Kenne dein System

Es gab ja eine Zeit, in der waren annähernd alle “Templates”, alle Layouts zwei- oder dreispaltig, hatten einen Header und dort ein austauschbares Bild, womöglich mit Wechseleffekt. Die Zeiten sind zum Glück vorbei, man wird- auch durch die Zeiten dessen was man Web 2.0 Style nennt- wieder etwas progressiver und damit auch die Layouts anders.

Meine jüngsten Überlegungen zu Webdesignern und Webentwicklern bringen mich auf weitere Gedanken: In wie weit ist die Layoutgestaltung von der Kenntnis des Systems abhängig?

Viele Layoutvorlagen weniger technisch versierter Graphikdesigner wirken für mich gelegentlich starr und wenig dynamisch (was übrigens nichts mit der Qualität des Designs per se zu tun hat!). Manchmal überkommt mich da nur ein “Schade!”, - das System und die Template Engine hätten so viel hergegeben und das einzige, was sich ändert, sind die Farben oder das Headerbild. Immer noch, wenn auch nicht mehr rigoros dreispaltig. Wäre das anders, wenn sie wüssten, was ihnen das Content Management System an Möglichkeiten bietet? Und damit natürlich wiederum die Frage, ob es realitätsnah und sinnvoll ist, einen Printdesigner an die Vorlage für ein Webdesign zu setzen…

Seitenaufbauten

Meines Erachtens muss nicht jede Seite gleich aussehen. Nein, nicht mal so, mal so. Es gibt genug Elemente, die ihren festen Platz auf der Seite haben müssen, sonst wird es alles andere als informativ, nämlich nur schlicht unübersichtlich und unbenutzbar. Aber ein paar Alternativen und Varianten gibt es dann doch. Es gibt keinen Grund, hier in dieses langweilige spaltenhafte Layout verfallen und dort zu bleiben.

Ich denke dabei aber ein bisschen anders und treibe das noch ein Stück weiter:
Bei TYPOlight beispielsweise kann ich ohne große Umbauten, Verrenkungen und Anpassungen flexibel jedes einzelne Inhaltselement, zusätzlich natürlich auch abhängig von der Positionierung innerhalb der Seite individuell layouten (das kann ich natürlich prinzipiell immer, nur die Anzahl der Verrenkungen ist variabel). Ich weiß also genau, dass ich wichtige Kontextinformation beliebig positionieren und darstellen kann. Auch das Rechtesystem kann genutzt werden.
Allein das schon macht Lust auf mehr, Lust, das System auszureizen. Eyecatcher einbauen, den Kontext nutzen, die Rolle des Benutzers nutzen und  alle verfügbaren Elemente einzusetzen, um ein informatives System zu schaffen. Ich hatte dazu bereits vor einiger Zeit etwas geschrieben.

Ich sehe damit im gesamten Layout immer etwas Modulares, das deutlich über “links”, “rechts” und “top” hinausgeht und kann, zumindest gedanklich, einzelne Module und Textelemente überall dort positionieren, wo ich möchte.

Dass ich das System kenne und die Funktion im Hinterkopf habe, ist dabei sicherlich mein Vorteil. Vielleicht käme ich sonst gar nicht auf die Idee. Inzwischen habe ich mehrfach versucht, dieses Denkprinzip zu vermitteln, was aber alles andere als einfach ist, denn manches stellt sich einfach leichter vor, wenn man es einmal in der Praxis gesehen hat.

Natürlich…

gibt es auch den Endanwender, der schließlich ebenso verstehen muss, was alles möglich ist. Und ich fürchte, ein modulares Konzept, dass  weniger übers Template (oder TYPOlight Seitenlayout) gesteuert wird sondern über die Erstellung der Inhalte, ist für einen weniger technisch versierten Benutzer fast ein wenig zuviel des Guten. Ein solches Konzept erfordert Mitdenken bei jedem Schritt und das Wissen um einige technische Details.
Möchte man also ein solches Konzept “verkaufen”, verkauft man unter Umständen zwangsläufig die Dienstleistung “ich stell dir die Daten ein” gleich mit.

Was allerdings gut zu vermitteln ist, sind visuelle Elemente, die den Inhalt übersichtlich strukturieren, Wesentliches in den Vordergrund stellen und Interaktion attraktiv machen. So vielen Websites fehlt einfach die Farbe, der “Kracher”, der Hingucker. Und wenn es dann mal einer werden soll, so ist der ganz normale User leicht geneigt, mal schnell in die Farbpalette zu greifen - sofern er das darf, statt einen gut gemachten CSS Stil zu nutzen oder definieren zu lassen.

Aber auch hier gilt: wer als der Designer sein System kennt, ist im Vorteil. Wer es noch ein bisschen besser kennt, ist noch mehr im Vorteil. Allein die Kenntnis um die Funktionalität und Möglichkeiten ist Inspiration.

Verpasste Chancen

Wer das System nicht kennt, verpasst nicht nur Chancen sondern macht sich das Leben nicht leichter:

Neben den typischen H1 bis Hx, neben a:link, strongs und ems, neben den Blockelementen zum Seitenaufbau hat jedes CMS eine Reihe eigener Styles. EIne ganz eigene Sache ist beispielsweise die Autoreninformation, das Erstellungsdatum, der weiterlesen Link und so weiter. Auch das Handling von Blockelementen für Teaser ist im Allgemeinen eine CMS spezifische Angelegenheiten.

Wer das System nicht kennt, wird gar nicht auf die Idee kommen, dass es diese Styles überhaupt gibt. Plötzlich tauchen sie auf - eine Styledefinition fehlt. Manches hätte man schon im Design eleganter, geschickter lösen können. Es ist aufwändig, tendenziell sogar unrealistisch, dem technisch weniger bewanderten Designer vorab nicht nur die Tücken sondern auch die Chancen aufzuzeigen.

Wer bereits vorab im Kopf hat, wie er das ein oder andere optische Gimmick technisch lösen möchte, wird versuchen, Visuelles mit Implementierung zusammen zu bringen. Der Designprozess, wenn es um das Layout geht, ist nicht zu trennen von technischen Überlegungen. Diese fangen beim HTML (inklusive CSS) an und hören bei Eigenheiten des Content Management Systems auf.

Die Stärken einer Template Engine kann nur nutzen, wer technisches Verständnis mitbringt und sich mehr als rudimentär eingelesen hat. Die meisten Templates von der Stange, die dem ein oder anderen als erste Orientierungshilfe dienen, reizen diese meist nicht aus. Individuelle Gestaltung - nicht möglich, wenn Design und Code getrennt interpretiert werden.

Dass Design natürlich ebenso mit Information, mit Benutzerführung zu tun hat - ein anderes Kapitel, nicht minder relevant.

 

Auch was dazu sagen?