Drei völlig unabhängige Punkte zum Onlineshop

Vor einiger Zeit war ich viel mit einem Online Shop beschäftigt.

Es gab einige, thematisch vollkommen unanhängige Fragen, die ich bereits zu Beginn des Projekts angesprochen hatte. Trotzdem wurden sie entweder unzureichend beantwortet oder immer nach hinten gestellt und tauchten in regelmäßigen Abständen wieder auf. Ungut deshalb, weil sowas nicht nur den Projektverlauf stört. Und eine Erfahrung gerade in diesen drei Punkten, die ich nun schon öfter gemacht habe.

Die Warenwirtschaft oder Infos zum Warenbestand

Gerade wer einen kleinen Shop eröffnen möchte, macht sich gerne mal keine Gedanken über die Frage nach der Warenwirtschaft. Der eine hat bereits eine in seinem realen Ladengeschäft und denkt daher gar nicht darüber nach, dass mit einer Shopsoftware ein weiteres System hinzukommt, das irgendwie mit einer bestehenden Software zu einem ganz realen Gesamtergebnis gemappt werden muss. Der andere - vielleicht an dieser Stelle der Glücklichere- hat keine und wird daher automatisch den Warenbestand im Online Shop mitführen. Ganz real werden sich viele Neulinge oder weniger gut informierten Kunden gegen die Programmierung einer Schnittstelle entscheiden, weil diese mit Kosten verbunden ist. Sie werden sich höchstens dann für eine Softwarelösung entscheiden, die für genau die von ihnen verwendete Warenwirtschaft bereits eine Schnittstelle anbieten.

Neben dem ganz normalen Aspekt des Datenbestands kommen aber so ganz ohne Nutzung der internen Warenwirtschaft im Shop noch andere Fragen hinzu: Was passiert, wenn ein Produkt nicht vorrätig ist? Wie wird der Käufer über die Lieferbedingungen informiert? Wie kann man ihn darüber informieren, dass dieses Produkt eventuell nicht immer im Warenbestand ist und extra bestellt werden muss?

Hier beginnen reine Organisation und Fragen von Service und Usability zu vermischen.  Nachher geht da eigentlich wenig… außer die deutlich weniger kostengünstige Schnittstellenprogrammierung und natürlich eine Anpassung des User Interface.

Es empfiehlt sich, das Thema Warenwirtschaft wirklich zum Thema zu machen und sich nicht mit Ausreden und Ausflüchten zufrieden zu geben. Nichts ist ärgerlicher, als dann doch irgendwann sagen zu müssen, man könne sich zwar darum kümmern, aber das sei eine Frage des Budgets und vor allem nicht Teil des bisherigen Vertrags.

Medien, Texte und Produktinformationen

Es ist eine recht übliche Formulierung in Verträgen und AGBs: der Kunde liefert die Bilder in digitalisierter Form. Das ist eine durchaus durchführbare Aufgabe, wenn es sich um ein paar Fotos oder Graphiken handelt. Im Shop kann das anders aussehen. Vielfach lässt man sich von den Herstellern Bilder oder eine Fertig-CD schicken. Und vielfach hat der Kunde damit ein Problem. Die von den Herstellern gelieferten Bilder können nämlich meherere Fallstricke auf einmal beinhalten: Bilder für Print in CMYK aufbereitet, Dateinamen mit Umlauten und Leerzeichen und natürlich Dateien in Megabytegröße - also alles nichts fürs Web.

Der Laie weiß nichts von CMYK, er weiß nichts von RGB, er kennt sich weder mit Dateibenennungen aus (Word sei Dank!…) und er hat vielleicht mal vage gehört, dass Dateien im Web aufgrund der Ladezeiten nicht riesig sein sollten - aber was ist schon riesig.

Da gerade dieser Aspekt, trotz nützlicher Features wie Stapelverarbeitung, natürlich prinzipiell ein Klacks ist, aber  bei mehreren tausend Bildern, die womöglich noch zugeschnitten werden mussen, doch ins Gewicht fällt, ist es wichtig, darüber zu reden, Absprachen zu treffen und auch zu erörtern, zu welchen Schritten der Kunde noch selbst in der Lage ist.

Gleiches gilt für den Produktkatalog. Wir wissen: der geht nicht automatisiert von CD in die Excel Tabelle und dann via CSV ins Shopsystem. Der Kunde weiß das nicht. Er weiß auch nicht, wie er, - und das ist gerade bei großen Warenbeständen interessant - beim Großhändler oder Hersteller anfragen muss.  Eine schreibgeschützte PDF Datei ist sicherlich nicht das Optimum…

Versandkosten

Mancher Shop hat es einfach mit Versandkosten - weil die Produktpalette einheitlich ist und damit auch der Versand gut kalkuliert werden kann. Mit einem großen und recht inhomogenen Sortiment sieht es anders aus. Es ist Sache des zukünftigen Shopbetreibers, hier Strategien zu finden. Leider machen es die großen Versender nicht unbedingt leicht, sich durch den Tarifdschungel zu quälen, insbesondere schlagen oft schwere Pakete für den kleinen Shop oder den Shop-Newbie derart zu Buche, dass schnell mal notgedrungen die Entscheidung fallen mag, einige Artikel ganz aus dem Sortiment zu nehmen.

Für mich, die schon viele Shops gemacht hat ist klar: wer gewichtsbezogen gestaffelt versenden möchte, muss das Gewicht einzelner Produkte nicht nur erfassen sondern auch kennen (und da sind nicht unbedingt die großen, schweren, sondern die kleineren, leichten Produkte in der Summe ein Problem). Das alles ist aber nicht unbedingt dem Kunden klar. Er weiß, dass er  einen Packen mit 500g Papier verschickt und was das wiegt. Das die Shopsoftware das nicht weiß, ist ihm zunächst nicht klar.

Gut, die Versandkosten betreffen den Webdesigner eher weniger, möchte man meinen. Ich sehe das etwas anders. Versandkosten sind ebenso wie Bezahlmethoden durchaus Gründe, um im letzten Schritt aus einem Kaufprozess auszusteigen. Ein Thema also, das durchaus in das Gesamtprodukt “Onlineshop” gehört und nicht isoliert als “administrative Frage” in Kundenbelangen betrachtet werden darf.

Fazit-ähnlich

Man würde noch eine Reihe anderer neuralgischer Punkte hinsichtlich des Online Shops finden. Für den Anfänger sind die drei Aspekte meines Erachtens symptomatisch und verdienen daher aus Sicht des Webentwicklers besondere Beachtung bei der Betreuung des Kunden.

Insbesondere aber zeigt es eines: Der angehende Shopbetreiber kommt nicht umhin, sich vorab eingehend nicht nur mit Konkurrenzshops und Best Practices sondern auch mit einigen technischen Fragen zu beschäftigen. Anderenfalls muss er sich umfassend beraten lassen und auch die ein oder andere Dienstleistung “einkaufen”.  Einfach mal schnell ein Online Shop, das ist etwas, das gar nicht funktionieren kann (und impliziert es nicht auch schon, dass man in Zukunft Gefahr läuft, die Wartung zu vernachlässigen?).

 

3 Antworten zum Beitrag “Drei völlig unabhängige Punkte zum Onlineshop”

  1. am 04 Jun 09 um 21:54 meint

    100% korrekt - und lässt sich je nach Branche fast beliebig erweitern! Wer denkt nicht gern an finnische Drucker zurück ;-)

    Gruß,

    Thomas

  2. am 04 Jun 09 um 23:10 meint

    Thomas

    noch ein Thomas:-)

    Ja das sind spannende und zutreffende Bescheibungen.
    Ich bin bei einem potentiellen Kunden über die beschiebenen Punkte nicht hinausgekommen.
    Das mehrere 100 Produkte nicht eben mal in wenigen Stunden zu erfassen und integrieren lassen ist nicht klar gewesen…

    Vorallem wenn es auch noch gestaltet dargestellt werden soll :-)

  3. am 05 Jun 09 um 17:18 meint

    Anne-Kathrin

    Ja, es ist dann manchmal schon verwunderlich, wie blauäugig da der ein oder andere rangeht.
    Finnische Drucker :-))) Da lag das Problem wahrscheinlich aber auch in der Komplexität der ganzen Angelegenheit.

Auch was dazu sagen?