Eigentlich alles ganz einfach, oder?

Eigentlich alles ganz einfach, oder? Nein. Anscheinend nicht. Usability aus dem Alltag.

Für mich ist  dieser Parkticket-Automat (aufgenommen auf einer kleinen kroatischen Insel) ein wirklich gelungenes Beispiel dafür, wie problematisch Usability sein kann. Wen auch immer ich dabei beobachtet habe, wie er ein Parkticket lösen wollte: keiner machte es auf Anhieb richtig (auch ich war erstmal stutzig, das gebe ich zu)  egal woher er kam. Eigentlich ist alles ganz einfach und eigentlich steht alles da. Trotzdem hat man damit seine Probleme? Wie kann das sein?

Eine wesentliche Information ist auf diesem Bild vielleicht nicht zu sehen: Unterhalb der Piktogramme findet sich ein langer, natürlich auf Kroatisch verfasster Text mit Hinweisen zu den Kosten. Der Tourist macht genau, was jeder erwarten würde: er hangelt sich mühsam und ohne ein Wort zu verstehen, durch diesen Text bis hin zur wertvollen Information: pro Stunde 5 Kuna und legt los. Die Piktogramme werden dabei … übersehen!

Das erste Problem: wir sind es offenbar nicht gewohnt, einen solchen Prozess starten zu müssen. Egal ob Parkautomat oder Parkuhr (gibts sowas noch?): Geld rein startet “ich kauf mir ein Ticket”. Die meisten Leute versuchten auch genau das, ohne vorher Start zu drücken. Dann allerdings passiert nichts, - das Geld wird einbehalten, man muss Cancel drücken.

Das zweite Problem, eher technisch: das Display steht so ungünstig zur Sonne, das man kaum etwas lesen kann. - Hier geht es weiter auf Kroatisch, man erfährt, wie lange man für das bereits eingeworfene Geld parken darf. Sobald das so passt, beendet man mit Stop (für Ticket-Drucken).
Das nächste Problem: Start und Stop sind auf einem einzigen Knopf belegt. Schlimmer aber noch: dieser Knopf ist grün umrandet. Grün für Stop? Nee… Da dies gegen wirklich alle Konventionen verstößt, führt es wohl auch dazu, dass die meisten Menschen, die ich beobachtet habe, zunächst an dieser Stelle auf Cancel drücken - und  von vorne anfangen dürfen.

Nein - keiner hier war zu dumm, zu begreifen, wie es funktionieren würde. Die ungewohnte Kombination aus Knöpfen, deren Anordnung und deren Beschriftung, der vorgegebene Ablauf und die notwendige Aufnahme zusätzlicher Information in einer fremden Sprache ist das Problem.

Ich glaube, es gibt hier etliche, die einfach frustriert aufgeben. Als ich den Automaten gestern fotografiert habe (genau für diesen Artikel), schien er kaputt. Leider war auch das nicht sofort ersichtlich - das Geld wurde nämlich einbehalten, man bekam es erst via Cancel wieder zurück. Das hat dann auch jeder verstanden, nur leider erst nach einigen frustrierenden Fehlversuchen.

Mir sagte dann jemand, das sei doch alles nicht so schlimm. Beim zweiten Mal wisse man es ja. Das ist verständnisvoll gemeint und stimmt auch (nachdenken muss man allerdings auch beim zweiten Mal noch!). Nur leider haben wir bei vielem, wo es ebenso und noch mehr auf Usability ankommt, keine zweite Chance (das mag eine Website genauso sein wie ein Produkt), können uns nicht auf das Verständnis der User verlassen und haben dadurch sicherlich mehr Verlust als ein paar Kuna täglich.

 

2 Antworten zum Beitrag “Eigentlich alles ganz einfach, oder?”

  1. am 02 Sep 10 um 08:44 meint

    Ich möchte noch ein anderes Problem anfügen (was unter’m Strich natürlich auch auf das gleiche hinausläuft): Wenn für einen solchen, recht simplen und mittlerweile auch alltäglichen Task eine Anleitung (egal ob als Text oder wie hier mit Piktogrammen) notwendig ist, dann ist ganz offensichtlich das gesamte Bedienkonzept von vorne herein gescheitert - eine Detailbetrachtung kann man sich also sparen und sollte den “Designer” lieber nochmal an seinen Schreibtisch zurückschicken ;)

  2. am 06 Sep 10 um 08:59 meint

    Anne-Kathrin

    Ich habe mir auch überlegt, ob die hiesigen Parkautomaten überhaupt eine großartige Anleitung haben…
    Vielleicht ist das ja im Gegenzug auch mal ein Foto wert ;-)

Auch was dazu sagen?