Mein Versuch, mich zu managen

Heute ein Beitrag zu einem Thema, dessen ich mich schon gelegentlich mal annehmen wollte. Ich erinnere mich daran, dass mich vor einiger Zeit ein Kunde ansprach und meinte, es sei bemerkenswert, dass ich im digitalen Zeitalter und nochdazu als die Webfachfrau mit einem Filofax unterwegs sei. Ich bin es immer noch. Wenn es um Management von Projekt oder Termin geht, dann bin ich konservativ.

Konservativ? Wirklich? Mir gefällt ja alles möglich, aber das Wort passt dann doch nicht so wirklich zu mir, finde ich. Aber was will ich machen? Ich hab schon allerhand ausprobiert.

Es war einmal

Früher zu meinen “Teamzeiten” hatten wir Outlook. Ich kam gerade frisch von der Uni und hatte überhaupt keine Ahnung, wie man so richtig im Team kommuniziert, - elektronisch versteht sich. Ja, ich wusste nicht mal, wie wichtig das ist. Es war mir bisher fremd, welche Emailfluten die Organisation eines Betriebsausflugs nach sich ziehen könne und welch existenziell wichtigen Fragen da geklärt sein wollen. Die Welt des absurden Procederes  “ich renn mal schnell ins nächste Büro, schreibe aber vorher noch eine Mail” war mir einfach fremd.

An Outlook gewöhnt man sich schnell - insbesondere dann, wenn einem nichts anderes übrig bleibt. So richtig habe ich mich aber nicht an die Idee gewöhnen können, auch meine eigenen beruflichen oder gar privaten Termine dort zu verwalten. Ich habe es gelegentlich versucht. Dann bimmelte der virtuelle Wecker, ich änderte die Timeline auf drei Wochen später oder quittierte mit Klick, weil ich das schon längst erledigt hatte. Ein jämmerlicher Versuch der Selbstorganisation mit den für mich falschen Mitteln.

Als ich begann, selbstständig zu arbeiten, stellte sich natürlich auch schnell die Frage nach der richtigen Organisation: Auf Outlook hatte ich keine Lust mehr, aber ich probierte elanvoll einige Methoden aus, meinen eigentlich dann doch recht überschaubaren Terminkalender zu organisieren. Schließlich soll auch der Start schon total professionell sein - und das fängt schon beim Selbstmanagement an. Der Versuch war ebenso jämmerlich wie meine Outlookbegegnung. Ich stellte nach drei Tagen fest, dass es sich bei meinen Terminen meistens um die Kinder handelte, was bisher auch ohne Organizer funktioniert hatte. Und ich stellte fest, dass es Time-Wasting ist, was ich da betreibe: ich, auf der Suche nach dem Orga-Tool.  Ich beschloss, mich erstmal in dieser Form gar nicht zu organisieren.

Das Projekt

Schön, dass ich dann eines Tages auf anderer Ebene doch mit der Notwendigkeit der Organisation konfrontiert wurde: das Projekt, - ich meine ein großes Projekt.
Wie schön auch, dass die Open Source Welt einige Projektmanagement Tools bereit hält, die schnell auf irgendeinem Server installiert sind und die Basis bilden sollen für die Erweiterung des eigenen Hirns als auch für die Kommunikation mit Kollegen und Kunden.

Das Problem ist nur: diese Monster können alles. Sie können zu viel. Bis man da durchgestiegen ist, hat man wertvolle Zeit verplempert. Genau. Verplempert.
Der Kunde möchte außerdem so ein Tool nicht nutzen. Er möchte nicht sehen, was sich da so tut, im Projekt. Er möchte auch keine Bugs oder Feature Requests online übermitteln. Er möchte Emails schreiben und persönliche Antworten auf seine individuellen Fragen.

Besonders hart aber habe ich mich immer mit der Fragestellung “zu wie viel Prozent ist eine Aufgabe fertig gestellt?” getan. Ich kann nach Fertigstellung sagen: zu 100% - aber ich kann kaum sagen, was 30% oder 58% sind. Bis heute frage ich mich, ob jemandem diese Angabe in kontinuierlicher Aktualisierung schon einmal mit 100%tiger Sicherheit gelungen ist. Da müsste man dann schon einen Projektfahrplan ebenso genau dokumentieren… Nur leider, wir wissen das, sind Projektfahrpläne geduldig, so lange sie auf Papier stehen. Hier eine neue Anforderung, da eine Verzögerung, sei es wegen Urlaub oder weil sich plötzlich eine nicht zu erwartende Hürde eingeschlichen hat.

Ich habe auch versucht, Projektmanagementtools mit Kollegen einzusetzen. Ganz abgesehen, dass es schwierig ist, solcherlei Projekte mit Kollegen, so gut die Idee und so nett die Kollegen auch sein mögen, durchzuziehen, weil eben jeder sein eigenes Ding nebenher macht, ist es schon einmal eine Hürde, sich überhaupt gemeinsam durch ein solches Tool durchzuwühlen, zu entscheiden und das Projekt noch in seinen Kinderschuhen dort zumindest in Eckpunkten zu definieren. Stellt man dann fest, dass es schon an der Planung der Planung scheitert- dann sollte man entweder das Projekt in Frage stellen oder andere Organisations- und Kommunikationswege finden.

Übrigens habe ich mir überlegt, könnte man auch Sharepoint prima als ein solches Tool nutzen. Die Gründe, die dagegen sprächen, sind allerdings die alten.

Viele meiner professionell dargestellten Projektorganisationsversuche scheiterten damit - und verliefen im Sand.

Nichts desto trotz war es dann doch irgendwann Zeit, nichts zu vergessen und Zeitpläne zu machen. So wie ganz zu Beginn geplant. Jetzt eine Notwendigkeit. Also nochmal von vorne… und das alte Dilemma.

In Kalendern fehlte mir eine flexible und individuell anpassbare Wiedervorlage, mit dem Prozentsatz der Fertigstellung kam ich immer noch nicht klar und da ich an zwei Rechnern arbeite, war ich natürlich immer dann an der falschen Maschine, wenn ich daran erinnert hätte werden sollen.  Allein die Klassifizierung von Aufgaben und dieses umständliche Beschreiben und Betiteln machte mich schon beim Nachdenken wahnsinnig.

Auch die Variante Handy und Mobil hat mir nie so gefallen. Dieses Getippel und Gebimmel einerseits und andererseits diese ebenso restriktive Art und Weise, überhaupt irgendwas da unterzukriegen. Nein, ich kann mich bis heute nicht mal daran gewöhnen, meine Mailbox mit dem Handy zu connecten. Vielleicht ja, weil ich kein iPhone habe? ;-)

Mein Filo

Ein Bekannter brachte mich auf den Filofax. Es sei alles ganz einfach: man müsse ihn nur nutzen. Und so begann ich, mir die stylischen Lederteile anzusehen und mich mit dem “einfach nur nutzen” anzufreunden. Und ich wünschte mir einen zu Weihnachten, vor 2 Jahren. Den bekam ich natürlich auch.

Seither bin ich glücklich mit meiner Papiervariante. Ich habe Einlegeblätter der Form “2 Seiten pro Woche” - das reicht. Ein Tag - eine Seite, das war einfach zu viel und die Seiten zu leer.
Hier kommt alles rein und ich weiß nun erstens, was ich gemacht habe, wann ich wohin gefahren bin und dank der Task Einlegeblätter habe ich auch alle ToDos im Griff. Achtung, was ich nicht bin, ist eine Mutter, die jeden nur erdenklichen Termin ihrer Kinder dokumentiert.
Da ich meinen Filo immer ein wenig ordentlich halten will (mein Spleen…) mache ich oft abends einen Zeitplan für den nächsten Tag. Auf PostIt Notes. Die pappen dann auf den Seiten und werden abgearbeitet. Dann wird der Filo aktualisiert.

Das mag komisch anmuten, aber ich bin sehr glücklich. Ich kann so organisieren, wie ich will und so dokumentieren wie ich will. Nichts mehr mit restriktiven Programmen oder komplizierten Konstrukten, die wie mit Kanonen auf Spatzen daher kämen.

Und auch meine Projekte bekomme ich dort unter: in Form meiner geliebten Blättersammlungen, teils abgeheftet, teils lose (denn mein Filo hat einen Reißverschluss, auch wenn das die Männervariante ist, empfinde ich das als total wichtig) und das ein oder andere dann auch gelegentlich irgendwann zum Wegwerfen.

In meinem Filo kruscheln, das macht Spaß und in meinen Filo schreiben, das macht auch Spaß.  Der Filo passt zu mir, weil ich ihn so schön anpassen kann. Nur Montag bleibt Montag.

Im Moment werde ich sicherlich nicht ausprobieren, wie ich mich innovativer oder besser organisieren könnte. Es würde wieder nur auf Zeitverschwendung hinauslaufen. Mich wird auch das beste Tool nur dann überzeugen, wenn mich jemand, der es selbst glücklich nutzt, mit sehr guten Argumenten überzeugt. Und mich wird auch das beste Tool nur dann überzeugen, wenn es mich auf den ersten Blick anspricht.

Außerdem muss dann wirklich nicht alles organisiert werden. Nicht alles muss genauestens gemerkt und erinnert werden. Manchmal kann man auch noch ein bisschen seinen Kopf nutzen.

 

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