Liebe Gewohnheit: von Schubladen und Bäumen

Haben wir uns einmal mit einem Konzept angefreundet, ist das ja gerne zunächst mal verinnerlicht und damit auch irgendwie manifestiert. So ähnlich dachte ich es mir beim zufälligen Blick auf die Suchphrasen, die so auf medamind führen. Dort fand sich nämlich folgendes “typolight kategorien wie in joomla”.

Tja, die gibt es leider nicht, die TYPOlight Kategorien wie in Joomla. Aber vielleicht lohnt sich doch noch mal ein Blick hinter die Semantik, hinter die Philosophie und ebenso ein abstrakter Blick auf das Prinzip Ordnung und Hierarchie?

Ich bin ja inzwischen der Meinung, dass Joomla eher der “Ausreißer” ist- und nicht TYPOlight. Und nach vielem Frust über manch unflexibles Handling mit eben jenem Konstrukt bin ich froh, dass ich gelernt habe, anders zu denken und meiner Gewohnheit zu entkommen. Aber ich erinnere mich noch genau an meine ersten TYPOlight Schritte, aus der Joomla Ecke kommend, nur noch in Sections (Bereichen) und Categories (Kategorien) denkend, mit der allerersten Frage “Was soll das denn?” und dem großen Aha Effekt.  Wenn ich heute darüber nachdenke, ist zwischen beidem eigentlich gar kein so großer Unterschied.

Von Schubladen

Sections und Categories - das Prinzip der Schubladen hatte ich verinnerlicht. Ich fand und finde es nicht immer flexibel und gerade bei der ein oder anderen konzeptuellen Layoutfrage (!) musste ich feststellen, erfordert das Denken in diesen Bereichen (große Schubladen) und Kategorien (Ordnungshalter in diesen Schubladen) doch irgendwie ein Um-Die-Ecke-Schauen.

Im Allgemeinen, ich denke, man kann das als Faustregel so stehen lassen, sind Sections vorwiegend die Links, die in einem horizontalen Topmenü eingesetzt werden würden, so wir denn mal in einem klassischen CMSiggen Seitenlayout denken wollen, während Categories und deren Links den kontextuell angezeigten oder aufklappbaren Seitenmenüs links oder rechts entsprechen. Alles, was darüber hinaus geht, kann, muss aber nicht klassifiziert werden.

Ich habe es oft erlebt, dass Nutzer irgendwann anfingen, die Sections und Categories über den Haufen zu werfen und alle Inhalte als “statische” oder “nicht-kategorisierte” Inhalte anzulegen. Gut, das geht, aber es ist nicht sinnvoll. Es ist nicht sinnvoll, weil es auf diese Art und Weise nicht möglich ist, automatisierte Menüs anzulegen, sondern man sich alles per Hand zusammensuchen muss. Auch das wirklich gut gemachte Prinzip der Menüitems vom Typ “Blog” - also jene Teaser Artikel Übersichten für Sections und Categories entfällt. Es bleibt viel Handarbeit, wenig Übersicht und alles in allem ein Konstrukt, das an Joomla vorbei gedacht ist. Finde ich.

Wer vor der ein oder anderen inhaltlich-konzeptuellen Hürde steht, wird feststellen, dass nicht jedes Section/Category Konzept sofort auf der Hand liegt. Manchmal wünscht man sich mehr Wiederverwendbarkeit, manchmal eine flexiblere Handhabe, vor allem aber die Einstellung, einen Artikel gegebenenfalls auch mehreren Kategorien zuordnen zu können. Denkbar ist hier vieles und die Probleme liegen hier nicht nur in jenem Schubladenkonzept sondern allgemein in der Joomla Architektur.

Trotzdem ist der Gewöhnungseffekt groß und die Verwunderung umso mehr, insbesondere dann, wenn man aus der Joomla Welt kommt, die hier sicher einigermaßen einzigartig ist, weil sie eben nicht mit einer Seitenstruktur, einem Seitenbaum, arbeitet. Sehen wir uns aber mal parallel dazu beispielhaft das TYPOlight Konstrukt an, das an dieser Stelle ganz anders funktioniert, so viel anders auf abstrakter Ebene aber vielleicht gar nicht ist.

Von Bäumen

TYPOlight sieht im Gegensatz zu Joomla sofort nicht nur die Kategorisierung , sondern die Seitenstruktur und die hierarchische Ordnung, insbesondere aber auch das Menü.

Auch hier gilt im Prinzip: einzelne Baumebenen geben Struktur, bilden Container und damit Schubladen für weitere Ordner und Ordnungshelferlein.

Ebene 1 ist beispielsweise eine Rubrik “Produkte”, Ebene 2 bildet darunter Rubriken für einzelne “Produktlinien” und in jeder dieser Ebenen “Produktlinie i” gibt es eine beliebige Anzahl von Seiten für einzelne Produkte. Das ist dann auch schon alles. Auch hier gilt analog als erste Maßnahme und um es sich ein wenig einfacher zu machen, die Vorstellung von der ersten Ebene als horizontales Topmenü und weiterer Ebenen als kontextuelle Submenüs links oder rechts.

TYPOlight macht nun allerdings eine wesentliche Sache anders als Joomla: es bringt eine Ordnung in die “Bereiche” und “Unterbereiche”, indem sich die Anordnung der Seiten sofort im Menü widerspiegelt. Man muss also in der TYPOlight (und auch in der TYPO3) - Welt von Beginn an nicht nur in Containern und Seiten, sondern in der gesamten Site-Struktur und in Menüs denken. Das macht die Sache zunächst vermeintlich komplizierter, wenn man aus Joomla Welten kommt, andererseits aber auch einfacher.

Bäume und Schubladen zusammenbringen - ein abstraktes Modell

Es liegt aufgrund der Macht der Gewohnheit natürlich nahe, das eine auch beim anderen suchen zu wollen, insbesondere Sections und Categories auch in TYPOlight zu suchen (denn ich glaube, die Richtung Joomla –> TYPOlight ist dann doch eine gängigere als umgekehrt).  Das Nette ist: das ist mehr als unnötig, es ist nämlich alles da.

In jedem CMS braucht es seine Ordnung. Die ergibt sich schon auf einem Blatt Papier oder bei ersten Schritten mit einer Mindmap: das Thema gehört hier hin, diesen Inhalt möchte man mit einem anderen unter der Rubrik zusammenfassen und so weiter und so fort. Die Baumstruktur einer Mindmap gibt im Grunde Seitenstrukturen, wie sie TYPOlight nutzt, schon vor. In kategoriebasierten Systemen bedeutet der Zwischenschritt das Anlegen von Sections und Categories, die jedoch in keinerlei Ordnung und Beziehung zueinander stehen. Section 1 steht also neben Section 2, ebenso wie dies für Kategorien auch der Fall ist.

TYPOlight nutzt die Reihenfolge und Ordnung im Baum, sprich die Eltern/Kind als auch(!) die Geschwisterbeziehung bereits für das Menü - das über ein entsprechendes Modul einfach “hinten raus fällt” - während man genau diese Ordnung in Systemen wie Joomla erst über ein Menü (auch ein Modul!) definieren muss, also einen Schritt mehr.

Natürlich erlaubt TYPOlight auch Menüs und Navigationsstrukturen, die aus dieser streng hierarchischen Struktur ausbrechen. Der Klassiker ist für mich ein Menü wie Kontakt/Anfahrt/Impressum, das einen für sich sehr alleinstehenden Bereich der Seitennavigation ausmacht.  Hier ist man dann (semantisch) wieder eher bei unstrukturierten, unkategorisierten Joomla Inhalten und dem Prinzip, sich sein Menü selbst zusammenzustricken.

Also - alles ganz einfach, oder?

Jedes CMS hat seine eigene Philosophie und seine eigenen Terminologien. Ich denke, jedes CMS hat außerdem den Anspruch an eine gewisse Flexibilität und vielleicht auch ein bestimmtes mentales Modell, das mit einen prototypischen Einsatzszenario verknüpft ist. Es macht beispielsweise durchaus Sinn, dass Wordpress das Thema Hierarchie in den Hintergrund rückt.

Alles in Allem ist es aber auf abstrakter Ebene durchaus vergleichbar: Websites brauchen eine Ordnung. Websites brauchen auch eine Hierarchie. An was man nun Ordnung und Hierarchie bindet (an die Organisation der Inhalte oder an deren Darstellung durch Module = Menüs) ist per se zunächst egal. Irgendwann jedoch braucht man sie.

Ich persönlich glaube, wir tun uns leichter, in Hierarchien und Seitenstrukturen zu denken. Viele Konzeptionshelferlein wie beispielsweise Mindmaps bauen genau auf dieses Prinzip. Das aber ist nur eine Vermutung. Wichtig beim Test oder Umstieg auf das ein odere andere CMS (Joomla und TYPOlight sind hier nur aus gegebenem Anlass die Aufhänger) ist es dann doch, sich zunächst einfach bewusst zu machen, dass jedes CMS ein bisschen anders “denkt”, um sich im nächsten Schritt genau darauf einzulassen und ein System wirklich auszureizen. Dann macht es so richtig Spaß.

 

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