Bürohund

das ist ein Briard

Als ich mir vor zwei Monaten einen jungen Hund zulegte, meinte einer meiner Kunden, er sei froh, dass ich auch gleich dazu gesagt habe, wie brav sich der denn meinen Bürozeiten angleiche.

Ich hörte so manchen innerlich vor sich hinmurmeln: “Reichen drei Kinder nicht schon aus? Braucht’s denn wirklich noch einen Hund?”
Ja, so ein Hund hält von der Arbeit ab und so ein Hund mag, vor allem in den ersten Monaten, viel Zeit (und Nerven) kosten, aber er bereichert nicht nur mein Privatleben sondern auch meinen Job.

Das mit den Bürozeiten muss ich leider inzwischen zurück nehmen. Nele packt dann doch eher mal der Spieltrieb und ihren Job als Fußwärmer erfüllt sie auch nur dann, wenn es ihr gerade gefällt. Und damit ist mein Büroalltag nun um einiges flexibler geworden, daher aber auch weniger langweilig. “Ach sitz doch nicht ständig vor diesem blöden Ding”, mag mein Hund mir vielleicht sagen wollen und Recht hat er.

Während ich früher in einem kreativen Loch eher mal lustlos im Internet herumgeswitcht bin, sinnlose Informationen zusammengetragen, unwichtige Emails versendet oder Smalltalk per Skype gehalten habe, gehe ich jetzt mit meinem Hund spazieren und die Kamera nehm ich auch noch mit, sofern es nicht wie aus Gieskannen schüttet.

Ja, ich kenne diese ganzen wertvollen Ratschläge, sie auch als Selbstständiger mal die ein oder andere Pause zu gönnen, mal einen Spaziergang zu machen, an die frische Luft zu kommen und so weiter. Nur in der Praxis sieht das doch meistens anders aus. Da klingelt mal noch schnell das Telefon, das Mittagessen wird genauso schnell verschlungen wie es improvisiert wird, die wenigen Wege, die zurück gelegt werden, sind die zur Kaffeemaschine oder zum Zigarettenholen und abends fällt man ins Bett, um am nächsten Tag den gleichen ungesunden Rhythmus zu starten.

Die Zeit, die ich auf unsere Trips durch Wald und Wiese verwende, ist im Zweifelsfall kürzer als die, die ich auf der Suche nach der großen Eingebung mit Kaffee und Zigarette bewaffnet vor dem Rechner verbringe. Unproduktiver bin ich damit also auf keinen Fall geworden. Nur vielleicht wieder einen Tick organisierter.

Selbstgespräche führe ich dabei keine und mein Hund hat auch noch keine Ahnung von Websites, Content Management Systemen, Programmierung und den ganzen Widrigkeiten meines Alltags. Wir stapfen durch die Gegend, ich mache nebenher Fotos, wir freuen uns an lauter Kleinigkeiten, die uns begegnen und ich mach das alles auch noch mit einem völlig guten Gewissen, vor allem, wenn wir alle unterwegs sind.

Komischerweise stelle ich übrigens fest, ist es fast einfacher, einem ungeduldigen Anrufer zu erklären, man müsse jetzt mit dem Hund raus (ich denke dabei gerne an meinen Kollegen Billy aus Vermont, der regelmäßig skypt “I have to run the dogs”) als zu erklären, dass man seine Kinder aus Schule oder Kindergarten einfangen müsse. Das ist traurig, aber es steht auf einem anderen Blatt.

Was aber auf jeden Fall stimmt, ist, dass man ausgeglichener wird mit soviel Zwang zu Natur und frischer Luft und oft schneller zum Ergebnis kommt als mit stundenlanger Hockerei vor einer Kiste. Und wenn wir dann wieder heim kommen, verdreckt und durchnässt (je nach Wetterlage), Hund mir dann doch meine durchgefrorenen Füße wärmt, während ich weiter Code hacke und mir vielleicht sagen will “Gut, dass du mich hast” - weiß ich: genau so ist es.

 

2 Antworten zum Beitrag “Bürohund”

  1. am 06 Jul 09 um 01:35 meint

    Kann ich vollkommen unterstreichen :-) Ich bin ebenso selbständig in der Internetbranche und hab mir vor 9 Monaten einen Welpen zugelegt - zugegeben, die ersten Monate waren stressig, weil er einfach aus allen Löchern ausgelaufen ist. Aber mittlerweile ist er stubenrein & brav, es ist die perfekte Ergänzung zu meinem “Schreibtisch”-Job.

    Morgens aufstehen, frühstücken, den Hund an die Leine nehmen und ne halbe Stunde joggen gehen. Dann mit dem Hund ins Büro LAUFEN (ca. 45 Min Fußweg). Im Büro angekommen, ist der Hund meist bestens ausgelastet und schläft ganz ruhig in seiner Ecke, während ich in Ruhe arbeiten kann.

    Dieses alle 3-5 Stunden Gassigehen stört nicht, genau im Gegenteil: Ein bis zwei Runden mit dem Hund laufen wirkt Wunder, man hat einen Ausgleich zum Job und arbeitet dadurch viel effektiver als wenn man zwischendurch mal “abschaltet” und gedankenlos im Internet herumsurft.

    Kann wirklich jedem Selbständigem “PC-Arbeiter” nen Hund empfehlen - der Erfolg zeigt sich in körperlicher Fitness (seien wir mal ehrlich, bei nem normalem Arbeitstag haben höchstens unsere Finger beim Tippen und Telefonieren bewegung, der Rest des Körpers sitzt am Schreibtisch und schaut in den Bildschirm), in effektiverer Arbeitsweise (allein durch 10 Minuten “um den Block laufen” sind wir wieder topfit & können uns mit voller Konzentration unseren Codes widmen).

    …und nach Feierabend wieder 45 Min Fußweg nach Hause. Ich nehme mir seit Langem vor, mich mal wieder “richtig” zu bewegen, aber der innere Schweinehund war immer stärker. Seit ich nen richtigen Schweine-Hund hab bin ich zwar gezwungen, mich mehr zu bewegen, aber genau das ist es auch was ich will :-)

    ..soviel von mir, zurück zu Dir - viele kollegiale Grüße aus Stuttgart.

  2. am 08 Feb 11 um 18:55 meint

    Hallo,

    ich bin ja fast jeden Tag im Büro mit meinem Herrchen. Zu den Kundenterminen darf ich aber nur selten mit. Da bleib ich dann allein m Körbchen, aber die dauern auch nie lange…

    Oft mache ich Fotos im Büro. Die stelle ich unterdessen sogar auf meine eigene Facebook Seite :)
    Besucht Ihr mich mal?

    Liebe Grüße
    Jacky die Bulldogge

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