Kein richtiger “Web Shop”

Wir sind noch lange nicht fertig, denke ich mir angesichts der Antwort auf eine Beschwerde Mail meinerseits an einen (ich denke durchaus bekannten) Online-Shop, dessen Sortiment, das ich auch regelmäßig im postzugestellten Katalog durchblättere, mich rundrum begeistert, während mich sowohl der Online-Shop als auch das Drumrum um meine letzte Bestellung weniger begeistern, um nicht zu sagen, enorm wurmen.

Die Sache ging - gleich vorweg - gut aus, man war freundlich und zuvorkommend. Nur ein Satz, der machte mich echt stutzig: “da wir kein richtiger Web Shop sind”. Aha…. Aber was ist ein richtiger Online Shop?

Die Sache an sich

Es ging um folgenden Sachverhalt. Ich hatte zwei Produkte bestellt, ordnungsgemäß ausgecheckt und dann auch eine Bestätigungsmail erhalten (plus glücklicherweise Rechnungskauf gewählt, was ich aus alter Gewohnheit gerne immer dann mache, wenn es zur Auswahl steht). Zwei Bestellungen, das passte für mich - die Versandkosten sind in diesem Shop recht happig. Einige Tage später kam die Versandbestätigung, auf der nur noch eines der Produkte gelistet war. Es kam dann auch nur das eine Produkt (konkret eine Klamotte für mich, während das, was ich meiner Tochter zu Weihnachten schenken wollte, nicht mit kam). Im Lieferschein der lapidare Hinweis: Das Produkt sei nicht mehr lieferbar. Keine Entschuldigung, kein gar nichts.
Ich hätte mir wenigstens eine Entschuldigung erwartet. Ich hätte mir aber auch erwartet, eine Mitteilung darüber zu bekommen, dass ein Teil nicht mehr lieferbar ist (und die Option zum Storno, beispielsweise wegen der üppigen Versandkosten, die in keinem Vergleich zu dem Preis des gelieferten Teils standen).
Kurz und gut habe ich mein Teil dann doch behalten, denn ich mag es, ich habe auch bezahlt und ich habe mich beschwert - Juhu, ich darf dort beim nächsten Mal versandkostenfrei bestellen.

Das ist ja alles prima und auch ein toller Service, würde mich da nicht jener erläuternde Satz stutzig gemacht haben. Mich so abzuspeisen, dafür habe ich schon zu viele Shops gemacht und dafür habe ich auch schon genug gelesen über Rechtliches und Freundliches im Online-Shopping Business.

Der richtige Online-Shop? Ein paar Anmerkungen

Eine eher rhethorische Frage, aber gehen wir dem ganzen mal auf den Grund…

Die Antwort liegt im konkreten Fall auf der Hand: Offenbar ist der Shop nicht an die WaWi der Firma gekoppelt, weshalb die Aktualisierung des Warenbestands einmal täglich passiert. Das ist also kein “richtiger Online Shop” und erklärt das Problem. Leider nicht meine Ratlosigkeit - denn so kann es und darf es nicht sein.

Das aber hat natürlich nichts damit zu tun, welche Technik sich hinter einem Shop verbirgt oder wie viel Handarbeit nötig ist, um das Ganze am Laufen zu halten. Ein Online-Shop ist eine Form des Elektronischen Handels und dort gelten zum einen Gesetze, zum anderen aber auch Anforderungen an Usability und User Experience, - für den zufriedenen Kunden. Denn dem ist es vollkommen egal, ob das nun OS-xt Commerce, Magento oder last but not least Virtuemart heißt.

Ein guter Anhaltspunkt für Shop Betreiber ist der , auf den ich hier schon öfter mal verwiesen habe und der für mich hier als Richtlinie gilt.

Der Umsatz durch E-Commerce hat laut E-Commerce Leitfaden 2010 ein Wachstum von über 200% durchlaufen. Klasse. Es scheint nur, als wolle (nicht erst seit 2010!) jeder auf diesen Zug aufspringen, ohne sich einerseits des Potenzials andererseits aber auch seiner Pflichten bewusst zu sein. Wir machen da jetzt auch mit…

Der E-Commerce Leitfaden schreibt nicht umsonst einen Absatz über Multikanäle:

So ist Vorsicht geboten, wenn Bestellungen über unterschiedliche Kanäle eintreffen und auf den gleichen Warenbestand zugreifen.

Was sich auch dort findet und jeder weiß, der bereits Shops realisiert hat: Die Wahl der richtigen Software und die Bereitstellung von Schnittstellen ist das A und O. Ein späterer Umzug auf ein anderes System ist für alle Beteiligten nervenaufreibend und für den Shopbetreiber kostenintensiv.

Würde man das und vieles mehr beachten, könnte man vielleicht auch behaupten, man hätte einen “richtigen” Online Shop. Nochdazu hätten Kunden mehr Freude und man selbst vielleicht besser Umsätze.

Was lief hier alles nicht so schön? Wie kann man es besser machen?

Verfügbarkeitsprüfung

Wenn schon Verfügbarkeitsprüfung, dann richtig. Im E-Commerce Leitfaden heißt es (S. 46)

Gegebenenfalls muss der Web-Shop auch über Schnittstellen mit unternehmensinternen Warenwirtschaftssystemen verbunden werden, um Verfügbarkeitsprüfungen durchführen und eingehende Bestellungen automatisiert abarbeiten zu können.

Also: entweder es funktioniert mit eder Automatisierung oder man verzichtet auf diesen Automatismus, denn alles andere führt zu Ärgernissen. Sei denn… (S.225)

Falls vorab keine Verfügbarkeitsprüfung durchgeführt wurde und ein Produkt vergriffen ist, sollten ent- sprechende Merker im System gesetzt werden und in den Lieferdokumenten für den Kunden ein entsprechender Vermerk aufgenommen werden, wann dieser mit einer Nachlieferung rechnen kann.

Auch das ist hier leider nicht wirklich und in meinen Augen zu spät passiert. Es war ja noch unschöner: keine Nachlieferung möglich.

Kundenzufriedenheit

Um sicher zu gehen, empfiehlt der Leitfaden

Sind Stücke im Lager nicht mehr vorhanden oder wird ein kritischer Schwellenwert unterschritten, sollte die Lieferzeit bzw. die Verfügbarkeit in der Produkt- anzeige im Web-Shop entsprechend angepasst werden. Dadurch ersparen Sie sich enttäuschte Kunden.

Das Interessante an dieser Stelle habe ich kursiv gesetzt: Man kann das durchaus präventiv machen und etwas vorsichtiger “kalkulieren”.

Alles in Allem

Alles in Allem könnte man hier wahrscheinlich auch ohne WaWi Anbindung, einfach mit etwas mehr Kommunikation und Organisation schon einiges verbessern, was die Pflege des Warenbestands betrifft, der grundsätzlich eine große Herausforderung für jeden Shop ist.

Zusätzlich wäre es in diesem Fall geschickt, den Kunden über den Status der Bestellung zu informieren. Eingegangen - in Bearbeitung - bereit zum Versand. Dann nämlich wäre spätestens bei “in Bearbeitung” aufgefallen, dass da etwas so nicht stimmt und hätte darauf reagieren können.

Auch wenn ich hier nicht “verunsichert” war, hier noch mal ein Zitat aus oben genannter Quelle:

Nicht nur Sie als Händler, auch die Kunden verspüren beim Einkauf im Internet oft ein Gefühl der Unsicherheit und geben daher aus ihrer Sicht möglicherweise unberechtigte Abbuchungen eventuell vorschnell zurück.

sowie

Rund um den eigentlichen Versand gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die eigenen Prozesse zu optimieren und vor allem die Kundenzufriedenheit zu verbessern.

Für mich als Verbraucher jedenfall ist  die Kundenzufriedenheit wichtig - denn die richtige Ansprache verzeiht wahrscheinlich so manche Panne.

Und der “richtige Web Shop”?

Für mich als Verbraucher spielt die Technik wie gesagt keine Rolle. Ich will und muss mich darauf verlassen können, dass die im Shop gemachten Angaben korrekt sind und die Abläufe zu meiner Zufriedenheit. Schließlich kaufe ich dort und das wiederum verpflichtet mich häufig auch, Kreditkartennummern oder Bankinformationen weiterzugeben.

Intern kann man aus solchen Geschichten nur lernen und sein eigenes Online Angebot optimieren (durch “Unternehmensabläufe” oder was auch immer.

Es ist okay und freundlich, dem Kunden kulant entgegen zu kommen. Aber es ist keine Dauerlösung für ein Problem seitens des Betreibers. Für den Kunden nämlich ist alles, wo man kaufen kann und bezahlen muss ein “richtiger Webshop” - ungeachtet dessen, was dahintersteht.

Ich werde wohl demnächst meinen versandkostenfreien Einkauf als persönliches Geburtstagsgeschenk einlösen. Aber vielleicht greife ich dazu mal wieder ganz konventionell zum Telefon?

Den Ersatz übrigens für das nicht lieferbare Weihnachtsgeschenk habe ich bei der Konkurrenz bekommen und bin dort über diese einzigartig blöde Geschichte mit dem Passwort gestolpert.

 

4 Antworten zum Beitrag “Kein richtiger “Web Shop””

  1. am 12 Jan 11 um 23:57 meint

    Eric

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie oft es vorkommt, dass WaWi und Onlineshop unabhängig voneinander betrieben werden. In diesen Fällen ist eine Onlinebestellung für den Shopbetreiber mit wesentlich mehr Aufwand verbunden als eine telefonische Bestellung. Wunderlich bis bizarr wird es, wenn dann auch noch Rabatt für die Onlinebestellung gewährt wird.
    Wer nach den Gründen für diese Phänomene sucht, erhält erstaunlich unbefriedigende Antworten: meistens wird seit Jahren erfolgreich eine WaWi eingesetzt. Der Markt und vielleicht auch die Kunden direkt verlangen nach einem Onlineshop. Leider kommt der Wunschshop wirklich fast nie vom Hersteller der WaWi. Also muss eine Schnittstelle her. Nur ist die Programmierung dieser entweder unverhältnismäßig teuer oder mangels Verständnis der WaWi gar nicht realisierbar.

  2. am 13 Jan 11 um 08:13 meint

    Das war Eric sagt stimmt leider. Wir haben ein Windows-Programm geschrieben, das Virtuemart-Daten in allen Formaten für WaWis aufbereiten kann. Aber immer wieder sind wir bei der WaWi auf Probleme gestossen. Viele WaWi-Hersteller machen den Eindruck, als wollen Sie diese Anbindung gar nicht. Wir fragen immer nach den Standardformaten für den Im- und Export, weil wir diese fast immer ohne großen Aufwand liefern und lesen können. I.d.R. muss der WaWi-Hersteller die Anbindung “programmieren” - und berechnet dafür ein vielfaches unseres Aufwands, obwohl wir die Daten genau nach Vorschrift aufbereiten.

    Wir haben Beispiele, wo der WaWi-Anbieter bis zu EUR 8000 für die Anbindung haben wollte (und ich meine nicht SAP) - mehr als das komplette Shopprojekt gekostet hat.

    Andere (wie z.B. Lexware) haben kein Interesse an weiteren Im-/Exportschnittstellen.

    Man kann nur jedem Gewerbetreibenden empfehlen, sich bei einer neuen Softwareentscheidung alle Schnittstellenunterlagen bei der Abnahme aushändigen zu lassen und die benötigte Funktionalität vertraglich zusichern lassen. Nur leider fehlt die Fachkenntnis und der Weitblick bei vielen Entscheidern - und die Kosten für die unabhängige Beratung bei der Softwareauswahl werden auch gescheut.

  3. am 13 Jan 11 um 08:32 meint

    Anne-Kathrin

    Ich glaube, es gibt neben den Shops, die bereits lange als Versandhandel (konkreter Fall hier) existieren und aufgrund Kundenwunsch und Marktdruck auch ins Online Business einsteigen möchten, einen weiteren, kritischen Aspekt, den ich im Bekanntenkreis live miterleben durfte:
    Es wird (sicherlich branchenspezifisch!) immer schwieriger, einen reinen Online Handel aufzuziehen.
    Viele Hersteller steigen in ein Geschäft nur dann ein, wenn es neben dem Online Business zusätzlich ein reales, ganz normales Ladengeschäft gibt. Der neue Geschäftsinhaber ist also gezwungen, sich einen Laden anzumieten, dort die Ware zu verkaufen, auch wenn sich das Geschäftsmodell im Wesentlichen auf den Online Handel bezieht.
    Wer hier nicht ganz clever plant und vielleicht auch nicht das Budget hat (denn der Laden will auch gemietet und eingerichtet sein, trägt sich aber vielleicht nicht mal annähernd so gut wie das Online Business), läuft Gefahr, genau in diese organisatorische Falle zu tappen.

  4. am 13 Jan 11 um 10:55 meint

    …und leider wird auch heute immer noch von vielen Agenturen vermittelt, dass ein Onlineshop “ja von alleine läuft” und quasi “Geld nebenher verdient”. Das dem nicht so ist (es sei denn mit einem umfangreichen - bei uns erhältlichen ;-) - Wartungsvertrag) überrascht dann doch den einen oder anderen…

Auch was dazu sagen?