“zwangsinformiert”

Etwas schwierig hat es der, der mit seiner Website Informationen an den Mann oder die Frau bringen muss, die zwar zwingend erforderlich sind, bei der Zielgruppe aber eher unter notwendiges Übel rangieren. Eine Informationssite, an der man nicht vorbei kommt. Non Profit versteht sich. Eine Behörde beispielsweise.

Jeder, der schon mal auf einer “Governmentseite” war, weiß, was ich meine… Ein paar Überlegungen am Beispiel Website, die aber gerne auch auf anderes übertragen werden können.

Leicht ist man geneigt, zu vermuten, hier spiele Usability eine untergeordnete Rolle, das sei was für die “Verkaufsseite” oder die “klick mich, ich bin dein Dienstleister”-Variante. Schließlich merkt man rückläufige Besucherzahlen nicht am Umsatz, denn den gibt es nicht, und auch das “die Besucher kommen eh nicht drumrum und brauchen die Information” ist da schnell mal eine ganz pragmatische, vor allem aber falsche Überlegung.

Wer nicht will…

Wer nicht will, der muss eben. Meinetwegen auch ein Internetangebot durchforsten, dass zwar über die Maßen informativ ist, jedoch nicht für alle Besucher gleichermaßen interessant. Schlimmer, wenn es um richtig trockene Themen geht, die in ebenso trockenen Sätzen dargestellt sind und das über Seiten. Es ist nur zu vermuten, dass sich der ein oder andere schlicht durchquält, während der Macher des Internetangebots natürlich um die Wichtigkeit der Inhalte weiß, vor allem aber darauf pocht, dass all die Informationen auch ankommen müssen, koste es, was es wolle. Das Ziel ist eigentlich, auch am Telefon auf das über die Maßen umfangreiche Internetangebot hinzuweisen. Das steht es ja… Nur an die Usability und an die User Experience wird zuletzt gedacht. Mit der Seite klar zu kommen, sei, - aus Sicht des Betreibers verständlich?- allein Sache des Lesers.

Das muss aber nicht unbedingt so sein… Man kann alle Beteiligten glücklich machen, ohne Missmut, ohne Druck. Mit ein bisschen Strategie einerseits und ein bisschen freundlichem Blick auf die Besucher andererseits.

Ein bisschen Freude

Ein bisschen Spaß darf doch dabei sein, oder? Auch für den, der sich durch staubtrockene, lange Informationen wühlt und Fakten sucht, die er zwar braucht, aber eben nur als “notwendiges Übel” und nicht als “nice to know”.
Und vielleicht erreicht man mit etwas “Freude bei der Benutzung” sogar einen Nebeneffekt, den man  in dieser Form nicht ansatzweise in Betracht gezogen hatte: die Besucher sind nachher nicht nur informiert sondern informieren sich auch darüber hinaus und beginnen vielleicht sogar, sich in gewisser Weise für die Thematik zu interessieren? Und last but not least wird man verbesserte Usability und “some positive user experience” unter Umständen an weniger Anrufen und weniger Parteiverkehr spüren können - wenn wir beim Behördenbeispiel bleiben.

Wie könnte das gehen? Die interessantere Frage, der ein bisschen was von “jederzeit Spaß in der Schule” anhaftet. Zunächst allerdings sollte man sich bewusst machen, dass die Frage nach dem Text eng verbunden ist mit der Frage nach Usability ebenso wie mit der nach Informationsarchitekturen. Die einzelnen Elemente eines Webauftritts kann man einfach nicht isoliert betrachten.

Ein paar vielleicht inspirative Ideen, einfach mal kurz gebrainstormt:

  1. Mehrstufiges Konzept mit unterschiedlicher Detailtiefe
  2. Praxisbeispiele
  3. Rezepte
  4. Weblog mit Erfahrungsberichten und Diskussionsmöglichkeit

Es gibt Texte, an denen aufgrund inhaltlicher Anforderungen einfach kaum etwas zu drehen ist. Man kann sie nicht netter formulieren. Nicht zu verwechseln ist das allerdings mit der Annahme, man könne sie nicht besser strukturieren oder zusätzliche Kurzfassungen anbieten. Auch ein Eyecatcher, eine kurze, knackige Zusammenfassung der wichtigsten Informationen eines Absatzes ist eine gelungene Idee. Mit diesen verschiedenen “Views” auf die Information kann man sukzessive Pfade zur umfangreichen, umfassenden Information anbieten.

Nein, eine Kurzfassung tut es nicht, der Leser müsse sich da durchackern, mag da der Profi entgegenhalten und mein Argument in den Wind schreiben. Ich argumentiere weiter… Muss man sich wirklich jedesmal “durchackern”? Darf man nie etwas vergessen? Das Warum hinter dem Wie kann man in verschiedenen Formen kommunizieren.

Gerade wenn es so richtig trocken und langweilig wird, so empfinde ich das zumindest, kann ein gelungenes Beispiel dem ganzen das nötige Leben einhauchen. Merken kann man sich das auch leichter. Und wer an dieser Stelle Idealist ist, bastelt vielleicht noch Flowcharts oder Factsheets. Und stellen wir uns mal vor, es findet einer seinen eigenen “Fall” liebevoll mit allen Tücken dort beschrieben - das gibt doch den Besucherkick, oder nicht?

Die Geschichte mit dem Weblog ist mal meine verrückte Idee. Es kostet natürlich immer Zeit und Energie, sowas am Leben zu erhalten. Das Ziel muss sein, zu informieren und das Ganze nicht zum FAQ verkommen zu lassen, während man gleichzeitig dazu animieren muss, dass auch der Leser mitschreibt - sonst gibt es keinen Dialog. Wenn der aber mal da ist… dann ist manches vielleicht schon ein Selbstläufer?

Nur nicht am Benutzer sparen

Egal, wie man es auch anpackt: “die müssen ja und können nicht drumrum” ist kein Argument, an Benutzerfreundlichkeit und Bedienbarkeit zu sparen. Das Beispiel ist aber vielleicht auch deshalb ein Gutes, weil es zeigt, wie Usability und UX zusammenspielen:

Benutzerfreundlichkeit bewirkt hier, dass Informationen schnell gefunden und verarbeitet werden können. Das ist das eine und macht es dem Benutzer schlicht leichter, sich durch den Datenwust zu hangeln. Ein, so würde ich mal sagen, vollkommen selbstverständlicher Service.

UX ist mit auch für den Nachhaltigkeitseffekt zuständig. Wer einmal schnell informiert wurde, kommt vielleicht auch wieder, um sich noch tiefergehend zu informieren. Wer nicht nur informiert wird sondern auch was gelernt hat, freut sich. Er empfiehlt die Website vielleicht sogar weiter. UX damit das Zuckerl? Vielleicht.

Eigentlich alles ganz einfach, oder?

 

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