W wie Wissen, A wie Alpha

Dieser Tage wurde ich von F. gefragt, ob ich Wolfram Alpha schon getestet hätte. Habe ich, ich hätte es leider auch etwas verrissen, obwohl mir nicht so wirklich wohl bei der Sache gewesen sei. Ich hätte die Anwendung gerne über den grünen Klee gelobt, weil mir die Idee außerordentlich gut gefällt.

Bei Alpha handelt es sich um eine Suchmaschine im konventionellen Sinn sondern um eine Wissensmaschine. So heißt sie ja dann auch und ich kann mir vorstellen, Herr Wolfram mag nicht sonderlich glücklich über die kursierenden Meldungen einer “Google Konkurrenz” gewesen sein. Genau dieser Vergleich wird allein seiner Idee nicht gerecht - und die ist genial. Aber vielleicht sind wir noch nicht so weit. Vielleicht ist auch Alpha noch nicht so weit.

Nun gut…, ob ich das Video gesehen hätte, das sei ja schon bemerkenswert (oder etwas in dieser Art). Hatte ich nicht, habe ich auch inzwischen nicht, denn das Video lud und lud, wollte sich aber nicht anzeigen lassen, bis ich keine Lust mehr hatte zu warten. F. ist nicht der Typ, der Begrifflichkeiten wie “bemerkenswert” einfach mal so in den Raum wirft und nachdem er mich nochmal an das Genie Wolfram erinnert hatte, was auch an anderer Stelle genau so formuliert wird, wie auch an die Tatsache, dass Alpha mehr sei als eine banale Suchmaschine, musste ich dem Ganzen noch einmal eine Chance geben, diesmal mit mehr Zusammenhang in der Fragestellung. Auch wenn ich glaube, das hätte ich schon versucht.

Ich habe mich für zweierlei entschieden. Das eine ist der Vergleich. Sehr beeindruckend finde ich ja Alphas graphische Darstellung und auch die Möglichkeit der Gegenüberstellung. Das andere war der Zusammenhang. Auch hier kann man nette Gegenüberstellungen machen und hier kann man insbesondere mit Wolframs mathematischer Basis “experimentieren”.

Der Vergleich

… zeigt eines ganz deutlich: die derzeitig Datenbasis ist zu klein.

Meine Anfrage “population in France and Germany” stellt sehr interessant die Bevölkerung Frankreichs der Deutschlands gegebenüber und spuckt auch eine recht ansprechende Graphik aus. Interessant ist, die ausgespuckten Ergebnisse um ein Land zu erweitern, ich habe einfach mit “population in Spain, France and Germany” weiterexperimentiert. Der zweifach Vergleich liefert mehr Daten als der dreifache Vergleich. Nein, nicht andere Zahlen (!), andere Daten. Im zweifach Vergleich ist noch eine Verteilung nach Geschlecht und Alter möglich, was bei drei Ländern nicht angezeigt wird.

Schwierig wird es allerdings, wenn ich den Vergleich um ein weiteres Kriterium erweitere. Ich habe es mit “education” versucht, ein bisschen mit dem Hintergedanken, etwas zur Bildung der Bevölkerung in zwei Ländern zu erfahren - und bekomme eher ein unbefriedigendes Ergebnis. Zusammenhänge scheinen also stark vom Datenbestand abhängig zu sein. Teilweise wird auch die Frage nicht verstanden. Einen Vergleich höchster Berge, größter Seen oder ähnlichem kann Alpha derzeit allgemeingültig nicht darstellen.

Nun will ich ja nicht nur rumunken und kritteln: die Graphiken und der Aufbau als Factsheet finde ich eine klasse Sache. Hier spielt Alpha wohl auch seine wahre Stärke aus.Die zusätzliche Angabe der verwendeten Quellen macht das Ganze wissenschaftlich und exakt. Kein Thema: eine interessante Sache, die sicherlich mit Zunahme des Datenbestands noch verbessert werden kann. Langfristig wünsche ich mir da aber natürlich auch den korrekten Umgang mit komplexeren Fragestellungen, denn an dieser Stelle macht Wolfram Alpha nichts anderes als Daten gegenüberzustellen und graphisch aufzubereiten. Nimmt man mal das Szenario Referat, so nimmt Alpha dem Referenten allenfalls einige Aufgaben ab.

Der Zusammenhang

Noch immer hadere ich mit dem Sinus und gehe damit ja nicht sonderlich weit in die mathematischen Untiefen. Die Frage nach dem Sinus liefert neben einem Plot der Sinusfunktion einige alternative Darstellungen und Reihenentwicklungen, die jedem Laien sofort das Entsetzen ins Gesicht treiben müssen.

Aber gut, es ging um Zusammenhänge und mir fehlt das Dreieck, mir fehlt der Kreis. Alle, aber auch wirklich alle Suchanfragen Wissensanfragen, die ich in diesem Zusammenhang teste, liefern nichts als unbefriedigende Ergebnisse.

Sinus and Cosinus (alternativ Sine and Cosine) liefern eine Funktion zurück, “Sinus Triangle” und “Sinus Circle” überfordern Alpha und die Alternative “Sine Triangle” liefern sogar einen Städtevergleich zwischen “Sanandaj,Kurdestan” und einem 5500 Einwohner Ort namens Triangle in Virginia. Gut, wieder was dazu gelernt.

Es tut mir leid, das noch einmal explizit so sagen zu müssen, aber es ist dann doch so, dass Wikipedia hier für den Sinus wesentlich mehr bietet, die nochdazu wahrscheinlich auch verständlicher sind. Dafür brauche ich definitiv keine ALpha Wissensmaschine. Mehr noch bin ich an dieser Stelle schwer enttäuscht….

Die Grenzen

Gerade bei Vergleich und Zusammenhang tut sich so eine Wissensmaschine ja durchaus schwer. Das Ziel hinter der Wolfram Alpha ist damit mehr als ein Ehrgeiziges. Denn vieles, was wir als Zusammenhang ausmachen, hat auch etwas mit Interpretation zu tun. Es ist vergleichsweise einfach, demographische Daten gegenüberzustellen und darzustellen. Geographische Daten sind damit recht einfach zu handhaben. Anders sieht es da bei geschichtlicher Information aus. Und die Komplexität naturwissenschaftlicher Fakten macht eine Darstellung von Zusammenhängen wahrscheinlich fast unmöglich.

Generell stellt sich die Frage, ob das Konzept der Wissensmaschine überhaupt der richtige Ansatz ist, wenn es um die Darstellung von Wissen und Relation geht und ob nicht hier schon die Grenzen liegen, die einerseits zu einer Fehleinschätzung und Überbewertung als auch zu dem unzureichenden Vergleich von Wolfram Alpha mit Google führen.  Sieht man sich allein die absoluten Basics der Semantic Web mal an, dann spielen dort zwei  Begriffe eine wesentliche Rolle: Meta und Link.

Vielleicht bedarf es mehrerlei, wenn es um die Beurteilung und den Umgang mit der Alpha geht. Der Datenbestand von Alpha muss wachsen und es muss deutlicher kommuniziert werden, was die Sache denn nun kann und nicht kann. Den Weg und die Form der Darstellung finde ich erfrischend gelungen.

Im Moment muss ich sagen, ist sie für mich in gewisser Weise faszinierend, die Alpha, parallel aber auch nicht wirklich wichtig. Ich bin auch bei Google niemand, der nur einen Link öffnet. Ich schau mir das alles an und bilde mir dann mein eigenes gedankliches Modell der Sache. Dann zumindest, wenn es um Wissen geht.

Eine andere Sache spielt da übrigens auch noch rein. Information ist das eine. Da bieten uns Google und Freunde schon eine Menge, um nicht zu sagen, gelegentlich zu viel. Bisher ist es ein intellektueller Prozess, aus Information Wissen zu generieren. Auch ist Wissen im Gegensatz zu Information etwas Subjektives. Ob dieser intellektuelle Prozess jemals von einer Maschine abgebildet werden kann, halte ich für fraglich. Vielleicht auch nicht unbedingt für wünschenswert…

Information, Wissen, Semantik damit also Konzepte des Webs, manches ausgereifter als das andere und alles in allem sicherlich “die Zukunft”. Hier stehen wir noch gewaltig am Anfang, auch Alpha. Schade, dass manche von Stephen Wolfram formulierten Ziele nicht ein wenig mehr Understatement rübermommen. kümmert sich einstweilen um ein Goethe Denkmal in Frankfurt an der Oder…

Update: Gerade erst gelesen. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Herr Drösser in der .

 

2 Antworten zum Beitrag “W wie Wissen, A wie Alpha”

  1. am 22 Mai 09 um 08:37 meint

    f

    schick deinen kommentar an die einschlägigen zeitschriften. er ist besser als alles was der publizistenmob bisher entworfen hat.

  2. am 22 Mai 09 um 10:48 meint

    Anne-Kathrin

    Danke für das Kompliment, schön, dass er dir gefällt, mein Artikel… Wir könnten das sicher weiterführen ;-)

    Den “publizistenmob” (was für ein Wort…) möcht ich trotzdem nicht über einen Kamm scheren, auch wenn ich glaube, du meinst damit vorwiegend die, die von der großen “Google Konkurrenz” sprechen und damit zeigen, dass sie wirklich nichts verstanden haben.
    Herr Drössler hat das schon gut differenziert und mich in gewisser Hinsicht beruhigt, hat doch das vorangegangene ZEIT Interview mit Stephen Wolfram nach meinen ersten Tests irgendwie einen komischen Nachgeschmack hinterlassen.

Auch was dazu sagen?