Semantik: die Sache mit der Überschrift

Das, wie ich es im letzten Artikel nannte “aufmüpfige” Gegenüber ist gar keine so wirklich querulante Spezies sondern in diesem Fall eine, die sich nicht alles erzählen lässt. Ein bisschen “beratungsresistent”, in erster Linie aber mit eigenen Vorstellungen und sowas mag ich dann auch, denn es lässt mich oft schmunzeln und auch nachdenken.
Eine Geschichte aus der Praxis. Eine Geschichte, von jemandem, der das anders sieht.

Das “Problem”

Es ging um eine Website, klar. Die Seiten wurden gerade mit Leben und Inhalt gefüllt (CMS mit einem abgespeckten Tiny MCE) und eines Tages entdeckte ich ein wüstes Durcheinander von H1 und H3s in beliebiger Reihenfolge.
Es erschien mir nicht sinnvoll. So hatte ich mir das weder logisch (= semantisch) noch optisch vorgestellt. Der optische Aspekt spielt für mich als der “Gliederungsdenker” dann schon auch eine Rolle, daher gab es eine wie auch immer geartete visuelle Abstufung der Überschriften im Content Bereich, die ich durch die fehlende H2 irgendwie durchbrochen sah. Zusätzlich zu einem Ordnungsprinzip.
Es ging nur um den Inhalt, das Problem hätte sich in anderen Ebenen, also ab H3 oder H4 genauso abspielen können.
Hier fing es bei H1 an.

Die Begründung

Ich sprach den Macher (Redakteur?) also drauf an: Da müsse wohl ein Fehler passiert sein.
Nein, meinte er, das sei schon so gewollt. Und das bliebe auch genau so. Sonst sei die “innere Ordnung” der Seiten gestört. Warum, das konnte er mir leider nicht erklären. Doch:
die Erklärung war etwas absurd für alle die, die eine Seite eben als Seite begreifen und nicht als Site.
Das was hier H3 sei, wäre, so meinte er, von der Wertigkeit inhaltlich eben unterhalb dessen, was auf anderen Seiten unter H2 liefe.
Daher müsse man sinnvollerweise H2 hier einfach auslassen.
Er setzte also die H3 auf einer Seite mit der H2 auf einer anderen Seite in Beziehung.
Ich brauchte eine Zeit, um zu verstehen, was überhaupt gemeint war.

Ein Versuch

Was sollte ich noch sagen?
Ich bohrte weiter. Ich fing an, wie wild mit Usability um mich zu werfen, erklärte mein Verständnis von Gliederung, zitierte so hilfreiche, argumentative Helferlein wie die (3.5 Zur Darstellung der Struktur von mittels Markup–Sprachen geschaffener Dokumente sind Überschriften–Elemente zu verwenden) und sonstige “Größen” des Internets. Ebenso verhallte das “Killerargument” SEO ungehört. Es half und half nichts. Ich war fast schon besessen, so fühlte ich mich zumindest.
Der Vorschlag, einfach mit Strong zu arbeiten, wurde natürlich auch abgelehnt. Das sei dann wiederum zu wenig.
Es war eine hitzige Diskussion und ich weiß ganz bestimmt, dass sie uns beiden irgendwie Spaß machte.
Meine Argumentation aber schlug völlig ins Leere.

Eine Lösung

Die Geschichte war damit gelaufen, die H3 sollte so sein und die H3 blieb, aber ich war etwas nachdenklich geworden hinsichtlich der Frage nach der Semantik.
Ich hinterließ einen zufriedenen Menschen, aber ich war definitiv unzufrieden. Ich ertappte mich schon bei dem frevelhaften Gedanken, hier heimlich am Abend noch was umzustellen.
Ich habe an dem Tag noch lange recherchiert, einfach nur schauen, was das Internet dazu sagt und auch, um zu sehen, ob ich an diesem Teilaspekt der Frage nach der Semantik nicht doch einen wesentlichen Punkt übersehen hatte.
Es gibt eigentlich gar nicht so viel dazu zu sagen und ein sehr verständlicher und einleuchtender ist sicher der von Herrn Meiert.

Dort stehen meine ganzen Argumente von damals.

Was hätte ich tun sollen?
Was mache ich in Zukunft?
Frage ich erstmal nach, ob denn auch die Regeln der Semantik beachtet werden und beginne damit eine irreführende Diskussion?
Ich habe mich richtig geärgert und zwar schlicht über die Diskussion (was kein Widerspruch ist zum Spaß!). Aber auch das ist ein Teil der Realität.
Die mir dann wieder zeigt: misch dich nicht in alles ein.
Es reicht, dass du es weißt.

Der Informationsgehalt besagter Website wird von vielen Besuchern als überdurchschnittlich hoch beurteilt.
Aus BITV oder WCAG Sicht natürlich an der Stelle nicht.

Es ist nett, das zu theoretisieren, aber die Praxis sieht anders aus.
Und die Menschen, die das in die Praxis umsetzen, sind auch eben Menschen.
Ich weiß nicht, ob sie ein Regelwerk lernen wollen, auch wenn es noch so plausibel ist, wenn sie doch nur eine Website wollen mit tollen Inhalten.

Ein Editor, der die semantischen Regeln kennt, ist das die Lösung? Beim nächsten Mal ein bisschen XML.

Hier ist übrigens auch nicht alles so, wie man es als gute Webpraxis verkauft, beispielsweise der externe Link…

 

Auch was dazu sagen?