Nachdenken über “Mobile”

Ein Punkt, der in keiner Trendliste fehlen durfte (nicht erst für) 2011 - wiedereinmal: alles, was mobil ist! Unter anderem also die mobile Website. Liest man. Vor allem “Mobile Experience” - liest man auch und denke ich mir dazu.

Ich bin positiv überrascht, dass in den vergangenen Tagen und Wochen immer weitere wirklich interessante Artikel rund ums Thema veröffentlicht wurden.
Meine ganz persönlichen Überlegungen inklusive einer kleinen Sammlung an (rein englischsprachigen) Funden, in einen Text gepackt.

Ich habe viel nachgedacht und ich werde nicht so recht glücklich. Ich denke dabei im Wesentlichen an die mobile Website, an den Kunden und an seine Kunden.

Dass wir 2011 aus Entwicklersicht endlich die Schallmauer der totalen Mobilisierung durchbrechen (insbesondere wenn es um mobile Websites geht - der App-Markt blüht ja…), so wie uns das diverse “Trends für 2011″ Listen glauben machen wollen und uns in jeglicher Hinsicht auf die zunehmende (und für die Besitzer mobiler Geräte ja inzwischen ganz alltägliche!) Bedienung von Websites durch mobile Geräte einstellen - ich glaube es einfach nicht.
Die Technik ist das eine (und hier gibt es ja wirklich schon tolle Sachen), das Wissen um die besonderen Anforderungen und den Benutzer innerhalb dieses ganzen Szenarios ist das andere.

Meine ersten und auf längere Sicht auch erstmal letzten mobilen Gestaltungsexperimente stammen aus dem Jahr 2004, das ist nun schon seine Zeit her. Kein Mensch sprach damals von “Mobile Experience” oder Ähnlichem, das iPhone und seine Kollegen waren in weiter Ferne, damals (wie heute übrigens) waren das einfach “kleine Displays”.
Die wesentlichen Regeln galten schon damals, geändert hat sich seither trotzdem eine Menge, vor allem aber die Menge an Geräten und die Fülle an neuen Möglichkeiten… Und das, was wir seit einigen Jahren “Mobile Experience” nennen, war zumindest 2009 laut Herrn Nielsen noch . Ich bin trotz allem überzeugt: Wir sind im Aufwärtstrend. Es tut sich was.

Das Thema Device… Alles oder Nichts?

Es fängt ja schon an mit der unterschiedlichen Geräten an.
Während auf meinen recht großen mobilen (Smartphone-) Display alles gut Platz findet, ich außerdem drehen und zoomen kann, wie ich möchte, der mit dem iPhone schon allein deshalb glücklich ist, weil er ein iPhone hat, gibt es die Nutzer, die mit etwas deutliche Älterem  unterwegs sind und noch nicht annähernd die “Experience” erfahren, die ich da gerade mitnehme. Die Hardware entwickelt sich rasant und nicht jeder ist bereit, jährlich in den neuesten Hype zu investieren (zu denen gehöre ich auch, stelle ich fest).
Ganz zu schweigen von iPads und anderem…
Mobil also ungleich Smartphone!

Ein Problem, denn hinter dem Thema “Ausstattung” (oder technischer “Device”) stehen nicht nur eine Menge reine Design-Überlegungen, die der ganz normale Kunde - an den ich unwillkürlich denke- gerne mal hinten anstellt, sondern auch viele konzeptuelle Fragen.
Aus Entwicklersicht wünsche ich mir natürlich irgendwann am Tag X einen State of the Art, der es nicht mehr notwendig macht, mich mit derlei Fragen bis ins letzte Detail auseinanderzusetzen. Aber da sind wir natürlich noch nicht…

Viel zu sehr noch läuft man im Moment noch Gefahr, subjektive Faktoren in den Entwurfs- und Designprozess einfließen zu lassen und hier im Besonderen bei der Fülle mobiler Geräte schlicht den Überblick zu verlieren oder alles in einen Topf zu werfen.
Irgendwie unbefriedigend ist da auch die Idee, am Ende des Designprozesses für eine Website beispielsweise noch schnell ein mobiles Stylesheet hintendranhängen zu wollen - ein Fehler wie beispielsweise Luke Wrobewski schon vor über einem Jahr meinte: heißt sein Credo.

Ein Grund beispielsweise liegt auf der Hand - ist aber vielleicht inzwischen auch schon wieder zu relativieren:

There simply isn’t room in a 320 by 480 pixel screen for extraneous, unnecessary elements.

Sehr wichtig finde ich da auch seine Überlegung, einzuführen, sich die Charakteristika dieser Gerätegruppen zunächst genau anzusehen und sich dann anhand dieser typischen Eigenschaften weiterzuhangeln. Ich beispielsweise möchte keine Website für das iPhone designen. Ich möchte es für Smartphones designen. Responsive Design nennt sich der vorgestellte Ansatz und ich denke, es ist einen weiteren, separaten Artikel wert.

Die Sache mit dem Inhalt

Die deutlich erhöhten, geänderten Anforderungen an Inhalt und Struktur sind nicht neu, sie finden sich beispielsweise schon bei Nielsen 2009 (s.o.). Also. Was zeigt man mobil und wie zeigt man es? Braucht man eine Subdomain oder auch nicht? Muss man die Inhalte neu aufbereiten und wenn ja wie?

UX Matters nennt im Beitrag ein paar wesentliche Punkte, die mir sehr plausibel erscheinen und damit ein Teil der Überlegungen sein müssen

  • prioritizing features and content
  • reducing levels of hierarchy for content
  • communicating workflows

Was bedeutet das? Im Wesentlichen geht es darum, Inhalte so aufzubereiten, dass Wesentliches schnell und einfach gefunden werden kann und genau das durch das das Design und (die Device-typischen) Funktionalitäten gelungen zu unterstützen.

Gerade hier unterstützt einen der Ansatz des “mobile first”: Ich schwitze nämlich ein bisschen bei dem Gedanken, weil es das, was zunächst so einfach aussieht, doch sehr verkomplizieren  und für den Betreiber einer Website ja auch in Arbeit ausarten kann (ja… ich weiß). Also: zunächst eine Gruppierung von Inhalten im Hinblick auf Devices und auf den Nutzungskontext, dann die entsprechenden Strukturierung, dann…

Die Sache mit dem Kontext

Vielleicht denke ich zu kompliziert…

Ich bin in den Anfängen, ich bin ja keine App-Coderin, ich will doch einfach nur meinen Frieden finden mit der mobilen Website. Andere machen das auch und die mobilen Varianten sehen mehr oder weniger gut aus, sind mehr oder weniger informativ und lassen sich (zumindest für mich) auch soweit so gut ganz anständig bedienen.

Die Lösung, einfach nach Fertigstellung noch ein “mobiles Stylesheet” hinter die Website zu hängen… ist zwar eine Lösung, aber sie ist für mich nicht ausreichend, weil sie gerade die Frage nach den inhaltlichen Hierarchien, nach der Aufbereitung der Inhalte und dem Nutzungskontext nicht ausreichend beantwortet. Kann ich auf diese Weise wirklich den Fokus auf die für den “mobilen Nutzer” wesentlichen Inhalte legen? Unterstütze ich den Benutzer in der für ihn gewohnten Bedienung seines Geräts?

Denke ich zu kompliziert? Sicherlich muss ganz speziell ich mich noch mehr in die Technik und ihre Möglichkeiten einarbeiten, um zumindest (auch) meine technische Linie zu finden. Fertig mit Nachdenken bin ich leider immer noch nicht. Ein weiterer Artikel von Luke Wroblewski über macht mir irgendwie Mut und vor allem Lust darüber weiter zu sinieren.

The three most important attributes of great mobile experiences: are uniquely mobile, are sympathetic to context, speak their power

Sehr interessant finde ich übrigens, dass im Kontext “Mobile” dann plötzlich wieder eine Geschichte zum Thema wird, die vor lauter UX ein wenig unterzugehen schien: Interaction und Tasks. Und da wundere ich mich zunächst ein bisschen über den Titel eines weiteren Artikels, der auf den ersten Blick vom Device und damit auch vom Kontext ablenkt: . Ebenfalls lesenswert.

Und so richtig begeistert hat mich dieser Tage die Fundstelle . Eine Website, die von Beginn an nach einigen der in den Artikeln beschriebenen Best Practices und Tipps aufgebaut wurde und sehr umfangreich über das Thema Mobiles Web informiert.

Und der Kunde? Das Projekt?

Tja, der Kunde - insbesondere der, der vielleicht mit dieser mobilen Welt noch gar nicht so viel am Hut hat.

Klar, nicht jede Website braucht derzeit zwingend eine mobile Variante. Vielleicht aber langfristig ja doch? Wieder einmal jedenfalls ein Thema, das innerhalb des Projekts zum ersten an Aufmerksamkeit gewinnen muss, damit wir überhaupt eine Chance haben, uns im nächsten Schritt über den User zu unterhalten.

Wir jedenfalls, so sehe ich das, sollten uns zumindest schon mal Strategien überlegen und bestehende Konzepte ausbauen, wie man Projekte mit “mobilem Kontext” anpackt. Es sind nicht ganz neue, insbesondere aber mehr Anforderungen an uns gestellt.

 

Auch was dazu sagen?