Online-Formulare: der Weisheit letzter Schluss?

Habt ihr Lust auf Online Formulare? Ich im allgemeinen nicht. Formulare erfordern bekanntlich eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit, mehr noch der Benutzbarkeit ganz generell. Die Antwort auf Online-Übermittlung heißt je nach Komplexitätsgrad vielleicht nicht notwendigerweise Formular. Zumindest dann nicht, wenn der Erstellungsprozess nicht gut geplant ist.

Das ist das Fazit meiner Überlegungen zu einer ganz realen Fragestellung zur digitalen Übermittlung großer Datenmengen und Informationen.

Das Szenario

Ein mehrseitiges Din A4 derzeit in Word vorliegendes Formular soll digital übermittelt werden, idealerweise sollen aus diesem Formular XML Daten extrahiert werden können, um die interne Weiterverarbeitung zu erleichtern. Bisher füllen die Nutzer dieses Word Dokument aus, drucken das Dokument und schicken es per Post. Denkbar wäre natürlich alternativ auch der Weg per Email. Die Anforderung XML ist damit jedoch nicht gelöst.

Übrigens: Eine denkbare Lösung liegt im Zauberwort WordML. Programmiertechnisch eine ärgerliche Geschichte, denn WordML ist über die Maßen proprietär und ein wüstes Sammelsurium an Inhalt und Formatierungsanweisung. Das alles ändert aber nichts an der generellen Machbarkeit per XSLT. Darum soll es aber nicht gehen…

Eine Idee, die zur Problemlösung diskutiert wurde, ist ein Online Formular, aus dem bei Übermittlung passende XML Dateien generiert werden. An dieser Stelle beginnt die Frage nach der Usability ebenso wie die Gratwanderung aus zwei Anforderungen:

  • der Wunsch nach Arbeitserleichterung bei der Weiterverarbeitung
  • Benutzerfreundlichkeit und Benutzbarkeit für die Benutzer, die das Formular ausfüllen

Vollkommen klar: wenn das Formular nicht akzeptiert wird oder nicht benutzbar ist, wird es auch nicht benutzt, sofern Alternativen vorhanden sind. Sind keine Alternativen da, wird der Schuss nach hinten los gehen: die Anfragen aufgrund von Fehlermeldungen werden zunehmen und damit wird aus Arbeitserleichterung ein Mehraufwand. Ebenfalls vollkommen klar: das Word Dokument kann nicht 1:1 übernommen werden.

Überlegungen zur Akzeptanz

Formulare sind ein einziger Dialog. Das ist die Message, die Luke Wroblewski in seinem Buch Web , das ich hier auch schon vorgestellt hatte, immer wieder betont. Recht hat er - man sollte diesen Aspekt nie aus dem Auge verlieren, denn er ist der erste Schritt zu mehr Benutzerfreundlichkeit.

Was sind eemplarisch typische Einsatzszenarien? Kontaktformulare beispielsweise, der Klassiker unter den Formularen, Anmeldeformulare, Bestellformulare, Bezahlvorgänge, Online Bewerbung, aber auch Suchformulare. Gelegentlich findet man auch Formulare für Anträge aller Art - meist dann, wenn sich hinter eben jenem Antrag ein echter Service verbindet, beispielsweise weil man damit Wartezeiten vermeiden kann.

Die Szenarien haben alle eines gemeinsam: sie haben einen Benefit für den Benutzer. Er spart sich einen Ämterrun, er kann online einkaufen, er kann Mitglied werden, … kurz er bekommt etwas dafür oder er hat einen echten Mehrwert (Zeitersparnis, bequemes Handling, schnellere Rückmeldung/Bearbeitung …).

Das Negativimage des Formulars überwinden

Es vor allem zwei Punkte, die das Formular mal generell unattraktiv machen:

  • Benutzer haben meist generell keine Lust, Formulare auszufüllen
  • (Komplexe) Formulare handeln sich weniger intuitiv als eine Papiervariante

Das Ziel muss also sein, das Online Formular attraktiv genug zu gestalten und alle Negativfaktoren weitestgehend auszuschalten, um alles in allem die User Experience zu erhöhen.

Generell kann das Thema Formular in drei Ebenen unterteilt werden ((PDF)): das Erscheinungsbild, der logische Aufbau des Fragen und Antworten Systems sowie die zu erledigende Aufgabe. Über die Vollständigkeit dieser Ebenen ließe sich vielleicht diskutieren, ich denke aber, sie bringen das Wesentliche auf den Punkt und lassen die richtigen Fragen Richtung Bedienbarkeit stellen.

Die Basics:

  • Informationen müssen klar gegliedert und optisch wie auch logisch übersichtlich gruppiert sein
  • Fragen sollten in stringenter Reihenfolge aufgebaut sein
  • das Formular muss sich an jeder Stelle auf die wichtigsten Informationen beschränken
  • es sollte klar gemacht werden, warum Informationen überhaupt benötigt werden
  • der Nutzer muss jederzeit wissen wo er in der Bearbeitung steht, er muss die Aufgabe unterbrechen, speichern und jederzeit wieder abrufen können
  • zu allen abgefragten Informationen muss es Hilfestellungen geben

Für mehrseitige, umfangreiche Formulare gilt das, was allgemein gilt, noch viel mehr. Wer jedoch unbedingt möchte, dass Benutzer das Ausfüllen eines Formulars abbrechen, sollte beherzigen…

  1. Ask for information the user doesn’t have at their finger tips.[...]
  2. Ask for a lot of information, but don’t tell me why you need it.[...]
  3. Force me to input data according to how your system wants to see it.[...]
  4. [...] provide cryptic error messages that tell me to correct my mistake, but then give no information about what I did wrong.
  5. [...] don’t give me any indication of where I am in the process.

An dieser Stelle übrigens wird es interessant. Wie beispielsweise garantiert man, dass der Nutzer alle benötigten Informationen wirklich zur Hand hat? Wie hält man ihn bei der Stange? Wie integriert sich das Online Formular in den typischen Nutzungskontext? Durchaus wichtige Fragen… teilweise recht individuell. Usability und User Experience eben.

Ohne Blick auf den Nutzer wird vor allem das Formular nicht funktionieren können.

Die Frage bleibt, ob das Online Formular wirklich in jedem Kontext das Mittel der Wahl ist, insbesondere dann, wenn die übermittelten Daten in jedem Fall manuelle Weiterverarbeitung erfordern.

Ein paar Online Ressourcen

Hier  ein paar interessante Links zum Thema Formulare, die ich zur Zeit unter anderem so durchforste und beackere:

Blog zum Thema Interface Design, UX und Usability

, Rosenfeld Media, 2008

Website von Caroline Jarrett und Garry Gaffney, die auch ein gleichnamiges Buch geschrieben haben

Umfangreiche Linksammlung

 

2 Antworten zum Beitrag “Online-Formulare: der Weisheit letzter Schluss?”

  1. am 28 Jul 09 um 18:43 meint

    [...] Online-Formulare: der Weisheit letzter Schluss? [...]

  2. am 28 Sep 09 um 22:38 meint

    nk

    Gibts gar keine Quintessenz? Schade.

    Formulare können auch Spaß machen. Bspw. mit Ajax.

    - Live-Validierung (bei positiver Validierung gibts nen Haken oder ein Bienchen)
    - Unterstützende Markierungen (farbige Ränder für den aktuellen Kontext) oder Informationen (aktuelle Zeichenanzahl, unterstützung durch Hilfetexte)
    - Vorauswahlen, Auswahllogiken (Bereiche ausblenden), Ajax-implementierte Vervollständigung

    Desweiteren zeigt bspw. einige Möglichkeiten

    - Navigationsprozess- / Fortschrittsanzeige: 1, 2, 3-Pattern, Tab-Reiter-Metapher o.ä.
    - Wizards
    - Javascript-basierte Eingabeformate („Pimpen“ von Eingabefeldern um bestimmte Eingabeformate zu forcieren)
    - Vermeiden von Select-Boxes
    - „Fill In The Blanks“
    - Live-Vorschau

Auch was dazu sagen?