Blog, Tweet, Marketing und die Sprache?

Ich habe mir in den vergangenen Wochen ja viele Gedanken dazu gemacht, wie man hierzulande mit Blog, Twitter und anderen Social Media Diensten das eigene Businessprofil Online abrunden und ergänzen könnte - bis hin zum “totalen Erfolg” idealerweise.

Während man sich hierzulande ziemlich einig ist, dass dieses Unterfangen kritisch ist und nicht zwangsläufig von Erfolg gekrönt sein muss, hört und liest man in englischsprachigen Artikel ganz anderes. Es stellt sich mir die Frage, was denn nun eigentlich so anders ist, dass es offenbar in USA funktionieren soll und bei uns nicht oder weniger gut.

Es sei bei uns noch nicht so verbreitet - und dann folgen eine Menge an Zahlen. Ich denke, man muss das Phänomen immer relativ zur Gesamtbevölkerung sehen und zu den Gewohnheiten der Gesamtbevölkerung. Ein bisschen schwierig, das ganze Unterfangen. Die ist beispielsweise ganz interessant, lässt trotzdem einige Fragen offen und zeigt, dass vieles tendenziell doch in die gleiche Richtung zu gehen scheint in Europa und in den USA.

Ein ganz anderer Aspekt: die Sprache

Das Englische ist ja im Vergleich zum Deutschen schon um einiges lockerer. Das fängt schon mit dem sympathischen “you” an und  vor allem dem amerikanischen Prinzip des beim-Vornamen-nennens. Ich find das schön. Die Sprache lässt genug Freiraum, Respekt und auch gesellschaftliche “Hierarchien” durch Feinheiten herauszuarbeiten. Wir könnten das übrigens auch. Vorname und Sie - das find ich sehr elegant. Für mich bringt es Englisch irgendwie mehr auf den Punkt. Aber vielleicht kommt auch nur mir das so vor?

Vielleicht, so überlege ich mir, schreiben und sind wir einfach viel zu gestelzt?  Nein, nicht dass wir nicht locker flockig von der Leber weg schreiben könnten wie uns der Schnabel gewachsen ist. Und im Übrigen ist genau das ja auch nicht das Erstrebenswerte.
Aber kaum wird es geschäftlich - vor allem im Internet, dann wird unsere Sprache leicht holprig.
Uncool einfach.
Total businessmäßig.
Gespickt mit Anglizismen und irgendwelchen marketingträchtigen Begrifflichkeiten, bei denen wir selbst “damals” erstmal recherchieren mussten, was sie eigentlich bedeuten oder deren Sinn sich uns erschlossen hat, weil sie plötzlich da waren, die tollen Wörter, mit denen andere scheinbar Erfolg haben.

Vielleicht sollten wir sprachlich wieder zu mehr Menschlichkeit zurückfinden, überlege ich mir.

Ich stelle mir vor, ich komme auf eine Website, bei der ich mich hart tue, überhaupt zu verstehen, um was es geht, weil es gespickt ist mit Modewörtern und Hypes. Es klingt wichtig, es klingt alles richtig, aber es klingt nicht nur künstlich sondern auch unpersönlich. Es klingt vor allem so, als hätte ich, sprachlich nicht fit in diesem Fachjargon, keine Chance der Kontaktaufnahme, ohne als die Lachnummer zu gelten. Per Email oder am Telefon. Ist es da nicht reizvoller, zum Laden an der Ecke zu gehen, wo man noch verstanden wird und einem menschlichen Gegenüber erklären kann, was man möchte. Eines, das hoffentlich ebenso menschlich reagiert.

Auch wenn das Marketingdeutsch nicht perfekt ist: es gibt noch das (ich nenne es mal so) Amtsdeutsch. Die gestelzte Variante mit dem verzweifelten Versuch, bloß nichts falsch zu formulieren. Katalogtauglich. Nur leider alles andere als authentisch.

Was wäre wenn…?

So muss es doch auch vielen gehen, die heute von “Social Media” hören, von “Web 2.0″, von “Twitter” und von “tweet”, von “Followern” und “Friends” (dieses ach so persönliche Wort, das unpersönlicher eigentlich nicht gemeint sein könnte) von “Return of Investment” und was auch immer. Auch “Blog” - ja was ist eigentlich ein “Blog”?

Vielleicht würden die Leute ja gerne Corporate Blogs lesen, wenn sie wirklich etwas erfahren würden und nicht nur eine permanente Werbeanzeige oder Texten, die in jedem Satz unterschwellig das “immer schön das Richtige sagen” mitschwingen lassen?

Vielleicht würden die Leute ja auch Twitter &Co. nutzen, wenn sie sicher sein könnten, dass dort auch ganz normale Leute unterwegs sind, nicht nur die “Spinner” und die Nerds (wie ist eigentlich die weibliche Form von Nerd? Nerdine…?). Wenn Sie nicht bangen müssten, dass hier entweder permanent nur eine Sprache gesprochen wird, die sie nicht verstehen oder dass dort nur die unterwegs sind, die permanent mit unpersönlichen Slogans ihre Produkte und Services anpreisen.

Heißt nicht “social” auch ein bisschen, nur ein kleines bisschen “persönlich”?

 

2 Antworten zum Beitrag “Blog, Tweet, Marketing und die Sprache?”

  1. am 21 Mrz 09 um 21:21 meint

    Das wäre doch auch mal eine Idee für Langenscheidt: Mediensprache - Deutsch, Deutsch - Mediensprache!

  2. am 22 Mrz 09 um 19:11 meint

    Wenn sich zwei Banker in der Bahn unterhalten, verstehe ich allerdings auch nur Bahnhof: Da ist ein “tweet” dann ein festverzinsliches Hassenichgesehen, “Web 2.0″ ist ein Bail Out und “friends” & “follower” sind Deflation und Business Angels. Das kann man jetzt mit Werder-Fachsimpeleien auf dem Bau, Pokemon-Diskussionen auf dem Spielplatz und eine detaillierte Gegenüberstellungen von Marvel und DC Helden auf dem Schulhof weiterführen ;-)

Auch was dazu sagen?