Das Vektorgraphikprogramm

Gestern habe ich mich wieder einmal sehr gewundert. Word ein Vektorgrafikprogramm? Eine Aufgabe aus der Schule. G8, Bayern, Natur und Technik. Schwerpunkt Informatik.

Die Aufgabenstellung:

“Zeichne mit einem Vektorgrafikprogramm (Word) folgendes Bild” Es folgte eine Skizze: eine Zaun mit aufgepapptem Kreis  und etwas, das ein bisschen aussah wie das “Haus vom Nikolaus”.

Um es vorweg zu nehmen: der Lehrer macht seinen Job. Um ihn geht es hier überhaupt nicht. Auch wenn ich den Sinn der Aufgabenstellung nicht verstehe.

Es geht hier darum, was die Schüler überhaupt lernen. Lehrplan. Ist das alles sinnvoll?

Ziel des Lehrplans ist an dieser Stelle unter anderem  die Erfassung von Objekten als sogenannte Informationseinheiten in Graphiken, die Objekte einer Vektorgrafik: Attribut, Attributwert und Methode sowie die Beschreibung gleichartiger Objekte durch Klassen: Rechteck, Ellipse, Textfeld, Linie.

So denke ich, wenn ich programmiere… Oder gibt es Graphiker, die in Attributen und Methoden denken, während sie arbeiten? Ist das der erste, wirklich wesentliche Schritt?

Nun lernen also die Gymnasiasten, dass sich hinter Word ein Vektorgrafikprogramm verbirgt. Sie lernen, zumindest an dieser Stelle nicht, was ein vernünftiges Vektorgrafikprogramm ist. Word ist vor allem aber - Vektor hin oder her- alles andere als ein Grafikprogramm, auch wenn man damit grundsätzlich ein bisschen zeichnen kann. Es ist simpel ein Textverarbeitungsprogramm.

Warum lernen die Kinder nicht, wie man ein Dokument richtig gliedert? Wie man Texte richtig formatiert? Mit Tab und Absatz, mit Formatdefinition. Statt mit Leerzeichen…

Warum setzt man in einer Schule nicht auf Open Source und verwendet frei verfügbare Software, um sich des Grafikthemas anzunehmen? beispielsweise.

Verstehe ich das alles falsch? Langsam ist es immer häufiger so, dass ich meine Kinder in der Schule nicht mehr unterstützen kann, weil die Herangehensweise gänzlich meinem gesunden(?) Menschenverstand widerspricht.

 

2 Antworten zum Beitrag “Das Vektorgraphikprogramm”

  1. am 26 Jan 09 um 10:44 meint

    Das gleiche Problem hatte ich vor zwei Wochen auch und ich bin fast daran verzweifelt. Warum einfach wenn es auch umständlich geht?

  2. am 26 Jan 09 um 12:52 meint

    So sehr unterscheidet sich die Herangehensweise nicht zwischen programmieren und zeichnen. Sicher, wer “intuitiv” zeichnet oder, besser noch, malt, wird vielleicht gar nicht über das Wie nachdenken. Sobald es aber um genaue Wiedergabe geht, muss die visuelle Information gedanklich in einzelne Elemente zerlegt werden, muss deren Verhältnis untereinander hinsichtlich Formen, Größe und Zusammenspiel analysiert werden. Zeichnen lernen heißt sehen lernen, und das heißt letztlich nichts anderes als sich die Klassen, Objekte, Attribute und Attributwerte bewusst zu machen. Der Grafiker, der einen Dackel, einen Pudel und einen Briard zeichnen soll, wird sich als erstes überlegen: Was ist typisch an jeder der Rassen, was unterscheidet sie voneinander? Nur dann wird er, Talent und Routine vorausgesetzt, mit ein paar Strichen ein erkennbares Abbild hinbekommen.

    Ich interpretiere jetzt mal, dass es im Informatik-Lehrplan um Grundbegriffe der Informationsverarbeitung ging. Wenn das direkte Ziel nicht Programmieren ist, klingt das alles in der Tat etwas praxisfern. Andererseits, darf’s im Gymnasium nicht auch ein bisschen mehr Theorie sein? Die Klassen, Objekte und Attribute zu visualisieren finde ich immerhin einen sehr intuitiven Weg.

Auch was dazu sagen?