Neues-altes Grundverständnis?

Gerade habe ich bei Luke Wroblewski eine gelungene von Jeffrey Zeldman gefunden, der meines Erachtens einige Aspekte des Webdesignens so gelungen auf den Punkt bringt, dass man dringend auf dieses Fundstück hinweisen muss.

Auch rückblickend auf die Contao Konferenz Anfang Juni finden sich dort noch ein paar interessante weiterführende Gedanken (für alle, die beispielsweise Nina Gerlings Vortrag gehört haben, den von Carsten Kollmeier oder den des Teams Peter Müller/Thomas Weitzel).

Ich bin kein Freund neumodischer Begrifflichkeiten, eher hinke ich diesbezüglich auch gerne mal hinterher. Für mich ist das “How to” immer ein bisschen wichtiger als die Theorie dahinter.

Zwei Begriffe stechen dennoch ins Auge: Progressive Enhancement und Responsive Design. Nein, wir reden nicht über neue Technologien oder neue Devices sondern über ein neues (?) Grundverständnis und eine neue User Experience.

Progressive Enhancement, zu deutsch weniger schön “progressive Verbesserung” ist eine Abkehr der lange vorherrschenden Philosophie, alles müsse auf jedem Device möglichst gleich aussehen und möglichst gleich bedienbar sein hin zu der Auffassung, sich beim Webdesign in Punkto “alte Devices” auf das Wesentliche, nämlich den Inhalt zu beschränken und gegebenenfalls verschiedene Versionen für verschiedene Devices anzubieten, um auch die User “alter” Software bedienen zu können. Fortschrittliche Geräte oder Software (nicht nur der IE6) nutzen also den vollen Funktionsumfang, ich will nicht sagen “jeden Gimmick”, während Nutzer älterer Versionen mit dem Wesentlichen versorgt werden.  So neu ist das übrigens gar nicht, wie man bei lesen kann: Progressive Enhancement wurde bereits 2003 vorgestellt (zu der der IE noch in seiner Blütezeit stand und der Firefox gerade mal ein paar Monate auf dem Markt war).

Ein bisschen unschön an dem, was einem zum Thema so aufs Erste über den Weg läuft, ist auf den ersten Blick der Fokus auf das Thema Barrierefreiheit. Unschön deshalb, weil es meines Erachtens nicht nur ein Thema im Kontext Barrierefreiheit ist, sondern auch etwas mit User Experience zu tun hat (es ist ja nicht so, als hätten die mit den alten Browsern und den alten Smartphone Knochen keine positive User Experience verdient). Allerdings nur aufs Erste: ist nicht Barrierefreiheit auch User Experience - vielfach (man nehme mal Screenreader) auf einer anderen Ebene?

Progressive Enhancement also ein Design-Konzept.

Eng mit dem Progressive Enhancement verwandt: Responsive Design. Hier geht es um die Methode.  Auch hier wieder ein  mit dem irgendwie alles angefangen zu haben scheint. Hier geht es (nicht nur) darum, die unterschiedlichen Devices auf intelligtente Weise auf ihre Weise zu bedienen und abzudecken (Stichwort Media Query). Auch hierzu bei Luke Wroblewski zwei interessante Artikel: und . Diese beiden Artikel sind deshalb so interessant und auch so wichtig, weil sie bewusst machen, dass man in Devices und in User Experience denken muss. Und, dass Responsive Design eben nicht nur Design im Sinne von Layout ist und aus flexiblen Design-Elementen und einer Menge an media-queries besteht, sondern eine weitere Ebene hat. Insbesondere gefällt mir daran der mit Sicherheit zukunftsorientierte Ansatz “Mobile First”.

Responsive design is progressive enhancement taken to the next level.

(siehe )

Zurück zum Anfang:

Der Vortrag von Zeldman und die Zusammenfassung beinhalten einige wirklich knackige Aussagen,  zum Beispiel:

Progressive enhancement is a universal smart default. Most of agree that it’s a best practice to create an experience that can reach everyone.

Also: Nicht nachdenken über den IE6 als Beispiel für das rote Tuch eines jeden Webdesigners, nicht nachdenken über die Kommunikation des Thema Barrierefreiheit, nicht nachdenken über die Technik… Der Fokus eines jeden Nachdenkens liegt beim User, alles andere ist (unter anderem!) eine Frage der Technik.

Every device does not need to have the same experience. Trying to maintain the same experience in all devices is dated. It is an obsolete approach. People understand different devices provide different experiences.

Also: Nachdenken über den Nutzungskontext, Nachdenken über Devices, denken in Devices und denken als Mensch. Sich frei machen von starren Anforderungen. Aufklären.

Und was mir besonders gut gefallen hat, weil es für den Webdesigner, der mit XHTML mühsam lernen musste, dass sich hinter HTML eigentlich nur XML verbirgt und wir daher in Dokumenten denken müssen:

HTML5 is made for apps. It’s the first HTML designed for a World beyond documents. Every Web site is now an application.

alle Zitate siehe

 

Auch was dazu sagen?