Gestern Marienkäfer, heute YouTube

In meinen Haushalt gibt es im Moment mindestens fünf Computer, die zum Teil auch von meinen Kindern genutzt werden und natürlich auch alle irgendwie vernetzt sind - untereinander und mit dem Rest der Welt. Das Fatale ist: mindestens einer läuft auch meistens, -meiner. Die anderen mehr oder weniger häufig.
Auch wenn ich keine computersüchtigen Kiddies habe (zum Glück):

Irgendwie habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Nutzung und die Existenz des Computers bei meinen Kindern auch irgendwas Positives mitbringen könnte.
Insbesondere setze ich dabei alles auf meinen Kleinen, der ist vier.
Eine Generationenfrage oder der “Ehrgeiz” einer Mutter?

von Legomännchen und Marienkäfern

Vor Jahren versuchte ich, meinen Sohn zum Programmieren zu animieren.
Eine Software mit “Lego drauf” sollte dabei gute Dienste leisten: es ging darum, einen Roboter zu programmieren, der Müll zusammensucht.
Alles easy going, kindgerecht aufgemacht mit Riesengraphiken. Sogar alles objektorientiert.
Kind hat lieber selbst Lego gebaut. Das Ding landete in der Ecke und wurde nie mehr rausgeholt.
Auch das pädagogisch wertvolle Programm mit dem Marienkäfer, das damals den European Academic Software Award gewonnen hat, konnte uns nicht recht überzeugen (mich noch mehr als meine Kinder).

Und dann befand sich über die weitläufige Verwandtschaft plötzlich eines Tages ein Barbie Laptop in unserem Haushalt. Verkauft wird einem sowas als Lerncomputer. Der landete aber glücklicherweise auch ohne mein Zutun schnell in der Ecke.

Hoffnungsträger Schule?

“Computer in der Schule” entpuppte sich zumindest bei uns als Flop. Die Grundschule verfügte über eine Unzahl eher schrottreifer Kisten, die nette Eltern von in Regensburg ansässigen Firmen abgestaubt und damit vor der Entsorgung gerettet hatten. Die Rechner besaßen nicht mal eine Soundkarte (während die meisten Spiele, auch die pädagogisch wertvollen, meistens eine voraussetzen), die Tastaturen klemmten, die Mäuse waren speckig abgewetzt und die Bildschirme flackerten in den fröhlichsten Farben. Vom Internetanschluss in Klassenzimmern haben wir als Eltern erst gar nicht zu träumen gewagt.
Es war also utopisch zu glauben, das hätte irgendwie etwas gebracht, weder für den Unterricht noch für die Kids. Dass die Computer immer mehr aus den Klassenzimmern verschwanden, hat mich nicht gewundert. Nein, den Lehrern ist kein Vorwurf zu machen, ich glaube, die hätten das auch gerne anders gehabt.

Gynmasien haben es da übrigens besser, denn die haben mehr Geld. Dass bei besserer Ausstattung grundsätzlich mehr rausspringen würde, habe ich leider bisher nicht erkennen können. Nur musste ich jedesmal sofort für den Informatikunterricht einen USB Stick kaufen und meine Kinder wissen jetzt zwar nicht, wie man Word effizient bedient, konnten aber nach einem Schuljahr Informatik dafür tolle Sachen mit Paint malen (und haben mir damit was voraus).

Wie man im Internet richtig recherchiert, für ein Referat beispielsweise, das haben sie nicht gelernt (na gut, steht im Lehrplan auch hinter Malen mit Paint). Nach Wikipedia ist Schluss und dass es praktische Dinge wie dict.leo.org kennt, das hatte sich offenbar bis zur 10. Klasse noch nicht rumgesprochen. Allerdings - und da großes Lob: es wird in manchen Schulen komplett mit Linux gearbeitet. Referate mit PowerPoint oder eben OpenOffice erfreuen sich übrigens größter Beliebtheit, dumm nur, wenn bei einer mit Musik bestückten Power Point Präsentation die Verkabelung des Laptops mit der Anlage nicht funktioniert. Kann ja mal passieren.
Also: es ist meine Aufgabe, beschließe ich.

Kids von heute

Mein Kleiner weiß inzwischen genau, dass man Sachen im Internet bestellt und Bücher bei Amazon kauft (warum ich in die Buchhandlung lieber allein gehe, steht auf einem anderen Blatt). Er kennt die schönsten Shops, in denen man Bob der Baumeister oder Spiderman Accessoires findet und klickt sich fröhlich durch YouTube, so man ihn denn lassen würde. Nicht ganz unkritisch übrigens: bei YouTube ist unbedachterweise ein “Kindervideo” a la KiKa nur drei unbefangene Klicks weg von Inhalten, die man seinen Kindern lieber nicht zeigt, also dann lieber doch etwas Vorsicht.
Und entdeckt den Computer, fährt forsch mit der Maus rum, klickt schnell mal hier mal da und hätte mir experimentierfreudig gerne schon mal die ein oder andere Einstellung editiert.

Mit Paint brauchen sie ihm nicht mehr kommen. Er weiß schon wie das geht - und wir wissen das inzwischen auch. Freihand Malen mit der Maus? Gar nicht so einfach…

Mütter von heute

Trotzdem überlege ich mir: wie führt man nun sein Kind vernünftig zum Computer? Und erstrecht ins Internet?
Wenn ich schon den ganzen Tag davor sitze (und nochdazu mein Geld damit verdiene), dieser ganze “Computerkram” damit also unser Leben völlig in der Hand hat, muss das doch ein Anspruch sein, denke ich mir. Den Rechner als Hilfsmittel haben sie noch nich erkannt. Offenbar gibt es da keinen Bedarf (mehr).
Früher da haben wir Primzahlen durch den C64 rattern lassen und die ganze Familie hat sich gefreut. Ob das sinnvoll war, sei mal dahin gestellt.
Aber irgendwie erscheint es mir doch erstrebenswert, zu vermitteln, dass so ein Rechner noch ganz andere Sachen kann, als die Kids via Web 2.0 oder WoW zu verbinden. Ich erinnere mich noch mit Schrecken daran, als meine Kinder mir eines Tages verkündeten, sie seien nun Forenadministratoren. Da hatte es sich erstmal auscomputert, auch wenn restlos alle Klassenkameraden sich damals irgendeiner Onlinegilde verschrieben hatten.
Und täglich stellt sich die Frage neu, ob ich nicht nun doch mein Equipement, das komischerweise für meinen Job gute Dienste leistet, aufstocken muss, weil das neueste Spiel eben eine noch schnellere Graphikkarte braucht.
Fangen sie vielleicht doch noch irgendwann das Programmieren an? Wär doch eigentlich ganz schön, denke ich mir. Oder auch Websites? Oder eben mal mit einem Graphikprogramm? Fotos und Bildbearbeitung?

Pädagogisch wertvoll? Ein Versuch

Weil ich es beim Kleinen eben noch gerne versuchen würde, was bei den anderen nie stattgefunden hat, habe ich mich einfach mal bei Amazon & Co. schlau gemacht. Die ganzen pädagogisch wertvollen Programme und Bücher für die Kleinen, zum Teil auch die von Schulbuchverlagen, sehen allerdings auf den ersten Blick nicht so aus, als böten sie das, was ich mir vorstelle, wenn ich wenigstens schon Kind Nummer Drei in die richtige Richtung lenken möchte.

Malvorlagen mit Motiven von Bildschirmen mit Mauszeigern? Nee danke, wirklich nicht. Wahrscheinlich sind die Gründe dafür, dass im Kindergarten überhaupt keine Computer eingesetzt werden ähnlich wie die an der Grundschule (bei uns natürlich, woanders mag das anders sein).

Was die Schule betrifft, so empfinde ich das alles als mehr als theoretisch. So liest sich dann auch der Lehrplan (in Bayern) -hier ein Auszug aus der 6. Klasse G8:

  • Objekte als Informationseinheiten in Graphiken
  • Objekte einer Vektorgraphik: Attribut, Attributwert und Methode
  • Beschreibung gleichartiger Objekte durch Klassen: Rechteck, Ellipse, Textfeld, Linie

Das klingt nicht unbedingt nach Spaß an der Sache - dabei wäre es doch so naheliegend, sich dann mal ein Graphikprogramm aus der Nähe anzusehen (und Paint ist keines). Ich bin der festen Überzeugung, dass man sich auch als Teenie dort schon austoben kann.

Allerdings erinnere ich mich mit Schrecken an meine Computerkurse an der Uni, in denen es darum ging, in Pascal oder C eine Adressverwaltung zu programmieren. Warum zum Teufel brauche ich sowas, habe ich mir damals gedacht und pfichtbewusst irgendwas programmiert, das irgendwas verwalten konnte und nebenher dank Uni auf einer alten Unix Kiste über die Kommandozeile mit dem andere Ende der Welt kommuniziert.

Mit dem Kleinen schlage ich alles im Internet nach, was uns bei unseren Spaziergängen so unterkommt oder gerade ein interessantes Thema ist. Raupen, Schmetterlinge, Fledermäuse, Motorräder. Dass man bei Google auch Bilder suchen kann, hat er schon gelernt. Trotzdem baut er sich heute schon lieber sein Legoauto auf dem Computer.

Ich denke weiter, während ich neue Fotos machen soll (für Schüler VZ, ist doch klar), wieder mal ICQ installiere (noch bin ich der Admin wenn möglich, auch wenn mein Sohn sagt, das sei alles ganz einfach “klick, klick, klick, ich akzeptiere…, klick, ok”), an irgendwelchen Kisten rumschraube oder mir die neuesten, gerade gefundenen Chuck Norris Witze anhöre, als YouTube Video, versteht sich.
Übrigens

kann Chuck Norris Vista auf einem C64 installieren…

Und mein Hund liegt unter dem Schreibtisch und will mir wohl am liebsten sagen: “Mach doch endlich mal die Kiste aus, lass uns in der Wiese buddeln, du hast ja schon völlig verquere Gedanken”.

 

Auch was dazu sagen?