Es gibt kein Patentrezept

Mit dieser Frage beschäftigt sich ein interessanter Artikel auf UXMatters. Ein Thema, das mich vor einiger Zeit sehr gereizt hat und ein Artikel, der natürlich animiert, meine Überlegungen weiterzuführen- nicht nur, was UX und agile Softwareentwicklung betrifft.

Ein lesenswerter Aufhänger und ein paar weitere Überlegungen.

Da lang? Gibt es nicht…

Tja, ein Fazit der Form

Agile methods are not appropriate for all projects, but working in a more agile way can help UX professionals deal with changing requirements more flexibly.

mag in irgendeiner Form desillusionierend sein. Es gibt kein Patentrezept. Und trotzdem trifft es den Nagel auf den Kopf. Interdisziplinäre Arbeit, der Blick über den eigenen Tellerrand und eine gelegentliche Abweichung von alteingesessenen Vorgehensweisen können inspirierend sein und zum erfolgreichen Projektverlauf beitragen. Als Prinzip angewandt, ist das “Abschauen” aber wahrscheinlich genauso kontraproduktiv wie die jede andere “Engstirnigkeit” auch.

Agil? Ja!  - aber vor allem zusammen

Der Vorteil des agilen Ansatzes liegt in seiner Praxisnähe und in seinem aktiven Charakter. Nicht bis zum Anschlag dokumentieren und in Pflichtenhefte pressen, sondern in kleinen Schritten umsetzen. Nicht eng an einem Plan kleben, sondern sich auch auf Änderungen einlassen. Nicht den Vertrag sondern den Kunden in den Vordergrund rücken. Und den Nutzer und sein Handeln in den Vordergrund stellen. Das gesamte findet sich übrigens auf gleichnamiger Website.

Klingt doch eigentlich in Ansätzen schon ein bisschen nach UX, oder? Und zwar nach UX in zweierlei Hinsicht: ein Entwicklungsansatz, der in sich selbst die Erwartungshaltung des Auftraggebers erfüllen könnte  und parallel dazu, richtig gemacht, zu benutzerfreundlichen Produkten mit dem gewissen Look and Feel führen kann.

Und trotzdem behaupte ich: Agile Softwareentwicklung (wie auch agile Ansätze in anderen Entwicklungsbereichen) sind etwas für Profis, damit der Schuss nicht nach hinten losgeht. Denn aus einem unstrukturierten Entwicklungsprozess wird vor allem gerne eines: eine Neverending Story. Notwendig ist also vor allem eines, nämlich der Gesamtüberblick, ein gemeinsames Ziel und das Wissen um die Zeit und den Aufwand, den es kosten wird, das alles umzusetzen. Die Verwechslungsgefahr ist groß. Agile Software Entwicklung kann nicht heißen, einfach mal loszulegen und dann zu schauen, sondern erfordert eine Menge an Blick auf das große Ganze. Ich bin der Meinung, dass gerade agile Methoden eine Menge an Disziplin erfordern, um alle Beteiligten “auf Kurs” zu halten.

Agil - das hat für mich vor allem etwas mit Team zu tun und unterscheidet sich auch darin von anderen Ansätzen, in denen alle Beteiligten strikt ihren Job nach Anweisung machen und zwar genau zu dem Zeitpunkt, zu dem es sinnvoll erscheint, weil im typischen Wasserfallmodell eben diese und jene Schritte nacheinander “immer schon so gemacht” wurden.

Flexibel, - gern auch mit Mut zur Improvisation

Es gab vor einigen Monaten einen anderen, sehr interessanten Artikel auf UX Matters: erklärt auf recht anschauliche Art und Weise, dass Software Entwicklung ein iterativer Prozess ist, der sich, mit den richtigen Zutaten ausgestattet, ein bisschen mit Kochen nach Rezept vergleichen lässt. Diese Analogie hat mir deshalb gut gefallen, weil sie zeigt, wie wichtig es ist, in kleinen Punkten von eigentlichen Konzepten abweichen zu können und Mut zur gelegentlichen Improvisation mitzubringen. Vor allem aber, dass im Finish iterative, kleine Änderungen liegen - ein dann doch sehr praxisorientiertes, lebendiges Beispiel, denn das strikte Kochen nach Rezept kenne ich ebenso wenig wie ein Projekt, in dem jeder einzelne Handgriff so gemacht wird, wie ursprünglich geplant.

Benefits und Fazit?

Man mag sich fragen, was der eine mit dem anderen Artikel zu tun hat, - ist doch letzterer wahrscheinlich wieder näher an klassischen Entwicklungsprozessen als es das agile Manifest und agile Software Entwicklung vorsehen. Genau darin liegt meines Erachtens der Mehrwert: es ist vollkommen egal, wie man das Kind nun nennt.
Da es kein Patentrezept gibt, in vielen Theorien aber durchaus Elemente liegen, die zur gelungenen Durchführung und dem erfolgreichen Abschluss eines Projekts beitragen können, kann man sich hier und da etwas abschauen und individuell seine eigene “Mixtura” zusammenstellen.

User Experience hat ja nicht nur mit einem Produkt oder Service zu tun sondern auch mit der Welt, in der sich das Ganze abspielt. Wenn ich hier schreibe, dann denke ich an Software, an Webtechnologien, an Websites und viel auch an Reizüberflutung und Masseninformation - Internet eben, mit allem, was dazu gehört, Technologien, die vernetzen und uns auch ein bisschen sozialer machen wollen (oder sollen?). Vor allem aber auch an ein Tempo, das es manchem schwer macht und technischen Entwicklungen, denen Menschen wie ich, immer ein wenig hinterher hecheln. Laien wahrscheinlich noch mehr…

Wenn ich heute an meinen Job denke, dann empfinde ich Artikel wie die auf UX Matters als wirklich inspirativ. Nicht, weil sie  Rezepte in die Hand geben, wie  etwas geplant und durchgeführt werden könnte, sondern weil sie zeigen, dass da irgendwo auch Menschen im Spiel sind. Dass es nicht nur um das “totale Konzept” und ein Arbeiten nach striktem Plan geht, sondern um irgendein großes Ganzes.

 

Auch was dazu sagen?