Abstand

Warum man gelegentlich wirklich Abstand braucht, habe ich heute nacht wieder einmal selbst erfahren dürfen. Heute bin ich nach einer eher wenig erholsamen Nacht einigermaßen gerädert aufgewacht.

Manches verfolgt einen eben bis in seine Träume…

Als ich damals Mathematik gelernt habe für meinen Abschluss, meinte ein Professor, es sei gar nicht schlecht, wenn man von der Mathematik träume. Es dauerte damals nicht lang und die Mathematik verfolgte mich wirklich bis in meine Träume. Meine Träume spielten in Hilberträumen und es gab keine Personen mehr sondern lediglich Operatoren. Meine Welt war rundrum differenzierbar, stetig oder unstetig und prallte in regelmäßigen Abständen an Grenzwerte. Ein konfuses Etwas, das sich Wochen wiederholte und dann abwechselte mit statistischen Themen.

Kurz zuvor war mir ähnliches passiert. Da hatte ich wie wild ein kürzester Zeit eine Magisterarbeit geschrieben und träumte nun auf der Tastatur: jedes Wort, das gesagt wurde, erschien mir als getippt, ich sah meine Finger über die Tasten wuseln. Meine Träume waren anstrengend - denn ich musste immer wieder überprüfen, ob ich mich nicht vertippt hatte. Wie besessen tippte ich im Schlaf weiter. Lauter wirres Zeug.

Ich hatte das lange nicht mehr. Heute nacht verfolgte es mich wieder. Diesmal wieder Statistik. Gestern habe ich nur Statistiken zusammengeschrieben, die ich die letzten Tage ausgewertet hatte. Tabellen zusammengestellt, Ergebnisse nachgeschlagen, Graphiken dazu gemacht und in den endlosen Auswertungen immer mit einem Auge auf der magischen Zahl 0.05. Das typische Signifikanzniveau, das bei Hypothesentests oder Mittelwertvergleichen herangezogen wird. 0.05. Das heißt, intuitiv erstmal gepolt zu sein auf alles, das kleiner ist als 0.05.

Und obwohl ich gestern abend nicht mal gearbeitet habe und obwohl ich noch eine Stunde die Augen offen halten konnte zum Lesen, liefen meine Träume ausschließlich nach Wahrscheinlichkeiten ab. Immer wieder die Frage “Sicher? Wie sicher? 0.05″ Ich bin ein paar Mal ziemlich genervt und verwirrt aufgewacht, um genau so konfus und irre weiterzuträumen. Bis ich schließlich sehr früh aufgestanden bin. Es reichte einfach. Rundrum.

Heute mache ich wieder Statistik. Aber mit mehr Pausen. Und irgendwann werde ich mich heute noch total ablenken, damit mir das nicht wieder passiert.

Ich brauche einfach die Abwechslung in meiner Arbeit. Leider geht das nicht immer. Gerade statistische Analysen erfordern Konzentration. Programmierung erfordert auch Konzentration, aber die Tätigkeit ist nicht so eintönig wie die Zusammenstellung endloser Zahlentabellen. Hoffentlich ist die Welt nachsichtig mit mir, während ich “Zahlen drehe”…

 

2 Antworten zum Beitrag “Abstand”

  1. am 10 Apr 09 um 18:02 meint

    Ich kenne das auf zwei unterschiedliche Weisen:
    1.) Ich kann nicht schlafen, weil die Problematik, die Aufgabenstellung oder einfach nur die Idee, mit der ich mich derzeit befasse so sehr beschäftigt, dass ich nicht aufhören kann, darüber nachzudenken

    2.) In seltenen Fällen - eigentlich ist es mir erst zwei mal passiert - kann ich gar nicht mehr abschalten. Dann sehe ich wie du - sobald ich meine Augen schließe - nur noch Quelltext.

    Dazu muss ich allerdings auch sagen, dass ich schon oft genug Dinge im Schlaf lösen konnte. Nicht selten wache ich zu merkwürdigen Zeiten auf, schalte den Rechner ein und konnte ein Problem dass mich tagelange beschäftigt hat in Handumdrehen und elegant lösen. Es ist wahrscheinlich wie bei so vielen Dingen eine faserige Grenze zwischen Sehen und Fluch.

  2. am 10 Apr 09 um 18:19 meint

    Anne-Kathrin

    Das Probleme im Schlaf lösen kenne ich auch. Manchmal ist es auch sowas wie “den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen können”.
    Und auch mathematisch habe ich damals einiges im Schlaf gelernt… naja, ein bisschen wenigstens ;-)

Auch was dazu sagen?