Das alles erschlagende CMS

Irgendwann, vor langer Zeit hatte ich mich ja hier mal über die Frage nach dem “richtigen” CMS ausgelassen und auch der Frage nach Spezialisierung. Dieser Tage kam die Frage wieder auf, durch jemanden, der das zu recht anders sieht und mir das in drei prägnanten Sätzen per Email erläuterte.

Mir war sofort klar, dass damit ein neuer Blogeintrag entstünde - auch wenn ich das Thema eigentlich weder breittreten noch wieder aufwärmen möchte. Zum Thema habe ich schon einiges geschrieben, beispielsweise unter der Rubrik CMS oder im Detail beispielsweise unter joomla.

Ich denke, es geht okay, wenn ich hier auszugsweise die entscheidenden Worte der Email wieder gebe, ohne sie unzitiert in indirekte Rede und Konjuktive zu pressen:

Natürlich hat mich die Frage nach dem “richtigen” CMS interessiert- und ich bin zu einem etwas anderen Schluss gekommen als Du: Statt zu viel dem Bauchgefühl zu vertrauen und das System zu nehmen, das einem am sympathischsten ist [...] hab ich in den sauren Apfel gebissen und das System gewählt, das für mich die größte Funktionalität, die weiteste Verbreitung und den besten Support bietet - kurz: Die beste Zukunftsaussicht und die besten Entwicklungschancen. Ich hatte befürchtet, dass ich mich ansonsten über kurz oder lang in mehrere Systeme einarbeiten muss :-(

Ihr dürft Euch selbst zusammenreimen, für was sich derjenige entschieden hat ;-)

Ich glaube, mein (damals durchaus etwas provokant dahingeschriebenes) Bauchgefühl und diese “andere Seite” widersprechen sich nicht grundsätzlich, aber sie entspringen einem anderen Ansatz, einer anderen Überlegung.

Über Szenarien

Ich hätte es genau so gemacht, wäre mein Nutzungsszenario ein anderes gewesen. Ich brauche ein System, mit dem sich schnell, unkompliziert und auch technisch kostengünstig (was nicht heißt “total umsonst”!) Websites umsetzen lassen, bei denen bereits zu Beginn absehbar ist, dass sich die Anforderungen innerhalb der nächsten Monate nicht eklatant ändern werden (in dem Fall heißt das: drastisch in die Höhe klettern). Und ich brauche ein System, bei dem nicht aus sicherheitsrelevanten Aspekten oder aber auch aus programmiertechnischen Aspekten alle paar Wochen ein Update zwingend nötig ist (der letzte kleine Seitenhieb bezieht sich dann doch auf meine fragwürdigen Joomla Erlebnisse, die ich gelegentlich hatte).

Ich habe mir Systeme angesehen, während ich im Kopf die funktionalen Anforderungen hatte, die sich in den letzten Jahren vorwiegend herauskristallisiert hatten. Es gab zusätzlich einige Aspekte, die auch die Template Engine betrafen. Keine Ahnung mehr, ob ich darüber schon geschrieben hatte, aber Joomla hat einige Problemchen, wenn es um das Hilghlighting von Menu Items geht - ich will da ehrlich gesagt nicht drüber nachdenken, ich will auch keinen Workaround. Ich will, dass das klappt, da bin ich Pragmatikerin.

So bin ich dann bei TYPOlight gelandet und mit etwas weniger Erfahrung damals in meinen Anfängen auch bei Joomla.

Die Entscheidung, das genau so und kein bisschen anders zu machen, habe ich nie bereut. Ich würde sagen: die System, die ich mir da ausgesucht habe, passen zu mir (oder haben zu mir gepasst) und zum Gros meiner Projekte und Kunden.

Soweit so gut ist das natürlich nur die eine Seite. Es gibt auch eine andere und da stimme ich meinem Leser und Kollegen vollkommen zu.

Über andere Szenarien

Setzt man von vorneherein auf Flexibilität mit der Hoffnung oder dem Wissen, was da alles an Anforderungen kommen könnte, bleibt einem nichts anderes als sich durchzubeißen (in diesem Fall weiß ich, die Entscheidung fiel nicht ohne Grund… ;-)) Da mag das ein großes Java basiertes CMS sein oder ein Silverstripe oder ein TYPO3, alles Systeme, die auf den ersten Blick gerne monströs und überdimensioniert wirken mögen (nein bitte keine Grundsatzdiskussionen…), die aber den Vorteil haben, nicht so schnell an ihre Grenzen zu stoßen und ein Framework  bilden, das Basis für mehr sein kann als nur ein “normale Website” - sorry, Thomas , das ist da, wo Joomla einfach auch nicht mehr so schnell mit kann, auch wenn ich deine Motivation kenne und verstehe ;-)

Wer nochdazu (und da begebe ich mich schnell mal gedanklich auch in meine Sharepoint Welten) die Möglichkeit, die Zeit und das Budget hat, sich in ein System einzuarbeiten (damit meine ich, wirklich zu wissen, an welcher Schraube man drehen muss und - wenn es um Open Source geht- den Quellcode schon im Schlaf runterzubeten), wird sich schneller an ein “Monster” in den oben genannten Dimensionen wagen, in den saueren Apfel beißen und nach Monaten, wenn nicht gar Jahren, die positive Erfahrung gemacht haben, dass er das System aus dem EffEff kennt. Er hat damit nicht nur ein geistiges Kapital angehäuft, das unübertroffen und beneidenswert ist.

Für die kleine Website, für die Standards - da möchte ich aber doch mein Bauchgefühl-gesteuertes TYPOlight oder auch ein Joomla nicht missen. Allein schon - und auch da bin ich pragmatisch-  weil ich mich hart tue, einem Kunden zu erläutern, warum er sich Gedanken über einen mindestens gut ausgestatteten virtuellen oder gar Root Server machen sollte (schließlich soll sich ein CMS auch wohl fühlen). Zumindest solange ich selbst keine Ambitionen habe, Websites im Rahmen eines Art Reseller Modells selbst zu hosten.

Von Hoffnungen und dem Wissen, was richtig wäre

Ich habe genau aus dieser Überlegung heraus die Hoffnung nicht aufgegeben, eines Tages mit Hilfe des 48 Stunden Tags genau eines dieser Systeme in den Griff zu bekommen. Ich sag Euch noch was anderes, was mich daran reizt, ungeachtet der Flexibilität und Mächtigkeit: es kann einem einen unheimlichen Kick verursachen, ein System wirklich zu verstehen. Es gibt einem ein vielleicht trügerisches, aber durchaus nicht unangenehmes Gefühl, ein bisschen mehr “Herr über die Technik” zu sein.

Danke für den Einwand oder besser die Überlegung generell. Es ist wichtig, das zu differenzieren. Mir hat es, viel wichtiger, mal wieder den Ansporn gegeben, mir nun endlich die Zeit freizuschaufeln, eine richtige Entscheidung zu treffen, wenn es um berufliche Zukunft geht. Ich bin nämlich eigentlich der Überzeugung, man braucht sowas im Repertoire, wenn auch mit viel viel Arbeit und Fleiß verbunden.

Dass man es als Freelancer schwer hat, einfach weil ständig die Uhr tickt und die Zeit rennt und man eigentlich permanent nur am “Dranbleiben” ist - das ist natürlich wieder eine andere Geschichte. In diesem Sinn bin ich wie immer ständig auf der Suche.

Die Sache mit dem Upgrade bedarf noch einer Anmerkung:
Es ist mir, dafür bin ich lange genug dabei, durchaus bewusst, dass viele Sicherheitsfragen mit PHP im Allgemeinen zu tun haben und dass es mit zum Konzept des Open Source gehört, regelmäßig Updates anzubieten etc. Es ist mir natürlich auch bewusst, dass beispielsweise Joomla gerne mal schnell in die Schlagzeilen gerät, aber auch andere Systeme mal die ein oder andere Sicherheitslücke mitbringen.
Wie dringend und umfangreich so ein Upgrade dann ausfällt, ist allerdings die andere Sache… Ein Rattenschwanz an Inkompatibilitäten - das kann es jedenfalls nicht sein.

 

Auch was dazu sagen?