User Experience? Die Rolle des CMS

“Kann das CMS das denn?” - eine ganz typische Frage, wie man sie in diversen Foren einzelner Content Management Systeme findet.
Die Frage ist durchaus berechtigt (und kann vom Webworker mit einiger Erfahrung auch ohne Forensupport beantwortet werden), schließlich wünscht man sich für das neue Projekt bereits einen Großteil der Funktionalität “on Board” und möchte wissen, ob es für diese und jene, oft recht spezielle Anforderung, ein passendes, flexibles und skalierbares Addon gibt.

Und doch gibt es einen zusätzlichen, anderen Aspekt: den späteren Benutzer, den Websitebetreiber. Kann die  Wahl des richtigen CMS die User Experience im Bereich Service  verbessern und damit auch für einen angenehmen Projektverlauf sorgen? Kann und wie weit darf das Werkzeug, das wir nutzen, ein wesentliches Kriterium im Kundenservice sein?

Service Design ist Customer Experience Design habe ich dieser Tage gelesen - das gilt dann auch fürs CMS als Teil des Service, den ich anbiete.

Der Service, das Produkt, der Kunde und der Kunde des Kunden

User Experience verbessern - fälschlicherweise oft als Synonym für Usability gebraucht- ist eine Strategie, die den Erfolg eines Produkts und damit auch eines Internetangebots deutlich in die Höhe pushen kann.  Ein Mehrwert.
Typischerweise denken wir  bei User Experience an den Endnutzer einer Website und das ist der Besucher oder der Kunde des Kunden. Falsch oder besser unzureichend wie ich finde und so hatte ich vor einiger Zeit auch für mehr Service im Webdesign geworben. Auch die Wahl des geeigneten CMS spielt dabei eine Rolle, und zwar keine unerhebliche.

Vor einigen Monaten hatte ich etwas zur Wahl des CMS geschrieben und zur Spezialisierung auf ein CMS. Das, was ich letztendliche Bauchentscheidung genannt habe, ist bei einigen nicht so recht angekommen. Dies sei kein Kriterium. Inzwischen merke ich: mein Bauchgefühl hat etwas damit zu tun, was ich meinem Kunden gerne anbieten möchte und es hat ebenso damit zu tun, wie ich mich wohlfühle (eine Grundvoraussetzung, auch dem Kunden etwas bieten zu können - finde ich).

Wir, die Webworker bieten ja mehrerlei an: einen Service und ein Produkt (die Website). Hier der Kunde, da der Kunde des Kunden. Und die Schnittstelle zwischen Produkt und der Langlebigkeit des Produkts sowie des Produkts bildet unter anderem das Content Management System, meist in irgendeiner Form genutzt vom Kunden. Wir bieten also je nach Vertrag noch mehr: die Möglichkeit, aus einem Produkt Mehrwert zu generieren. Das CMS spielt also eine Schlüsselrolle. Nicht nur aufgrund seiner Funktionalität fürs Frontend.

Der Wunsch des Kunden - zu hoch gesteckt?

Der Kunde hat keine Lust auf Technik. Er möchte nicht belastet werden mit Begrifflichkeiten wie Webserver, FTP, Rechtesystem und so weiter. Das “Einhängen” neuer Inhalte soll “fast von allein” funktionieren. Er möchte wahrscheinlich nicht einmal merken, dass er einen Editor benutzt und HTML - nein. Er möchte das System nutzen, um seine Website zu aktualisieren. Problemlos, intuitiv und erfolgreich. Mit möglichst kurzer Einarbeitungszeit, steiler Lernkurve. Und das möglichst fehlerresistent. Ein Hilfsmittel. Nicht mehr. Nicht weniger.

Der Kunde möchte aber noch etwas anderes. Er möchte, dass sein Internetauftritt funktioniert. 24 Stunden am Tag. 365 Tage im Jahr. Und er möchte das Gefühl, für den von ihm gezahlten Preis sei dies nun eine nachhaltige Lösung. Eine gelungene Investition in die Zukunft. Eine, die sich außerdem seinen Bedürfnissen anpasst - und Anforderungen sind heute sehr “dynamisch”, denn die Zeiten sind schnell.

Wir Techies sagen gerne, das sei so alles nicht möglich, denn so einfach gehe es ja dann doch wieder nicht. Vorkenntnisse seien da schon erforderlich oder ein gewisses Eigenengagement. Auch ich habe mir kürzlich überlegt, welches Vorwissen der frischgebackene Websitebetreiber nun eigentlich mitbringen müsste.

Wenn wir uns die Wünsche also mal so überlegen, stellen wir übrigens fest, dass unsere Wünsche sich genau auf dieser Ebene bewegen, wenn wir meinetwegen einen neuen Rechner oder eine neue Kamera kaufen. Die Wünsche sind legitim (auf welche Probleme wir stoßen, weil wir mit dem Rechner nicht umgehen können oder geschossene Bilder grundsätzlich verwackeln, ist dann eine andere Sache!).

Neue Anforderungen an ein CMS

Die Anforderungen an ein Content Management System werden damit umfangreicher. Nicht nur sollen sie nun die technischen Features mitbringen, um einer langen Anforderungsliste gerecht zu werden - sie sollen auch den Kunden rundrum zufrieden stellen: positive User Experience innerhalb des Services. Von der ersten Demo über die Schulung bis hin zur späteren Benutzung und technischen Stabilität.

Und während wir uns überlegen können, dass ein vernünftiges CMS die wesentlichen Eigenschaften schon mitbrächte, müssen wir uns eigentlich eingestehen, dass es Systeme gibt, die uns auf den ersten Blick, aber vielleicht auch auf den zweiten, abseits jeglicher Funktionalität mehr oder weniger ansprechen.

Bedenkenswert sind eine Reihe von Funktionen, wie beispielsweise die Rechtevergabe fürs Backend, die Anpassungsfähigkeit und Bedienbarkeit von Editor und Dateimanagement/Medienverwaltung. Auch die Frage nach undo und Versionsmanagment sind durchaus eine Überlegung - sogar bei der One-Person-Pflege, denn es erleichtert die Fehlerbehebung, wenn doch mal etwas schief gehen sollte. Bedenkenswert ist aber auch das Look and Feel der Administrationsoberfläche - die muss einfach um “Typ Kunde” passen. Ich bin der Meinung, dass ein Kunde, der eine elegante Website wünscht und insgesamt auch einer der “klassische Typ” ist, ein System zu schätzen weiß, das ihm in seinem persönliche ästhetischen Empfinden entgegenkommt. Umgekehrt mag es vielleicht der ein oder andere lieber weniger seriös? Nein, ich glaube, die andere Richtung ist wichtiger.

Ein interessanter weiterer Punkt ist die “Architektur”. Das Angelegen von Seiten, das Einklinken von Erweiterungen und ein bisschen Verständnis für das zugrundeliegende Prinzip. Nicht technisch, aber konzeptionell. Es erleichtert nämlich das Verständnis für aktuell anstehende Aufgaben ebenso wie die Vorstellung von ToDos während der späteren Pflege.

Und dann wäre da noch die Wartung. Kein unkritischer Punkt, denn Systemupgrades sind immer irgendwie mit Zeit und Geld verbunden. Die Akzeptanz ist hier grundsätzlich da, allein wenn es um Sicherheit geht. Es fragt sich nur, wie häufig. Ein stabiles System jedenfalls wird auch dem Kunden ein Gefühl der Sicherheit geben - etwas, das wir uns doch alle irgendwie wünschen.

Gut - das alles ist zunächst wünschenswert und an wesentlicher Stelle steht dann doch die Frage nach der Funktionalität, schlicht deshalb, weil Menge und Umfang individueller Anforderungen mit die Kostenfrage beeinflussen. Wenn wir es aber schaffen, ein CMS auszuwählen, das nicht nur kann, was es soll, sondern zum Kunden passt und ihm vom ersten Moment an Lust auf Web macht und für Spaß am Projekt sorgt (oder eines, das entsprechend angepasst werden kann, um genau diese Anforderungen zu erfüllen), dann haben wir einen wesentlichen Schritt getan, um -nicht nur aus technischer Sicht- unseren eigenen Service zu verbessern.

 

Eine Antwort zum Beitrag “User Experience? Die Rolle des CMS”

  1. am 15 Okt 09 um 17:42 meint

    [...] User Experience? Die Rolle des CMS [...]

Auch was dazu sagen?