Total kommunikativ

Kommunikation mit dem Kunden ist das A und O. Sie garantiert, dass alles so läuft wie es soll, dass alle Beteiligten glücklich sind und ein Projekt gut durchgezogen werden kann.

Meetings sind das eine. Dazwischen Email und Telefon. Aber eigentlich geht es doch immer darum, den Kunden dort abzuholen, wo er steht und darauf zu achten, dass das Projekt gut vorangeht.

Meetings: der Zeit- und Geldfresser?

Bereits mehrfach habe ich inzwischen irgendwo eher irritiert gelesen, wie geschickt es wäre, an Meetings zu sparen.

Oft seien zu viele Entscheider und auch Nicht-Entscheider beteiligt, was zu endlosen Diskussionen führen könne, sobald keine Tagesordnung gemacht worden sei. Und überhaupt: viele Ideen, viele Meinungen, vor allem viele unterschiedliche Meinungen und damit kein Ende in Sicht.
Oft seien, so ein weiteres Argument, die wesentlichen Punkte in 20 Minuten vom Tisch, der Rest sei Geplänkel, kalter Kaffee und obendrein sinnlos.
Wer hat solcherlei Zusammenkünfte nicht schon erlebt? Da hilft dann nur noch die gefüllte Kaffeekanne und eine große Runde Gebäck, um sich die Zeit zu vertreiben.

Die Lösung liegt daher klar auf der Hand: Wenn schon Meetings, dann im kleinen Rahmen, mit festem Zeitplan und pragmatischem Ansatz.

Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob diese Verallgemeinerung wirklich möglich ist und: ob am Meeting sparen nicht heißt, mehr Zeit für Emails und Telefonate aufzubringen. Immerhin ist der direkte Kontakt dann doch immer noch der effektivste. Stimmt das Preis-Leistungsverhältnis also wirklich, sobald man am Meeting spart?
Ich hab die Varianten alle durch.

Die 20 Minuten

Es mag schon sein, dass die wesentlichen Fragen in 20-30 Minuten durchgeackert und in Zement gegossen sind. Interessanter sind aber die 30 Minuten danach. Es ist so ähnlich wie mit Konferenzen und ähnlichen Events. Die interessantesten und wichtigeren Gespräche finden meistens abends bei den Social Events statt, ein bisschen abseits von Anzug und Krawatte.

Und es gehört mit zum Kundenkontakt, eben nicht nur schnell die wichtigen Eckpunkte festzuklopfen sondern auch das Projekt als Ganzes am Leben zu erhalten, die Begeisterung immer ein bisschen am Köcheln zu halten - und damit auch “Befindlichkeiten” freien Lauf zu lassen.

Das Kommunikationsproblem

Wir “Techies” sprechen eine vertrackt komplizierte Sprache und manches Problem ist komplex. Selbst mit den besten Papers, Präsentationen und Skizzen ist nicht unbedingt gesichert, dass eine Problemstellung auch wirklich ankommt, selbst wenn man darüber diskutiert und alle begeistert mit dem Kopf nicken. Manches muss einfach “sacken” und genau das tut es auch meist. Das Problem am nächsten Tag per Telefon oder Email weiter durchzugehen, ist im Zweifel kontraproduktiv. Da lieber, was das Meeting betrifft, flexibel sein, sofern sich das irgendwie machen lässt. Lieber ein “ich komm morgen nochmal vorbei”?

Das Telefon
Das Telefon ist ein wirklich nettes Medium. Direkt und fast so als sei man da gewesen. Nur leider sagen sich am Telefon gerne viele Dinge auf einmal. Es wird schwer, nebenher irgendwas zu notieren, den Faden gleichzeitig nicht zu verlieren. Mir zumindest geht es so. Ich hab das Telefonieren für mich nicht erfunden… Insbesondere ist das Telefon ein ungenaues Medium. Da wird schnell mal “ja” gesagt oder “ja” verstanden.

Gefährlich ist insbesondere das “Lassen Sie uns schnell mal telefonieren, das geht schneller als alles aufzuschreiben”. Gelegentlich führt so ein Telefonat zu trügerischer Heiler-Welt-Stimmung oder aber auch zu vermehrt Post. Man vergisst gerne was oder kommt vom Hundersten ins Tausendste. Trotz Notizblock nebendran.

Die Post
Die elektronische natürlich. Praktisch, denn da kann man Spezifikationen und Skizzen mitschicken, kann kontrolliert Feedback sammeln und nochdazu alles ausdrucken und sicherheitshalber mit Notizen versehen sowas wie “zu den Akten legen” - nachdem man einen “erledigt/berücksichtigt Haken” drunter gesetzt hat. Leider ist die Email nicht direkt, auch wenn sie prompt beim Empfänger ankommt. Email ist geduldig. Und gerne mal schnell in “zu erledigen” verschoben als auch zu schnell und überlegt mit “alles okay”  beantwortet.

Manchmal gibt es auch hier Verständnisprobleme, die dann zu einem Endlosgemaile führen können. Sicher alles andere als zeitsparend. Eines vor allem: nervenaufreibend für alle Beteiligten. Allerspätestens beim zehnten “Re:” sollte Schluss sein.

So gesehen können sowohl Telefon als auch Email als Schuss nach hinten losgehen. Nochdazu weil sie gerne als der Rettungsanker eines zu lang geratenen, eines wie auch immer halbherzigen oder auch zu kurz angesetzten Meetings fungieren. Auch weil sie Direktheit und Verfügbarkeit suggerieren.

Theorie und Praxis

Wenn es um die Art der Kommunikation geht, dann klaffen Theorie und Praxis gelegentlich gewaltig auseinander. In der Theorie gibt es nur schriftliche Absprachen. In der Theorie läuft alles nach dem “der bessere Manager”-Leitfaden. In der Praxis verwischt das alles. Man muss seinen eigenen Weg finden. Gemeinsam, versteht sich.

Das Meeting jedenfalls ist durch nichts zu ersetzen, wenn man es richtig anpackt. “Sparen Sie genau daran” ist mit Sicherheit ein vollkommen falscher Ratschlag - höchstens es liegen einige Flugstunden zwischen den Teilnehmern und einer zahlt das Ticket. Klar, beide “Parteien” müssen irgendwie wissen, was sie sich davon erwarten. Man muss irgendwie weiterkommen und dafür muss man erstmal weiterkommen wollen.

Ich mag Meetings, die mir im Nachhinein das Gefühl geben, ich hätte nun für die nächsten Wochen Arbeit und- viel wichtiger- könne die in Ruhe umsetzen. Die besten Meetings sind die, bei denen ich das Gefühl habe, ich hätte den besten Kunden und das tollste Projekt von allen  (hab ich ja auch… ;-) )- und umgekehrt würd ich mir natürlich wünschen, dass genau das meine Kunden auch denken.

Das Wichtigste aber ist wirklich die eigene Linie. Wann immer man sich darauf verlässt, dass der Praxisleitfaden genau die richtigen Tipps und Tricks verrät, man sich genau auf diese Linie einlässt, vielleicht noch, weil alle Kollegen es auch predigen - geht es im Zweifelsfall schief. Gute Kommunikation heißt, sich auf den Kunden einlassen, sich aufs Projekt einlassen. Nicht standardisiert, sondern individuell. Auch das bedeutet nicht immer, dass es einfach sei.

 

Eine Antwort zum Beitrag “Total kommunikativ”

  1. am 22 Mrz 09 um 15:06 meint

    Wolfgang

    Ich arbeite in einem Projekt, wo die anerkannt produktiven Teeküchengespräche als Geschwätz und als Arbeit nur akzeptiert wird, wenn man stimmt vor seiner Kiste hockt und in die Tastatur hackt.

    Ein erfolgreiches Projekt? Bei dem jeder eine andere Auffassung hat, warum es geht? Was die Ziele sind? Was man als nächstes angehen muss? Muss ich nicht beantworten, oder?

    Über die Form der Abstimmung kann man diskutieren. Meetings gehören dazu, wenn sie sinnvoller (= wirtschaftlicher) sind als endlos 1:1-Diskussionen.

Auch was dazu sagen?