Für Mädchen? Für die Bettkante oder das Sofa

Zur Abwechslung mal wieder eine Buchrezension abseits aller Fachliteratur. Vor einiger Zeit fertiggelesen: “Die alltägliche Physik des Unglücks” von Marisha Pessl. Ein “Mädchenbuch”?

Eigentlich hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, ich würde eine rundrum positive Kritik schreiben können.  Irgendwie ist das Ganze ja doch irgendwie recht originell. Schließlich, am Ende angekommen, etwas unzufrieden und ratlos, kann ich das leider nicht mehr. Das Ende - unverhofft, unmotiviert. Irgendwie. Vielleicht bin ich auch ein schwieriger Leser…

Das Buch, auf den ersten Blick eher ein “Mädchenbuch”. Vielleicht auch bis zum letzten Ende ein Mädchenbuch, allerdings kann ich genau diese Frage bisher nicht zufriedenstellend beantworten. Leider hat es der Verlag wieder einmal geschafft, zwei dieser wirklich eher wenig verkaufsträchtigen Zitate auf dem Einband zu platzieren. Zusätzlich trägt das Ganze noch einen dieser “kauf-mich-bloß-nicht-roten-Bestseller” Aufkleber. Ich frage mich, wann endlich ankommt, dass es Leser gibt, die sich eher abgestoßen fühlen, wenn ein Buch über die Kritik eines Focus oder einer Freundin angeboten wird. Wer gerne liest, erwartet sich dann schon etwas mehr als den Hinweis einer Zeitschrift, die im Zweifelsfall die neuste Urlaubslektüre vorstellt. Ein Glück, wer seine Bücher online bestellt. Er sieht dann auch nicht den roten Bestseller Aufkleber, der ihn anderenfalls vom Kauf abgehalten hätte.

So habe ich dann darüber hinweggelesen, dass es sich hier um eine “melancholische Geschichte über die Selbstfindung” handeln soll, um ein “Meisterwerk” oder ein “Wunder” und habe  angefangen, mich durch hunderte von Seiten nichtssagender Literaturzitate zu quälen, die sich erst mit der Zeit (und mit viel Geduld und Ausdauer) zu einer Geschichte formen wollen.

Wieder einmal eine Dame, die mir zeigen will, wie literarisch bewandert sie ist? Nein. Frau Pessl kann es schon. Aber sie übertreibt es auch hier und da mal, wenn sie sich mal in ihrer blumigen Wortwahl und den plakativen Vergleichen vergisst. Da überspannt sie dann gerne mal den Bogen, setzt noch eines drauf und wirkt damit irgendwie übertrieben. Fast möchte man ihr zurufen, sie möge nun endlich zum Punkt kommen und damit das Werk um 200 Seiten verkürzen. Es kommt der Punkt, an dem ist es definitiv nur eines: zuviel. Andererseits- vielleicht das gerade der “Weg zur Selbstfindung”?

Ein Roman über die Selbstfindung ist das Ganze für mich trotzdem nicht. Ein Krimi erstrecht nicht. Trotz Mord. Das erfährt aber nur, wer die ersten 300-400 Seiten eisern durchhält oder sich über die Kurzfassung informiert, dass hier irgendwann ein Mord geschehen wird. Und kaum ist dieser Mord passiert, wird das Buch lebendiger. Leider ist das “Wunder” dann auch schon fast wieder vorbei und als Leser wird man etwas ratlos zurückgelassen mit einer im Nachhinein kaum verständlichen, konstruierten Handlung, die mehr Fragen offen lässt als Antworten liefert.

Ich hab mich durchgebissen und dann habe ich es gefressen- weil ich wissen wollte, wo das wohl noch hinführt. Trotz allem: Nein, man muss es nicht gelesen haben. Insbesondere nicht, wenn man älter als 25 ist. Aber man kann es lesen, wenn man in der Stimmung ist für nette, unterhaltende Lektüre, die einem ein bisschen den Touch vermittelt, etwas Intellektuelles gelesen zu haben oder man gerade den Traum träumt, man müsse weg aus seinem langweilig-spießigen Dasein. Ob diese komische Mischung dann auch tatsächlich die unter 25 anspricht? Oder alle Nicht- Mädchen? Trotz allem - und das macht das Buch mit Sicherheit aus: es ist mal etwas ganz, ganz anderes und sowas tut seitenweise erfrischend gut.

 

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