Einkaufszentrum oder Boutique?

Es ist nun schon eine Weile her, da habe ich mal einen Artikel zu Joomla und Virtuemart in einer Zeitschrift geschrieben. Natürlich ging es auch um die Frage des “Warum gerade Joomla und Virtuemart?”. Es gibt gute Gründe für Joomla mit Virtuemart oder allgemeiner: es gibt gute Gründe für ein CMS und ein Shop Addon.

Allein schon deshalb erstaunt mich Mr. Teeman mit der Überschrift (seine kurze Antwort ist dann wohl: “Don’t use Virtuemart!”).  Und da ich kürzlich selbst die Entscheidung pro J+VM getroffen habe, ist nun der Zeitpunkt gekommen, das Ganze mal differenzierter zu betrachten.

Einkaufszentren vs. schuckelige Boutiquen

Es gibt ja Unternehmen oder Einzelhändler, die wollen nicht nur einen kleinen schnuckeligen Shop aufmachen, sondern ein ganzes Einkaufszentrum. Sie verkaufen beispielsweise Elektronikartikel oder ähnliches - wir wissen, wie groß hier die Produktpalette ist und die Anforderungen an schnelle, tagesaktuelle Preisgefüge und so weiter. Bei solchen Shops (es reicht dazu schon ein Blick in die Amazon Marketplaces) ist es vollkommen, naja sagen wir fast egal, wie liebevoll die Aufmachung ist, hier zählt vorwiegend Funktionalität. Eigentlich sind viele dieser Shops leider austauschbar, sie unterscheiden sich meist lediglich durch die Anzahl der Trusted Shop Banner, die Links auf diverse Preissuchmaschinen oder die Aggressivität der Bewerbung neuester Produkte (insbesondere Handys).

Nein, im Ernst. Es gibt einfach große Shops mit vielen Produkten, die brauchen eine große, leistungsstarke Software dahinter. Meistens - und das ist der bemerkenswerte Punkt, brauchen sie kein CMS “dahinter”.

Es gibt aber auch die kleinen netten Läden von Nebenan, die gerne eine Website hätten, um sich vorzustellen und zusätzlich einen sympathischen, kleinen Shop betreiben möchten. Ein Shop, der im Look and Feel zu ihnen passt, der eben jenes liebevolle ausdrückt und der nichts weiter können muss als eine mittelgroße Produktpalette zu verwalten und deren Verkauf zu managen. Der Online Shop als virtuelles Gegenstück zum Schaufenster. Vollkommen klar: Magento und Freunde sind hier Kanonen auf Spatzen. Mehr aber noch: sie machen es eher schwer, Website und Shop als “aus einem Guss” zu präsentieren und dieses persönliche “wir sind für Sie da” Flair rüberzubringen. Für den Betreiber, der sich, für CMS plus externen Shop entscheidet, bedeutet eine große Variante dann aber auch zwei Systeme, einen größeren Server, mehr Administrationsaufwand, damit erhöhte Kosten … und das alles für einen kleinen Shop. Es gibt keinen, aber auch keinen Grund das zu tun! (Außer das Produkt zwingt einen dazu!)

Schön? Noch nicht…

Klar, Virtuemart sieht in der Basisinstallation nicht schön aus und wir brauchen hier auch keine Loblieder singen. Aber. Virtuemart ist individualisierbar, denn es hat ein integriertes Themekonzept, in dem auch die kleinsten Snippets noch angepasst werden können. Ganz abgesehen davon, das muss so dringend mal gesagt werden, ist Virtuemart, gerade aufgrund der Tatsache, dass es jahrelang als Einmannshow lief, wirklich bemerkenswert! (Auch wenn ich mich insgeheim immer wieder über diverse Codeelemente und Altlasten ärgern kann…)

Das beginnt vielleicht mit der ein oder anderen Tabelle, die man gerne gegen DIVs ersetzt, geht weiter über diverse Überschriften, deren grundlegendes Prinzip vielleicht nicht so ganz ins eigene Joomla(!) Template passt und endet bei der Vergabe eigener Klassenstile oder auch IDs. Und dann wären da noch die kleinen Icons, wenn man da möchte, aber hierfür gibt es viele, riesige Pakete mit frei verfügbaren Icons aller Art. Das alles ist mühsam, aber es geht problemlos - bis in den Warenkorb. Es gibt eine einzige Sache, die ich wirklich etwas lästig finde - die Anpassung der Styles für die Bestätigungsfenster, sobald ein Produkt in den Warenkorb gelegt wird.

Wir kommen zu einem anderen Aspekt - den Kosten. Denn die treibt das durchaus anpassungswürdige Theme dann doch etwas in die Höhe und stellen einen vielleicht noch vor die Alternative, auf ein ganz anderes Pferd, sprich CMS zu setzen. Sehen wir aber mal davon ab, dass sich der Shopbetreiber damit laufende Kosten der “eierlegenden Wollmilchsau” spart, ist das alles immer noch günstig.

Eine andere Sache ist bei jedem Shop eine Überlegung wert und die habe ich schon oft angesprochen, weil sie viel wesentlicher ist: Was kann der Shop? Und vor allem die Frage nach den Fragen, die vorab geklärt werden müssen. - Für mich übrigens zählt hier das Argument, man könne Virtuemart oder XYCart ja anpassen, nur marginal. Es gibt Featurerequests, die würden den Totalumbau erfordern. Ob dem so ist, muss vorab klar sein.

CMS missbraucht?

Nein, Mr. Teeman, es hat meines Wissens nie jemand davon gesprochen, dass es sich bei Joomla um ein Tool zur Erstellung von e-Commerce Sites handelt (wie übrigens auch bei anderen Content Management Systemen nicht, wie der Name schon sagt). Aber der Wunsch, in ein Content Management System auch einen kleinen Shop zu integrieren (nicht nur Joomla!), ist durchaus legitim:

  • der Betreiber muss nur ein System warten, pflegen und befüllen und bezahlen(!)
  • das Layout von CMS, Shop und anderen Komponenten ist aus einem Guss, nachdem man es nach seinen Wünschen angepasst hat
  • Es besteht die Möglichkeit mit Hilfe eines Systems weitere Funktionen einzuhängen (Addons aller Art)
  • der Betreiber ist nicht darauf angewiesen, typisches e-Commerce Marketing zu machen sondern kann auch die SEO und sonstigen Promotionmöglichkeiten innerhalb des CMS nutzen

Komisch, gerade in der von Mr. Teeman angesprochenen User Registrierung habe ich noch nie den Benefit schlechthin gesehen. Vor allem nicht den einzigen.

Gerade für kleine Shops, Websites, die vielleicht zunächst als Website starten und sukzessive eine Produktpalette aufbauen, empfinde ich Joomla und Virtuemart als gelungene Option. Und genau deshalb würde ich es jederzeit einsetzen, wenn es heute um einen Shop geht. Trotz der vielen Arbeitsschritte, die zwischen Installation und dem Launch einer individuellen Website mit Onlineshop liegen.

Und ich finde, genau diese Differenzierung zwischen dem Einkaufszentrum und der Boutique sollte man dann doch machen, wenn man CMS plus Shop Addon verflucht und eine getrennte Lösung von CMS und Shop propagieren möchte. Aber vielleicht machen andere ja nur Enterprise Shops?

 

8 Antworten zum Beitrag “Einkaufszentrum oder Boutique?”

  1. am 14 Jul 09 um 19:26 meint

    Besten Dank diese INformation kam genau zum rechten Zeitpunkt.

    Viele Grüße
    Rainer

  2. am 14 Jul 09 um 19:30 meint

    Anne-Kathrin

    Vielleicht noch passend dazu, den hätte ich eigentlich verlinken wollten, habe es aber vergessen:
    http://www.medamind.de/webdevelopment/2008/shop-software-die-qual-der-wahl/

  3. am 15 Jul 09 um 01:04 meint

    Steff

    Bleiben wir mal bei den Boutiquen.

    Gerade die Arbeit mit zwei Systemen und zwei Administrationsoberflächen ist für den “kleinen Laden” sehr aufwändig und nicht einfach. Wenn nur eine Person zwei Systeme pflegen will und die grafische Oberfläche der Systeme selbstverständlich “aus einem Guss” ist, bleibt die Orientierung nicht immer leicht. Wenn der Kunde dann der Adresszeile im Browser nicht viel Beachtung schenkt, ergeben sich durchaus Fragen.
    Kunde: Ich bin auf der Seite x und will einen Textabschnitt bearbeiten, finde diesen im Shop aber nicht.
    Webentwickler: Können Sie auch nicht finden, diese Seite wird über das cms verwaltet…
    Man kann noch eins draufsetzen, wenn zwei unterschiedliche Editoren, egal ob texteditor oder wysiwyg, in den Systemen zum Einsatz kommen und der Kunde lustig drauflos verwechselt.
    Hab ich so erlebt und draus gelernt!

    Mit Joomla und Virtuemart ist es für den Kunden einfacher. Ich persönlich mag Joomla nicht so sehr und habe es nur wegen VM benutzt - ich würde es wohl wieder machen…

  4. am 15 Sep 10 um 11:36 meint

    Reto

    Ich bin schon sehr erstaunt darüber, dass jemand VM als Shop empfiehlt, obwohl dieser an vielen Stellen falsch rechnet, nicht einmal in der Lage ist, den Artikelpreis nach Auswahl eines Attributes mit anderem Preis richtig anzuzeigen, keine ordentliche EU-Steuerberechnung hinbekommt, ein total grottiges Design hat und aus rechtlicher Sicht nicht einmal in der EU verwendet werden dürfte, ohne Abmahnungen zu riskieren. Sorry, aber ein so laienhafter oberflächlicher Bericht über eine durchweg schlechte Shoplösung ist nichts wert.

  5. am 15 Sep 10 um 12:00 meint

    Anne-Kathrin

    @Reto.

    Selbstverständlich ist jeder, der heute einen Shop aufzieht, angehalten, sich über Rechtliches zu informieren. Virtuemart wurde die vergangenen Jahre extrem auf die Konkurrenzfähigkeit im EU Raum hin ausgebaut und sollte das (wie jeder andere Shop auch tun) tunlichst auch weiterhin tun, denn es ändert sich ja permanent etwas daran.
    Gerade an dieser Stelle ist es vielleicht unschön, dass Sören die Entwicklung des Shops abgegeben hat.

    Es erstaunt mich hingegen noch mehr, dass ich, die ich (nicht nur EU weit) in den vergangenen Jahren einige Virtuemart Shops aufgezogen habe, mich dem Vorwurf eines oberflächlichen Berichts gegenübersehen muss. Hier geht es nicht um technische Details. Hier geht es anhand von Virtuemart um die Frage Shopsystem oder CMS plus Shopkomponente. Klar könnten wir über Virtuemart streiten, die Frage ist nur: wie
    Schade an deinem Kommentar ist nämlich der insgesamt angeschlagene Ton.
    Ich schreibe beispielsweise, dass Virtuemart nicht schön ist - das aber gleich in flapsigem Ton als grottiges Design abzutun, ist fragwürdig (außerdem müssen wir uns immer vor Augen führen, was es heißt, ein Open Source Projekt zu managen). Ansonsten nämlich könnten wir hier eine sachliche und zielführende Diskussion führen.

    Die Frage bei Virtuemart ist vollkommen klar: was willst du und was bist du bereit, zu investieren. Wenn man investiert und was die Konzeption und auch die rechtlichen Fragen hinsichtlich eines Online Shops gut informiert ist und sich daran hält, wird man mit Virtuemart viel Freude haben.

  6. am 15 Sep 10 um 12:23 meint

    Vorab:
    - ich finde den Beitrag gut und sachlich
    - ich bevorzuge die Lösung CMS+Shop für kleinere und mittlere Firmen / Shops
    - ja, ich nutze, programmiere, “vertreibe” … Virtuemart (national und international)

    Somit erlaube ich mir - ähnlich wie Anne-Kathrin - Virtuemarts Stärken und Schwächen beurteilen zu können.

    Die von “Reto” dargestellten Punkte kann ich jedoch nicht bestätigen.

    - Design: welcher Shop nutzt Rhuk-Milkyway mit default Virtuemart-Layout?!? Zu einem Shop gehört ein dem Produkt und Anbieter angepasstes Layout. Wie egal ist mir da das Standardlayout? Zumal die meissten Elemente zentral über CSS angepasst werden können? Meine individuellen Theme-Verzeichnisse enthalten i.d.R. 10 - 15 angepasste Template-Dateien

    - ich habe keinen Virtuemart-Shop, der “falsch rechnet”. Abgesehen von einem bereits gefixten Bug bei der Berechnung der Steuer unter ganz bestimmten Voraussetzungen bei Verwendung von Gutscheincodes ist mir kein (ungehacktes) Virtuemart mit Rechenfehlern bekannt.

    - Virtuemart ist momentan der einzige Shop für Joomla, der internationale und EU-Steuern kennt und korrekt (sofern richtig konfiguriert) berechnet. Virtuemart ist bei sehr vielen internationalen Shops ohne diesbezügliche Probleme im Einsatz. Nur am Rande: mit den dargestellten Makeln hätte Virtuemart wohl nicht die “Trusted-Shops” Zertifizierung erhalten. Ist zwar nichts Amtliches, aber dort werden auch diese Dinge abgeklopft.

    Insgesamt also ein unsachlicher und unfreundlicher anonymer Kommentar. Ich würde mich freuen, wenn “Reto” mir die Probleme mal darlegen könnte - Klick auf meinen Namen genügt…

  7. am 19 Nov 10 um 12:40 meint

    VM und die Steuern…
    Was mit bei VM noch fehlt ist die getrennte Ausweisung von verschiedenen Steuerklassen (z.B. 7% und 19% Beträgen) auf der Rechnung.
    Da muss wohl noch “Hand angelegt” werden…

  8. am 19 Nov 10 um 17:52 meint

    Die Ausweisung von beliebig vielen Steuerarten innerhalb einer Transaktion ist in Virtuemart enthalten. Sobald mehr als eine Steuerart vorhanden ist, wird die Aufstellung der verschiedenen Beträge ausgegeben. In der Datenbank ist dies ein gesondertes Feld: #__vm_orders -> order_tax_details

Auch was dazu sagen?