medamind

Meine Ruhe vor 6

Heute werde ich ein Machtwort sprechen, beschließe ich während des ersten Kaffees…

Der Kindergarten hat wieder begonnen, juhu, und schon haben wir wieder das Dilemma des Ruhens, sprich Mittagspause mit in Kauf genommenem in-Tiefschlaf-Fallen aller Ganztages-Kindergartenkids. Der Wunsch danach, mein Kind zu vernünftigen Zeiten (sagen wir vor neun?) ins Bett bringen, statt zu Unzeiten (nach zehn) ins Bett “werfen” zu müssen, ist ungebrochen. Der des Kindergartens, mein Kind - seines Zeichens inzwischen Vorschulkind- mittags mal eine Stunde “runterzufahren”, auch.

Ich weiß schon, was das heißt, der Stempel auf dem Handrücken: den bekommt Linus seltener mal für “ich habe so toll aufgeräumt”, aber er bekommt ihn häufig, weil “ich so gut geruht habe”. Und dieser Stempel sagt mir gleichzeitig: vergiss einfach den Traum aller Eltern vom ruhigen Abend, an dem man mal einen acht Uhr Film (so es den noch gibt und Fernsehen nicht zur absoluten Verdummung beiträgt) von Beginn an sehen und dann vor allem auch in Ruhe mit verfolgen kann, vergiss die Idee, noch wirklich was zu reißen und stell dich drauf ein, dass hier ein Fünfjähriger putzmunter noch stundenlang über die Sofas hüpft. Mein Abend beginnt dann so gegen zehn, halb elf…

So kämpfe ich seit zwei Jahren einen Kampf gegen WIndmühlen, so scheint mir, von dem ich dachte, es sei nun endlich, endlich vorbei. Meine Bitten, mein Kind bitte nicht “ruhen” zu lassen, verhallten bisher, ungehört. Einzig blieb die Hoffnung auf das letzte Kindergartenjahr.  Muss das Vorschulkind (per definitionem ist das kein Kindergartenkind mehr, - Linus differenziert hier sehr strikt!) wirklich noch einen Mittagsschlaf machen? Ich mach sowas ja zwar auch gerne, aber das möcht ich nicht so an die große Glocke hängen ;-)

Tja… eigentlich (nein, nicht nur eigentlich…) habe ich bis Mitte Februar ein wirkliches “Mega Projekt” laufen, das ich , unter anderem aufgrund der Versprechungen des Kindergartens (nein, die Großen, die könne man da schon rausnehmen aus dem Ruhen…), guten Gewissens vorwiegend abends eingeplant hatte.

Inzwischen stehe ich also zwischen fünf und halb sechs auf, um wenigstens in Ruhe Kaffee trinken,  denken und den Tag durchplanen zu können (produktiv zu arbeiten fällt mir hingegegen um dieses nachschlafene Zeit als Dauerkonzept schwer) und gehe um halb zwölf oder zwölf ins Bett (auch nicht mehr meine Arbeitszeit, aber es geht immer noch ein bisschen was). Auch den Hund habe ich dann spätestens um sieben schon erfolgreich über die Felder gejagt. Wer eigentlich ganz, ganz lange ruhen müsste, das bin definitiv ich.

Der ganz normale Wahnsinn, jeden Tag. Ich glaube, ab heute jage ich uns nach dem Kindergarten noch ein paar Kilometer radelnd durch die Gegend (das Ergebnis kenne ich: ich radle eher mich bettreif als irgendwen anderes). Es ist ja nun schon schwierig genug, Kinder und Job überhaupt zu koordinieren, nochdazu weil es viele ebenfalls arbeitende Menschen gibt, die auch vor oder nach meinen offiziellen Bürozeiten etwas von mir wollen - die “Optimierung” des Berufsalltags ist daher mit ein ganz wesentlicher Punkt, um halbwegs den Überblick zu behalten. Nur wenn man zusätzlich machtlos und ein wenig ohnmächtig mit von außen aufoktroyierten Gegebenheiten wie dem “Ruhen” konfrontiert wird, die einem das Leben schwer machen, wird es zusätzlich ein wenig verrückter.

Und dann wäre da noch: Wo bleibt mein Privatleben? Wo bleibe ich, fragt gelegentlich ganz kleinlaut mein Ego. Wär eigentlich ganz nett… Eigentlich sollte ich vielleicht erstmal medamind einer Zwangspause unterziehen, nachdem Coralian ja schon annähernd in einen Tiefschlaf versetzt wurde. Aber irgendwie, irgendwie hab ich so wenigstens noch ein bisschen das Gefühl, ich nähme am Leben teil….

So, dann ist jetzt erstmal der Hund dran. Und dann nehme ich doch mal einen frühmorgendlichen Kampf mit dem Internet Explorer auf, den ich gerne noch zwei Stunden länger vor mir hergeschoben hätte.