Über das Lesen in einem und das Leben mit Buch

Lesen, das gehört einfach dazu. Ich liebe Bücher. Sie machen mir Freude und sind Teil (auch nach dem Lesen) meiner Lebensqualität. Umso skeptischer stehe ich der Digitalisierung von Büchern für den persönlichen Gebrauch gegebenüber. Ich würde mir kein wie auch immer benanntes Gerät kaufen, um damit Bücher zu lesen.

Und so ist dann auch ein wenig shocking: In Japan entdeckt man mehr und mehr das digitale Buch, weil es Platz spart.

Das Schöne an diesem dann doch eher traurigen Bericht: die Japaner lesen noch. Sie wollen es auch nicht aufgeben. Sie haben nur keinen Platz (mehr) für ihre Bücher, weil sie sowieso schon so beengt wohnen.

Klar, aus pragmatischer Sicht ist das vollkommen nachvollziehbar:
Bevor ich meine Bücher einstampfe, lasse ich sie kurzerhand digitalisieren, verteile sie auf verschiedene Gerätschaften und ein paar handliche Festplatten und behalte meine Bibliothek, während ich gleichzeitig Raum schaffe. Und weil das Ganze so praktisch ist und das Einscannen so mühsam, verwundert es auch nicht, dass ein paar findige Japaner hier sofort ein Defizit erkannt haben und sich damit vielleicht auf kurz oder lang eine goldene Nase verdienen. (Vielleicht verdient dabei auch wieder jemand, der sich der nutzlos gewordenen Papierberge annimmt?).

Sind wir auch auf diesem Weg? , - ich kann mir den Gedanken einfach nicht verkneifen. Wir haben zwar deutlich mehr Platz für uns und unsere Lieben, damit auch für unsere Bücher, aber vielleicht brauchen wir unsere Wände, an denen bisher die Bücherregale standen, ja in Zukunft für überdimensionierte Flatscreens, sonstiger Sinnlosigkeiten oder sie weichen dem totalen Trend zur weißen Wand?
Und das, trotzdem uns der IKEA Katalog bereits seit Jahren lehrt, wie wir unsere Bude bis oben hin mit Billys vollstopfen können?

Amazon.com verkauft schon jetzt Kindle Bücher als Paperbacks - Hilfe! schreit es da in mir.

Wie bitte soll ich meine Nase in frisch ausgepackte, digitalisierte 500 Seiten stecken, um den Duft eines neuen Buchs aufzusagen?
Wo bleibt dieses wunderbare Gefühl, ehrfürchtig einzelne Seiten umzublättern und sich an der Haptik eines schönen Papiers zu freuen?
Wie soll ich mich an dem Blick bunter Büchrücken freuen?
Wie mache ich mir den Spaß, doch gelegentlich darüber zu sinieren, sie alle mal in neue Ordnung zu bringen?
Woher soll ich dieses Gefühl von Geborgenheit nehmen, das mir meine ganz realen Bücher geben?
Und schmeckt das Betthupferl immer noch so gut, wenn ich dabei nicht aufpassen muss, keine Schokoladenflecken auf den Seiten zu hinterlassen?

Das Ganze hätte höchstens einen positiven Aspekt für mich: Das digitale Buch spart das Abstauben. Aber das ist ja sowieso eine eher theoretische Überlegung.

 

Eine Antwort zum Beitrag “Über das Lesen in einem und das Leben mit Buch”

  1. am 14 Feb 11 um 18:37 meint

    Thorsten

    Hier mal ein paar eher ungeordnete Gedanken zu Deinem Beitrag.

    Ich bin begeisterter Leser, früher anfassbare Bücher, heute immer mehr digitale. Ich kann das “Haptik”-Argument letztendlich nicht so wirklich nachvollziehen, wenn ich mal von einer eher “nostalgischen” Sichtweise absehe (siehe aber den letzten ABsatz zu einer anderen Variante der “Haptik”). Versteh’ mich mich nicht falsch, ich LIEBE den Geruch von neuen sowie alten Büchern.

    Ich vermute, dass es irgendwann wohl mal den Zeitpunkt geben wird, wo es zum Paradigmenwechsel in Sachen Lesen kommen wird; ob das nun in 2, 5 oder 50 Jahren ist, keine Ahnung. Ich glaube es ist sehr oft schwierig, sich von alten Gewohnheiten zu trennen und sich auf Neues einzulassen. Für Bücherliebhaber bin ich für die mittelfristige Zukunft optomistisch, dass es noch länger Papierlektüre geben wird.

    Ich finde, es hat alles seine zwei Seiten: einerseits kann man eine sehr große Anzahl elektronischer Bücher mit sich führen, wenn man will. Andererseits muss man gleichzeitig höllisch aufpassen, dass einem das Lesegerät dabei nicht mal runterfällt: ist mir mit einem Tablet passiert, war danach Schrott. Ein heruntergefallenes Buch, dass zerstört wird, ist vergleichsweise günstig und kann leicht ersetzt werden. Andererseits ist es schwierig, diverse Papierbücher immer mit sich herum zu schleppen.

    Paradoxerweise ertappe ich mich übrigens dabei, dass ich eine Hemmschwelle habe, mir elektronische Lektüre anstatt papierne zu kaufen (ich lese copyright-freie Klassiker und von Autoren selbst publizierte Inhalte, meist von Feedbooks oder Projekt Gutenberg). Der anfassbare, erfassbare “Wert” scheint irgendwie zu fehlen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das nicht auch eher psychologischer Rauch ist, denn auf den Inhalt sollte es ja ankommen. Eine Umstellung kann also ein längerer Prozess sein. Ich bin mittendrin.

Auch was dazu sagen?