Engmaschig

Als sehr interessant empfinde ich derzeit die Korrekturen meines Buchs. Zu den Korrekturlesern gehören nicht nur Kollegen, sondern auch solche, die sich das Ganze aus Lesersicht anschauen und wenig Bezug zu Webdesign und Content Management haben. Ich finde genau das sehr wichtig, denn meine Vorstellung ist, es solle auch für den weniger interessierten Laien ein roter Faden erkennbar sein.

Plötzlich werde ich mit Aha-Effekten konfrontiert und gelegentlich frage ich mich, ob wir nicht viel kategorischer nein sagen oder gelegentlich mehr mit Vorurteilen aufräumen sollten.

Was soll eigentlich diese Website?

Es sei ja wohl dann so, dass von Beginn an und durch das gesamte Projekt hinweg eine sehr engmaschige Absprache zwischen Webdesigner und Website-Betreiber nötig sein, vermutete meine Lieblings-Korrekturleserin und ergänzte, es sei ja wohl alles nicht so einfach, denn man müsse als Website-Betreiber ja offenbar wirklich wissen, was man möchte oder sich zumindest seinem Webdesigner komplett öffnen, um ihn dann konzipieren und machen zu lassen.

Vielleicht ahnt jemand das Strahlen in meinen Augen - genau das ist es! Die Botschaft ist angekommen! Mal schnell eine Website “hinstellen”, den Kunden schulen und ihn mal machen lassen, das geht nicht. Nur leider kommt es so oft eben nicht an (oder scheitert es am Budget?). Eigentlich war es gar nicht so schwer - nirgends liest man auf einer Seite des Buchs, das es zu korrigieren gilt,  den Wink mit dem Zaunpfahl. Vielmehr habe ich versucht zu beschreiben, wo denn konzeptuelle Überlegungen liegen und was es zu bedenken gibt. Ein bisschen fühle ich mich dabei wie eine Predigerin, aber das macht nichts.

Ich erinnere mich an die Vorstufe einer Website, die ganz klar am Budget und am Wissen des angehenden Website-Betreibers scheiterte und mit den lapidaren Worten endete, man wolle sich dann doch lieber an einen Profi wenden, der mache das dann für 500 Euro und in einer Woche sei alles fertig, ohne dass man sich darum kümmern müsse.

Eignungstest?

Auch bei meiner Korrekturleserin scheint angekommen zu sein, dass es in den Untiefen des Internets immer wieder sprachliche Unzulänglichkeiten zu lesen gibt. Schreib doch, so der Vorschlag im Rahmen einer längeren Diskussion über Redaktionsprozesse, der angehende Website-Betreiber müsse wissen, in wie weit er den Anforderungen sprachlich gewachsen sei (oder so ähnlich). Nein, so etwas könne man nicht schreiben, sage ich. Es sei ja nicht an jedem Internetschreiberling ein Journalist verloren gegangen. Wir einigen uns aber darauf, dass Zeit und Engagement notwendige, jedoch keine hinreichenden Kriterien seien und man als Webdesigner mit redaktionellen Qualitäten sicherlich Möglichkeiten habe, entsprechende Wartungsverträge anzubieten.

Wir unterhalten uns weiter, auch ein bisschen über das Thema Schulung. Sie sieht nun, was es bedeutet, Laien etwas zu erklären und sie bewundert uns Webleute, wie wir uns in so einem Content Management System zurecht finden und wissen, worauf es ankommt. Sie ahnt genau deshalb aber auch schnell, dass weder Schulung noch Benutzerhandbuch einen Vollständigkeitsanspruch haben können und viele Probleme bei der Realisierung von Pflege und Aktualisierung oft noch vor dem eigentlichen Arbeiten mit dem CMS liegen: Bildbearbeitung ist ein solches Thema, aber auch die Sache mit der Dateibenennung.

Kann der Website-Betreiber das überhaupt?

Ihr sei gar nicht so recht klar gewesen, wie das mit der Wartung eines Systems aussähe. Könne der angehende Website-Betreiber überhaupt Systemupdates durchführen und die Datenbank sichern? Naja, erkläre ich ihr, so einfach sei das nicht, es käme eben darauf an, wer der Website-Betreiber sei und wer die Website pflege.

So ein Wartungsvertrag, ein bisschen das Fazit der ganzen Geschichte, sei schon durchaus eine Überlegung wert, ich erkläre ihr aber auch, dass ich kein Fan knebeliger Dauerverträge bin, die den Website-Betreiber vom Dienstleister abhängig machen. Dazu bin ich wahrscheinlich zu gutmütig.  Alles in Allem, stellt sie fest, sei wohl eine Website auch im Betrieb nichts, das es umsonst gäbe?  Zwischen knebelig und sinnvoll liegen schließlich definitiv Welten. Das stimmt.

Last but not least

Ich glaube, der Webdesigner hat keinen sonderlich guten Stand in der Gesellschaft. Wird man nicht allerorts mit denen in einem Topf geschmissen, die für einen Apfel und ein Ei mal schnell die Vereinswebsite gestalten?

“Ach so, Sie kennen sich also mit Computern aus?” meinte irgendwann jemand zu mir. Ja, sagte ich, das ist mein Job und gehe dabei nicht ins Detail, um hier noch was geradezurücken. (Ich überlege mir, ob ich schon mal einen Arzt gefragt habe, ob er sich also mit Krankheiten auskenne?) Nein, es sei ihr jetzt auch klar, warum das alles so umfangreich und damit kein bisschen banal sei, meint meine Korrektur-Leserin. Ich bin froh, als sie das durchblicken lässt. Ich fühle mich ein wenig vollwertiger, landläufig und sehe mit Freude, dass Know-How auch wenn es sich dabei um für uns vermeintliche Banalitäten geht, durchaus gewürdigt wird. Sie erkennt auch den ein oder anderen wissenschaftlichen Ansatz: Usability, Informationsarchitektur - dass hier nicht das Erstbeste wirklich das Beste ist und dass der Mensch einfach auf seine Art und Weise tickt.

Die Inspiration, die ich im Lauf der Unterhaltung bekommen habe, ist durch keine noch so tolle Theorie zu ersetzen. Danke muss ich also nicht nur sagen fürs Korrigieren sondern auch für die vielen interessanten Gespräche. Wenn ich das so sehe, hat sich allein deshalb das Buchschreiben schon gelohnt.

 

2 Antworten zum Beitrag “Engmaschig”

  1. am 24 Jan 10 um 15:04 meint

    Projecta

    Hi,

    ich lese hier manchmal ganz gerne mit, da ich versuche, immer wieder mal was Neues aufzuschnappen.

    Als Website-Betreiberin, die sich mit der Materie ja auskennt, würde ich dich gerne bitten, ein FavIcon für diese Seite einzubauen. Das würde mir in den Bookmarks und Faviconize-Tabs sehr helfen.

    Oft sinds die Kleinigkeiten, die den großen Ausschlag geben…

    Danke

  2. am 25 Nov 10 um 12:32 meint

    Falkmar

    Sorry,
    ich muß ein wenig schmunzeln. Du hast noch nicht aufgegeben. Hut ab!

    Das Problem ist nicht brangenneutral. Kaufleute sind eben Kaufleute. Manche wissen sogar was Sie tun. Ein guter Freund hat mir diesbezüglich geantwortet “…mach es billig und schnell. Qualität kannst Du später verkaufen.”
    In meiner Brange werden diese Kaufleute bereits ausgetauscht. Es sind jetzt Rechtsanwälte. Zu Deiner Frage gibt es momentan aus meiner Sicht nur eine Antwort. - Ohne Gesellschaft kann das Problem nur am fehlendem Buget liegen.

    diplomatisch: Die Hoffnung stibt mit dem letzten Wartendenden.

    Sorry, ich habe gelesen das Du Mutter bist. Also etwas weniger schwarz.

    Das von Dir angeschnittene Problem enthält mehr als ein Paradoxum. Die Religion -nix…”Geiz ist Geil”…nix- kennt keinen Anspruch auf Qualität. Mit Qualität meine ich ebenfalls die nachhaltige Wirkung. Der Begriff Zukunft wird aktuell lediglich als Zeitpunkt definiert. Alles was davor liegt, scheint giftig zu sein. Es wird für Geschwindigkeit bezahlt. Du brauchst also ein Fragezeichen hinter Deiner Überschrift.
    Die meisten Menschen (auch ich) sind mehr Visual veranlagt. Mal ganz ehrlich. Es gibt wunderschöne bunte Bilder, eine Menge hungernder Künstler und die Beschäftigung mit in unvorstellbaren Dingen gerahmten Funtionen ist sehr unbequem. Der Rest an Ignoranz resultiert dann einfach aus gängiger Geschäftspraxis.

    Zum Schluß noch das Ei des Kolumbus. Wie sollte Deiner AUffassung nach eine ordentliche Abfrage an einen Webdesingner aussehen?

Auch was dazu sagen?