend oder können vor allem Usability Fragen auch durch gelungene und durchdachte Shoparchitekturen vermieden bzw. überbrückt werden?

Preisgefüge und einige Marketingaspekte

Was die Preise von Produkten betrifft, so sind je nach Produkttyp eine Reihe von Szenarien denkbar. Attribute und Ausstattungsvarianten können beispielsweise zu einem Aufpreis führen. Zusätzlich können Mengenrabatte nötig sein, insbesondere interessant beim personalisierbaren Produkt, beispielsweise T-Shirt Druck für Vereine oder bei Visitenkarten.

Interessant auch das Thema Kundengruppe, eine Funktionalität, die ich bezogen aufs Produkt beim kleinen Shop ebenso sehe wie beim großen Bruder. Dort nämlich wird es vorkommen, dass Stammkunden nicht nur was die Bezahlung betrifft andere Konditionen haben als Neukunden. Ich habe diesen Fall öfter erlebt und die Antwort war gelegentlich “ach, denen schreiben wir dann eine separate Rechnung”. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich des Rätsels Lösung ist.

Auch ein Preis alles in allem ein separat zu behandelndes Objekt?

Marketing - eigentlich ein eigenes Thema, trotzdem ein paar Aspekte rund ums Thema Produkt. Meine ganz persönliche Einschätzung ist generell: weniger ist mehr.

Es ist notwendig, aber sollte zunächst ausreichend sein, neueste Produkte und Aktionsprodukte präsentieren zu können. Grund ist schonmal ein ganz einfacher: als Kunde möchte ich sehen, wie aktiv ein Shop ist. Wer wie ich viel im Internet shoppt und auch mal rechts und links an den Großen vorbeischaut, wird wissen, dass man manchmal den Eindruck hat, es dümpelten da eine Menge Leichen herum. Desweiteren sind gerade die neuesten und die Aktionsprodukte die, die ganz leicht per Newsletter oder Blog kommunizierbar sind und für die Aktualität und damit das Gefundenwerden mit verantwortlich sind.

Für den Shop aus technischer Sicht beispielsweise:

  • Sonderangebote, idealerweise mit zeitlicher Berfristung
  • Kampagnen für ganze Kategorien (” im November 5% auf alle Büroartikel der Firma X”), ebenfalls idealerweise mit zeitlicher Befristung
  • “two for the price of one” und Bundleangebote

Ich bin mir nicht sicher, in wie weit es im kleinen Shop nötig ist, Features wie Käuferbewertung zu integrieren. Käuferbewertung und Hits sind vor allem da sinnvoll, wo es große Produktpaletten mit Alternativangeboten gibt. Im kleinen Shop kann eine mittelmäßig bis schlechte Bewertung dazu führen, den Kunden zum Einkauf bei der Konkurrenz zu verleiten, die eben jene Alternativen anbietet, über die sich Käufer vielleicht an anderer Stelle im Netz informiert hat (dort ggf. mit jenen Hit-Sternchen).

Wichtiger hingegen unter Umständen: verwandte Artikel und Zubehör. Hier liegt ja auch die eigentliche Verkaufsstrategie: wer sich einmal für die teuere Digitalkamera entschieden hat, wird gerne auch noch gutes Zubehör dazu kaufen. Vielleicht auch gerne sehen, was andere bereits dazu gekauft haben. Vor allem sehen, was es im Shop denn noch so alles zu kaufen gibt.

Dies heißt aus technischer Sicht die Verknüpfung zwischen Produkten oder gar Kategorien über die Produkt SKU. Es mag unter Umständen “hinten” in der Datenbank weitere Identifier geben. Für den Nutzer ist das Eindeutigkeitsmerkmal die SKU.

Gerade was das Marketing betrifft, kann man bei genauem Hinschauen gerne vom Hundertsten ins Tausendste kommen - aber dann auch schnell vom kleinen Shop zur Enterprise Variante und nach Plan auch zu einem weiteren Beitrag… und der kommt auch, hoffentlich nicht allzu redundant.

Fazit

Vergleicht man den kleinen mit dem großen Shop, so zeigen sich die Anforderungen weniger beim Produkt sondern mehr beim Marketing. Da gerade der kleine Shopbetreiber (sofern es sich nicht um eine Nische handelt) aus Marketingsicht meist die schier nicht überbrückbar anmutende Hürde vor sich hat, nämlich das “bei Google an den Großen vorbeikommen”, muss Marketing anders funktionieren.
Auch ein kleiner spezialisierter Laden kann jedoch (aus technischer Sicht) komplexe Produkte vertreiben. Das Handling von Produkten mit Varianten unter Berücksichtigung der SKU sind dabei die absoluten Mindestanforderungen. Die stehen übrigens nicht nur in engem Zusammenhang mit Preisen und Preisstaffelung sondern auch mit Versandkosten.

 

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